Unseren Aufbruch verschieben wir von Dienstag oder Mittwoch auf Donnerstag und Freitag. Donnerstag wollen wir nun endgültig Kilrush verlassen und uns in der Carrigaholt Bay vor Anker auf die Lauer legen. Freitag soll es dann mit dem ablaufenden Hochwasser zum Eingang des Shannon Estuary gehen und bei Loop Head biegen wir dann nach Norden ab. Ziel sind die Aran Islands bzw. Inishmore, die größte der drei Inseln. Dort kann man in der südöstlichen Bucht vor Kilronan prima ankern. Doch laut Vorhersage soll uns wohl schon in der Nacht zum Samstag ein nächstes Tief überraschen. Alles hängt wieder einmal von der genauen Entwicklung ab und daran hängt auch die Entscheidung, ob wir uns nicht doch lieber für eine Nacht vor Rossaveal verstecken oder ob unser Anker gleich vor Inishmore fällt.
Obwohl das Jahr 2023 ja seglerisch aus allem herausgeragt, was wir bisher gemacht haben, steht es technisch unter keinem guten Stern. In Kilrush haben wir zwar einen neuen Radar installieren können und nun endlich auch ein neues Dinghy aufgeblasen, aber die Kette der technischen Probleme und Ausfälle auf der PINCOYA scheint nicht abreißen zu wollen. Gestern ließ sich die Fernsteuerung der Drohne nicht mehr einschalten und heute streikt die Bad Elf, mit der wir seit Jahren unsere Tracks aufzeichnen. Nun kann man der Bösen Elfe vielleicht auch gar nicht so böse sein, denn auch sie läuft nun schon seit neun Jahren ohne jeden Aussetzer, wenn wir unterwegs sind. Aber ärgerlich ist es trotzdem, auch weil in diesem Jahr so vieles auf einmal kommt. Radar, Rigg, Gummiboot, Kicker, iPads und nun auch noch die Drohne und die böse Elfe. Und der Motor der Ankerwinde steht auch schon in den Startlöchern, seinen Löffel abzugeben. Dazu kommt noch das Großfall, die Genausschoten und die Schot des ersten Reffs, alle haben ihre besten Zeiten deutlich hinter sich. Bis auf den Radar und auch die Drohne, von denen wir uns wirklich mehr als 4 bzw. 2 Jahre Haltbarkeit erhofft hatten, sind die restlichen Ausfälle schon einer gewissen Altersschwäche zuzuschreiben. Am Ende ist es wie mit Socken, gleichzeitig gekaufte Socken bekommen auch gleichzeitig Löcher. Die PINCOYA haben wir nun seit 13 Jahren und so ist vieles eben in die Jahre gekommen, und 10 Jahre scheinen so eine Art magische Haltbarkeitsgrenze zu sein. Mal hält das ein oder andere etwas länger, dafür geht anderes schneller den Bach runter.
Am Dienstag lässt das nächste Tief zunächst einmal auf sich warten. Der Sprühregen verzieht sich am Vormittag und im Vergleich zu den letzten Tagen ist es sogar recht angenehm. Vielleicht hätten wir doch lossegeln können, aber nun ist es so, wie es ist. Es macht einen großen Unterschied, wie ein Tief über einen hinwegzieht.
Doch leider treffen nicht alle Vorhersagen die Zugrichtungen wirklich genau. Diese Gelegenheit lassen wir uns nun nicht entgehen und starten den Versuch, ein neues Großfall in den Mast zu ziehen. Ich schreib hier extra »Versuch«, weil wir uns nicht ganz sicher sind, ob unser Plan auch wirklich so einfach funktioniert, wie wir uns das ausgedacht haben. Denn wir wollen das bestehende Großfall nicht ersetzen, sondern wirklich ein komplett neues, und eben zweites Großfall in den Mast einziehen.
Seit den Kanaren haben wir zwar auf der zweiten Rolle im Top eine Dirk, die brauchen wir aber nun nicht mehr, nachdem unser Kicker wieder eine neue Gasdruckfeder bekommen hat. Die aktuelle Dirk ist jedoch das »recycelte« Genuafall. Das war seinerzeit auf den Kanaren die Notlösung, als der Kicker seinen Geist aufgegeben hatte. Doch beim Hinfummeln dieser Notlösung ist es uns nicht gelungen, das alte Genuafall so als Dirk umzufädeln, dass es im Mast wirklich frei läuft. Stundenlang haben wir herumgefummelt, es aber nicht besser hinbekommen.
