Als wir im letzten Jahr auf Santa Maria ankamen, ist es uns auch gleich aufgefallen. Wenn man morgens nichts davon hört, dann bemerkt man gar nicht, dass da eigentlich etwas fehlt. Wenn man aber wie wir im letzten Jahr von den Kanaren kommt oder wie in diesem Jahr aus der Karibik, dann lauscht man plötzlich in der Dämmerung und merkt erst in diesem Moment, was da gefehlt hat. Auf den Azoren singen die Vögel in der Morgendämmerung. Genau wie zuhause. Auf den Kanaren oder in der Karibik gibt es so etwas schlicht und ergreifend nicht und so lauschen wir aus der Koje dem so vertrauten Gezwitscher.
In den ersten Nächten tun wir uns etwas schwer damit, einfach mal 8 Stunden zu schlafen. Der 3-Stunden-Rhythmus der letzten Wochen hat sich schon recht doll eingeschliffen. Doch das ist gar nicht so schlimm, denn nachts kann man ganz wunderbar und ungestört von Sonnenstrahlen an den Bildern arbeiten. Die Theorie, die Blogs gleich mit Bildern fertigzustellen, dann aber nur den Text via Satellit zu schicken, war ein gute Theorie, die aber leider auch eine Theorie geblieben ist. So sind nun doch noch 2/3 der Überfahrtsbilder zu sortieren und auszuwählen.
Tagsüber kommt auch keine Langeweile auf, denn das Versagen unserer Funke ist schon blöd und steht ganz oben auf unserer ToDo-Liste. Am Ende ist es auch hier wieder ein Mix aus Misslichkeiten, aber nach einem Tag sind alle Fehler gefunden und »weitgehend« behoben. Und wir können mit dem Hauptgerät wieder Senden und Empfangen. Das Kabel im Mast geht noch so, aber im Winter werden wir es austauschen müssen.
Schwieriger ist das Finden der Leckage im Bugbereich. Dort wo das Wasser ankommt, gibt es weit und breit keine Möglichkeit für das Seewasser hereinzukommen. Auch eine Undichtigkeit an der Rückseite des Panels für den Wassermacher können wir schnell ausschließen. Wir räumen oberhalb der Liegeflächen alles leer. Denn das Wasser steht in einer Ecke auf der Liegefläche, also muss es von oben kommen. Nach einer ewigen Sucherei und dem Abschrauben diverser Panels finden wir eine feuchte Spur. Nicht groß, aber dort ist das Holz etwas dunkler als nur wenige Zentimeter daneben. Nach dieser Spur bleibt nur noch die Deckdurchführung der Reffleine der Starkwindfock in den Ankerkasten. Wir nehmen dort alles auseinander, und in der Tat ist dort alles nass. Das Balsaholz des Decklaminats ist vergammelt. Wenigstens gut 10 cm um die Durchführung herum. Dort muss sich das Seewasser irgendwie einen Weg gesucht und es bis in die Bugkoje geschafft haben. Wo genau ist schwer zu sagen, dazu müssten wir die backbordseitigen Schapps demontieren. Dies ist eine Schwachstelle, an der wir vor Jahren schon einmal waren, aber daran haben wir uns nun auch nicht mehr erinnert. 1 1/2 Tage trocknen wir dort alles so gut es geht. Diese Stelle im Bugbereich liegt echt ungünstig, denn sie ist einer ständigen Dauerspülung ausgesetzt, wenn wir nur etwas härter segeln. Das sind ganz schlechte Voraussetzungen.
Provisorisch dichten wir alles mit ordentlich viel Sika-Pampe ab und decken die Durchführung zusätzlich mit einem Stück Gummifußmatte für Autos ab, die wir beim China-Mann finden. Genauso wie es überall Dönerbuden und Pizzerias gibt, gibt es in jedem noch so kleinen Städtchen in egal welchem Land immer einen China-Mann. Und nicht nur einmal waren diese Shops schon unsere Rettung. Nicht für echt dauerhafte Lösungen, aber man bekommt dort immer irgendetwas, mit dem man sich wenigstens etwas behelfen kann.
Aber es bleibt auch noch Zeit für eine kleine Sightseeing-Runde durch Horta. Weil Astrid es liebt, Revierführer zu lesen, – ach was, nicht nur zu lesen, sie studiert sie regelrecht, – sind wir für alle neuen Segelreviere immer bestens vorbereitet. Doch das Sightseeing überlassen wir gerne mal dem Zufall. Entweder entdecken wir selbst beim Herumschlendern die ein oder andere Sehenswürdigkeit oder bekommen durch Erzählungen oder durch Infos aus den Tourist-Offices einen Hinweis. So richtig planmäßig und zielgerichtet sind wir da nicht, doch das ist auch ganz entspannend, und wenn man auf etwas Schönes ganz unverhofft trifft, ist es vielleicht auch noch etwas schöner.
Doch natürlich kennen wir Peters Café Sport. Es ist ja auch einer der ältesten Portofficer-Stützpunke des OCC. Doch es ist wie Horta selbst eben auch so eine Art legendärer Anziehungspunkt für Segler aus aller Welt. Es kommt einem schon so vor, als ob sich in Horta selbst und mit Peters Café Sport eine Seglerlegende verselbständigt hat.
Irgendwer hat irgendwann einmal begonnen, von Horta sehr überschwänglich zu berichten und vielleicht auch das erste Bild seines Schiffsnamen auf die Mole gemalt und hinterher ein Bier in Peters Café genommen, weil er oder sie so glücklich war, es aus welcher Richtung auch immer bis nach Horta geschafft zu haben. Horta liegt ja auch ohne Frage mitten im Atlantik irgendwie »zwischen den Welten«, und es kann ohne Frage auch seglerisch anspruchsvoll sein, es bis auf die Azoren zu schaffen. Allerdings erschließt sich der Hype, der um Horta veranstaltet wird, nicht aus dem Hafen oder der Marina selbst. Da liegt man trotz der in die Jahre gekommenen Steganlagen in Ponta Delgada wesentlich besser. Irgendetwas hat sich mit Horta und eben auch Peters Café verselbständig und plötzlich gilt Horta und ein Bild mit Schiffsnamen und Jahreszahl auf der Mole als unabdingbarer Ritterschlag. So unabdingbar, dass nun wenigstens die Molenbilder auch schon in anderen Häfen auftauchen, auch wenn es dort kein Café von Peter gibt. Das wird sich ganz sicher noch weiter verbreiten und bald wird es keine Marina mehr ohne Bilder der Einmal-hier-Gewesenen geben. Und dann segeln nicht mehr nur der Stahlschiff-Owner mit dem Pinsel in der Hand, sondern auch all die Alu- und Plastikskipper.
Doch egal wie, es ist schon beeindruckend, einen Blick in Peters Café zu werfen. All die Flaggen erzählen eine lange Geschichte. Leider gab es keine freien Plätze in dem Café selbst mehr und draußen auf der neuen Straßenterrasse verfliegt der Flair dann im Wind eben doch recht schnell.
23. -> 25.06 Horta, Faial
38° 31′ 45,1″ N, 028° 37′ 27,2″ W