Also muss die Dirk nun ganz raus, denn daran können wir das neue Großfall nicht einfädeln, sonst wäre es genauso vertüdelt wie die Dirk heute. Und das alte Großfall wollen wir in jedem Fall im Mast behalten, als Backup oder zur Not auch als Dirk, wenn der Kicker mal wieder aussteigen sollte. Unser Plan ist, vom Top aus ein kleines Bleigewicht an einer Angelschnur im Mast herunterzulassen. Alle anderen Fallen ziehen wir vorher wirklich straff, sodass sich das Angelgewicht nirgends vertöddern kann. Und genauso einfach, wie wir uns das überlegt haben, geht es dann auch. Schon im ersten Versuch fischt Astrid die Angelschnur durch die Öffnung unten im Mast und die Hauptarbeit ist erledigt.
Der Rest ist einfach. Und da wir nun das Großfall 2:1 untersetzen, montieren wir im Top noch einen Anschlagpunkt für das neue Fall. Das Großsegel haben wir seinerzeit schon so schneidern lassen, dass für die nun notwendige Umlenkrolle im Kopf des Segels noch genug Platz ist. Alles passt. Perfekt! Das Setzen des Groß ist nun ein Kinderspiel. Was für eine Erleichterung.
Der Rest des Tages vergeht mit den letzten Einkäufen und Vorbereitungen. Erst am Abend und in der Nacht schlägt das erwartete Tief zu. Für 6 Stunden schüttet und stürmt es wie blöde. Aus NW bläst es mit bis zu 30 kn, aber der Luftdruck steigt schnell schon wieder. Am Mittwochmorgen erinnert nichts mehr an die Nacht. Unschuldig lächelt die Sonne durch die Wolken, als wäre nichts gewesen.
Für die restlichen 3 bis 3 1/2 Monate dieser Saison haben wir uns vorgenommen, alles eine Nummer ruhiger angehen zu lassen. Und dieser Mittwoch kommt gerade recht, um damit zu beginnen. Die Woche seit unserer Ankunft war ziemlich vollgestopft mit Arbeit. Reparaturen, Maintenancing, Vorbereitungen und all dem notwendigen Kleinkram, der auch nicht einfach so verschwindet, selbst wenn man lange genug wartet. Aber nun -, nun schalten wir einen Gang runter. Genügend Tipps haben wir bekommen, um die irische Westküste eine ganze Saison zu besegeln. Nun schauen wir mal, was in diesem Sommer überhaupt noch geht, dass Wetter ist ja doch etwas eigenwillig.
Und dann geht’s los
Kilrush -> Carrigaholt Bay Distanz: 8,3 sm Gesamtdistanz 2023: 7.105,0 sm
Am Donnerstag ist zwar noch kein Wetter, um nach Norden zu den Aran Islands zu segeln, aber wir wollen in den Startlöchern stehen, um Freitag zeitig aufbrechen zu können. Außerdem ist es ja auch ganz hübsch, wenn wir uns vor Anker schon mal etwas auf unseren neuen Saisonabschnitt einschwingen können. Im Shannon Estuary ist Tarbert Island das Maß der Dinge, um die Gezeitenströme zu berechnen. Wir haben Vollmond, der Tidenhub beträgt rund 5 m, und so fließt alle 6 Stunden eine ganze Menge Wasser in und aus dem Estuary. Da ist es schlau, mal mit dem Strom zu schwimmen.
Und dieser Gezeitenstrom soll 15 min nach Hochwasser Tarbert Island am Loop Head kentern, um dann wieder abzulaufen. Das wäre am Freitag um 8:50 der Fall. Da uns das nächste Sturmtief schon wieder im Nacken sitzt und wir das doch lieber nicht in der Ankerbucht von Inishmore empfangen wollen, haben wir beschlossen, uns für eine Nacht in der Cashla Bay von Rossaveal zu verstecken. Bis dort sind es 54 sm. Die müssen wir von der Carrigaholt Bay in 12 Stunden schaffen, denn um 20:00 ist Hochwasser in Galway und kurz darauf sollte auch der Ebbstrom wieder einsetzen, auch wenn wir darüber keine genauen Infos haben. Soweit so gut. Die Rechnerei macht ja auch Spaß. Mal sehen, ob wir richtig liegen. Die Capitana gibt schon mal die Startzeiten für Freitag vor. 7:00 Wecker, 8:00 Anker auf. Optimal ist die Konstellation aus Strecke, Tide und Wetter nicht. Mal sehen, was wir daraus machen können.
Doch noch ist ja Donnerstag und der ganze Spaß beginnt etwa 30 Minuten früher. In Kilrush merken wir wegen der Schleuse wenig von den Gezeiten, aber zu spät wollen wir auch nicht los. Um 9:00 bezahlen wir und verabschieden uns von allen. Bei all der Offenheit und vollkommen ehrlichen Herzlichkeit fällt der Abschied schon etwas schwer. Unglaublich schnell sind wir ein Teil der Community geworden. Trevor und Fiona geben uns noch schnell einige weitere Tipps. Und wenn wir wieder zurück nach Irland kommen, dann sollen wir etwas Zeit mitbringen und uns unbedingt melden. Die beiden könnten uns Irland auch mal mit dem Auto zeigen. 😘 Inzwischen sind wir uns ziemlich sicher, dass wir schon im nächsten Jahr wieder einen kleinen Stopp hier in Kilrush einlegen, sofern unsere Pläne halbwegs so aufgehen, wie wir sie im Kopf haben.
Dann geht’s zur Schleuse und das Shannon Estuary empfängt uns mit ablaufenden Wasser und 20 bis 26 kn Wind aus Nord. Der Wind weht nicht direkt gegen den Ebbstrom, trotzdem brodelt es im Shannon Estuary. Eigentlich wollten wir gleich mal das Groß mit dem neuen Fall ausprobieren, aber wir sind viel zu schnell. Bis in die Carrigaholt Bay sind es ja nur 8 sm.
Schon um 11:00 fällt dort unser Anker. Der Wind legt zur Begrüßung noch einmal etwas zu und die Böen ersparen uns das Einfahren des Ankers. Sicherheitshalber stecken wir 50m Kette und selbst die kommt immer wieder steif. Aber der Anker hält, wir liegen hier wie angenagelt.
Ganz langsam macht sich das Gefühl breit, dass nun wieder mal etwas Neues begonnen hat. Wir genießen dieses Gefühl in vollen Zügen und schwingen uns ein. Nach und nach wird es auch sonniger und gegen Abend lässt der Wind wenigstens etwas nach. Nur noch 19 kn, das ist ja auch schon mal was, ein guter Anfang.
Schöne Segeltage sind manchmal selten
Carrigaholt Bay -> Cashla Bay, Rossaveal Distanz: 57,6 sm Gesamtdistanz 2023: 7.162,6 sm
Als der Wecker klingelt, ist es grautrüb. Der feine Nieselregen kann sich nicht entscheiden, ob er nun zu einem richtigen Regen werden möchte oder doch eher aufhören sollte, uns zu nerven. Es fehlen ungefähr 10°, damit sich der August auch wirklich nach einen Hochsommermonat anfühlt. Die 14°, die sich in unseren Decksalon schleichen, lassen eher herbstliche Gefühle aufkommen. Unter die Segelhose ziehe ich eine meiner langen Winterlaufhosen an. Ich laufe zwar schon lange nicht mehr, aber so haben die Laufklamotten wenigstens noch einmal ein spätes Comeback. Die Capitana ist da besser gerüstet, sie hat ein ganzes Ensemble von Leggings für jedes irische Wetter.
Um kurz vor 8:00 holen wir schon mal etwas Kette ein. Immer nur 10 m, dann eine Pause. Der Motor unserer Ankerwinde ist ziemlich angegriffen und auch den Kabeln hat das Seewasser ordentlich zugesetzt. Das hat den Innenwiderstand so erhöht, dass die Sicherung gerne mal rausspringt. Auch das ist so eine Aufgabe für den Winter. In Schottland werden wir uns einen neuen Motor für die Winde besorgen. Der kostet in GB deutlich weniger als in D. Trotz aller Vorsicht springt die Sicherung natürlich doch raus. Aber der Starkwind von gestern hat sich vollkommen verabschiedet und es weht nur noch ein kleiner Hauch. Da können wir auch warten, bis es sich die Sicherung wieder anders überlegt hat.
Unter Motor geht’s in Richtung Loop Head. Zum Segeln reicht’s nicht und herumtrödeln dürfen wir auch nicht. Spätestens um 19:30 müssen wir am Eingang der Cashla Bay nach Rossaveal sein. Zum einen wegen der Tide und zum anderen wegen des Tiefs. Viel Zeit zum Vertrödeln ist da nicht, unser Zeitplan ist eng. Schon um 22:00 soll es losgehen und in der Nacht mit seinem Starkwind schnell über Ost auf Nord drehen. Doch dieser Freitag ist zunächst mal der einzige Tag, an dem wir überhaupt in Richtung Aran Island nach Norden vorankommen können. An der Küste zwischen Loop Head und bis hoch in die Galway Bay gibt es nichts, wo man sich verstecken könnte. D.h. wir müssen es in einem Rutsch schaffen und dafür gibt es aktuell leider nur diesen Freitag. Der Wind ist dafür nicht gerade optimal, doch es ist das einzige Wetterfenster in den nächsten Tagen, das wenigstens halbwegs dafür taugt.
Ab Loop Head haben wir dann den Gezeitenstrom gegen uns. Der ist zwar eher schwach, aber bei dem wenigen Wind ist schon ein schwacher Gegenstrom ziemlich doof. So müssen wir motorsegeln, anders geht es leider nicht. Das nervt. Doch die Strecke, die noch vor uns liegt und das Tief, das uns im Nacken sitzt, lassen uns keine andere Wahl. Um 13:42 ist auf Inishmore Niedrigwasser, ab dann werden wir wieder Strom mit bekommen. Und ab 14:00 soll auch der Wind langsam zunehmen. Soweit die Theorie.
Und schon kurz hinter Loop Head bekommt die Theorie eine immer größere Bedeutung. Schon im Hafen von Kilrush hatte ich beim Ablegen das Gefühl, dass die PINCOYA nicht so gut am »Gashebel klebt« wie sonst. Aber ungute Gedanken vergisst man schnell, wenn ein ordentlicher Gezeitenstrom einen schneller ans Ziel bringt, als man eigentlich vermutet hätte. Doch hinter Loop Head wird es überdeutlich. Die PINCOYA fährt bei 2.000 Umdrehungen nicht mehr ihre Geschwindigkeit, die sie sonst so drauf hat. Die Ursache ist sofort klar. Das hatten wir bisher nicht nur einmal. Die Schraube sitzt voller Seepocken und die sorgen für eine ordentliche Verwirbelung und killen jeden Vortrieb. Solange die Segel noch etwas mithelfen, machen wir mit Motorunterstützung gerade mal 5 kn. Als der Wind dann ganz einschläft, sind es nur noch 4 🥺. Das ist zu wenig. Viel zu wenig! So wird uns das Tief noch vor den Aran Islands einholen. Das sind keine guten Aussichten.
Um 14:00 beginnt es zu regnen. Ein erstes Anzeichen der herannahenden Front. Stündlich sendet die Irish Coast Guard eine Gale Warning. From 6 pm on: offshore gale force 8 and more, coastal gale force 6 and more. Schönen Dank auch, wissen wir, aber wir können nicht schneller 😳. Wie gern würden wir 6 kn fahren, aber so wird es echt knapp. Vielleicht doch lieber in die Killeany Bay vor Inishmore, wenn wir es nicht rechtzeitig bis Rossaveal schaffen? Hmm …
Wenn die Schraube voller Pocken sitzt, bleibt mir nichts anderes übrig, als die nächsten Tage mal zu tauchen, um die Biester abzukratzen. Das ist kein Job, auf den ich mich wirklich freue, und die irischen Wassertemperaturen laden ja ohnehin nicht gerade zum Tauchen ein. Uff … schöne Segeltage gehen echt anders, gerade ist wieder einmal der Wurm drin.
Um 14:30 beginnt der Luftdruck zu fallen und schürt unsere Hoffnung auf wenigstens etwas Wind. Wir wussten ja, dass es tagsüber eher »flautig« wird, doch man redet sich so etwas dann doch gerne mal schöner, als es bei nüchterner Betrachtung eigentlich wirklich ist. Da helfen auch keine guten Vorsätze. Wenigstens bei uns nicht 🙄. Doch auf der anderen Seite… Welche Alternative hätten wir gehabt? Zurzeit weht es ständig aus Nord und zwischen keinem und zu viel Wind scheint es keine sinnvollen Abstufungen zu geben. Da bleibt nicht viel, als einen Versuch bei »nichts« zu wagen.
15:00. Seit 7 Stunden motoren wir, so schlimm hatten wir uns das nicht vorgestellt. Da sind wir wohl wieder einmal Opfer unseres eigenen Optimismus geworden. Ich könnte 🤮.
Inzwischen fällt Luftdruck immer schneller und um 16:00 haben wir tatsächlich 12 kn Wind. Den allerdings von achtern, da relativieren sich 12 kn schnell zu einer kleinen 7 in den Segeln. Es beginnt zu regnen. Und der Regen steigert sich deutlich schneller als der Wind 🙄.
Um 18:00 fahren wir zwischen den Inseln Inishmore und Inishmaan durch den Gregory Sound. Der Gezeitenstrom nimmt uns mit, endlich machen wir mal 6 kn Fahrt. Der Luftdruck fällt und fällt und das eigentlich viel zu schnell. Inzwischen sind es rund 2 hPa die Stunde. Unser Baro zeigt als Warnung einen roten Doppelpfeil nach unten. Alle Zeichen stehen auf Starkwind oder Sturm. Im Westen sehen wir den richtigen Regen kommen, bisher haben wir nur die Vorhut abbekommen. Es wird Zeit, dass wir uns eine Deckung suchen. In dieser Regenfront steckt dann wohl auch der erste richtige Wind drin.
Kaum spuckt uns der Gregory Sound auf seiner nordöstlichen Seite wieder aus, ist der Atlantikschwell wie ausgeschaltet. Kurz vor den Inseln hatte er ja schon eine Höhe erreicht, die nicht mehr ganz so magenfreundlich war. Der Wind nimmt beständig zu und knabbert nun an der 20-Knoten-Marke. Nur mit der Genua kommen wir in Richtung der Cashla Bay gut voran. Am Ende der Cashla Bay liegt Rossaveal, ein Ende ist abzusehen. Der Wind kommt genau aus Süd und weht so direkt in die Cashla Bay hinein. Mit dem zunehmenden Wind nimmt auch der Regen zu. Es schüttet erbärmlich! Draußen auf See ist das ja nicht ganz so schlimm, dann gehen wir rein und machen die Türen zu. Aber in Richtung der Einfahrt müssen wir nun schon genau gucken, zudem der Regen alles in ein trübes und diesiges Grau taucht.
Im Gregory Sound haben wir noch einmal kurz überlegt, ob wir nicht doch einfach vor Inishmore in der Killeany Bay ankern sollten. Aber das, was da kommt, scheint heftig zu kommen. In der letzten Stunde fiel der Luftdruck um 3 hPa, das verheißt nichts Gutes. Außerdem soll das Zentrum genau über uns hinweggehen, d.h. wir werden eine Winddrehung von Südost auf Nordost haben. Also um mehr als 180° und nun über West. Das Maximum soll heute Nacht gegen 2:00 erreicht werden, wenn der Wind auf der Rückseite des Tiefs dann aus Nordosten kommt. Doch mit einem Nordost weht es genau in die Bucht von Inishmore hinein. Also doch lieber Roosaveel. Es pfeift zwar nun auch direkt in die Cashla Bay hinein, aber die hat in der Einfahrt eine hübsche Engstelle, die Schlimmeres verhindert sollte.
Also sausen wir in die Cashla Bay. Die Landmarken können wir grob erkennen, aber das Richtfeuer ist Gold wert. Es leuchtet unbeirrt durch den Schüttregen und zeigt uns die richtige Einfahrtsrichtung. Und natürlich läuft der Radar. Endlich haben wir nun auch diese Unterstützung wieder. An der letzten Roten biegen wir nach Backbord auf den Ankerbereich ab, direkt vor das Sruthan Quay. Der Ankerbereich ist komfortabel groß. Obwohl es hier ein Feld mit Gästemoorings gibt, bleibt genügend Platz. Wir verlassen uns bei solchen Bedingungen lieber auf unseren Anker als uns eine Moorig zu schnappen. Da wissen wir, was wir haben.
Als unser Anker um 20:00 fällt, weht es schon mit gut 24 kn und der Schüttregen peitscht immer wieder rekordverdächtige Schwallduschen extra für den Schiffsjungen über das Vorschiff. Glücklicherweise haben wir für solche Fälle nun unsere Headsets, die auch mehr oder weniger wasserfest sein sollen. So ist das Ankermanöver kein Problem. Und einfahren müssen wir den Anker auch hier wieder nicht, denn der Starkwind lässt uns zweimal heftig einrucken, so schön würden wir das auch mit dem tollsten Einfahrmanöver nicht hinkriegen.
Dann liegen wir fest. Kurze Kontrolle, nach 10 Minuten liegen wir immer noch wie angenagelt auf derselben Stelle. Ein Segler liegt steuerbord in 65 m Entfernung und ein Fischer Backbord in 100 m Entfernung. Das passt. Nun kann es ruhig richtig losgehen. Wir sind gewappnet. Und das wird es auch, denn der Luftdruck fällt beständig weiter.
Nach einer großen Portion Nudeln, checken wir noch einmal alles und binden zusätzlich das Groß noch als dünne Wurst zusammen. Das Bimini lassen wir ausgeklappt, da siegt der Komfort über die Windschnittigkeit. Alles in allem war unser erster Segeltag eher zum Abgewöhnen, doch man kann ihn eigentlich eh nicht als Segeltag bezeichnen. Gegen 22:00 legen wir uns hin, denn kurz nach Mitternacht soll ja das Maximum kommen.
Und das Maximum kommt mit Macht. Seit gestern Mittag ist der Luftdruck von 1021 hPa auf nun 998 hPa gefallen. Das sind immerhin 23 hPa in 12 Stunden. Also im Schnitt fast 2 hPa pro Stunde, wobei es langsam begann und sich immer mehr steigerte. So heftig und vor allem schnell haben wir das auch noch nicht erlebt. Um 1:00 wachen wir auf. Es geht los. Es ist zwar nicht so heftig wie damals hinter Culatra, aber doch heftiger als vorhergesagt. Es weht immer noch aus Süd. In der Cashla Bay steht nun eine ordentliche Windwelle. Die ist zwar nicht besorgniserregend, macht die ganze Sache aber hinreichend ungemütlich.
Immer wieder peitschen kräftige Regenböen über die Bucht. Die Drehung hat noch nicht eingesetzt. Bei stehenden 28 Knoten lassen wir noch einmal 10m Kette raus. Inzwischen ist Niedrigwasser. Da liegt dann zwar mehr Kette auf dem Boden und sorgt für ordentlich viel Reibung, aber bei drei Meter Wassertiefe ist eben auch die Pufferwirkung der Kette geringer. Dieses kleine Ankermanöver ist genauso feucht wie das am Abend, denn pünktlich dazu schüttet es wieder wie aus Eimern. Es hackt und zerrt wie blöde an uns herum, aber wir liegen gut. Gegen 2:00 beginnt die Drehung. Die geht schnell und im Handumdrehen weht es nicht mehr aus Süd, sondern mit unverminderter Stärke aus Nordwest. Durch die Drehung nehmen die Windwellen schnell ab. Es ist Zeit, wieder in der Koje zu verschwinden. Soll sich der Wind dort draußen nur austoben. Falls unser Anker nicht hält, würden wir nun in Richtung Rossaveal treiben. Da ist genug Platz, um auf den Ankeralarm zu reagieren.
Und als wir morgens aufwachen, erstrahlt über uns ein fast wolkenloser, blauer Himmel. Es weht zwar immer noch mit rund 15 kn, aber die Sonne scheint und es ist wunderbar ruhig. Schnell hängen wir alle Klamotten in die Sonne zum Trocknen und verkriechen uns dann noch einmal unter unseren warmen Decken.
Stationen:
03.08. Carrigaholt Bay: 52° 36′ 17,2″ N, 009° 41′ 40,8″ W
04.08. Cashla Bay, Rossaveal: 53° 16′ 14,8″ N, 009° 34′ 25,9″ W