2023 war wirklich ein außergewöhnliches Jahr. Zum einen haben wir seit dem zweiten Januar 8.757,1 sm in unserem Kielwasser gelassen und davon 7.472,6 sm unter Segel zurückgelegt. Und zum anderen wurde dieses Segeljahr auch von einem Ereignis geprägt, dass uns für immer in Erinnerung bleiben wird. Nachdem unser Trip zu den Kapverden schnell und problemlos verlief, brach uns auf dem Weg in die Karibik 700 sm westlich der Kapverden eines der mittleren Wanten. Wir hatten Glück im Unglück, konnten den Mast provisorisch mit den Backstagen des Kutterriggs stabilisieren und am Ende nach weiteren 1.350 sm Martinique erreichen, ohne zu einem Seenotfall zu werden. Die Aktion, insgesamt viermal bei rund 2,5 m Atlantikschwell in den Mast zu gehen, war absolut an der Grenze des Machbaren.
Und nun sind wir nach 5 Jahren mit der PINCOYA wieder zurück in Deutschland. Auch dies ist ein Highlight dieses Jahres, auch wenn es so nicht geplant war und wir eigentlich nun mit der PINCOYA in Nordamerika sein wollten. Doch aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben, denn wir mögen die Langstrecke und wir mögen es auch, neue Länder unter Segeln zu erreichen. So stehen Nova Scotia und Newfoundland nach wie vor ganz oben auf unsere Wunschliste.
Doch diese Planänderung hat im Nachhinein auch ihr Gutes, denn wir mussten dieses Jahr ja lernen, dass wir nicht wirklich für kältere, nasse und auch winterliche Regionen ausgerüstet sind. Inzwischen haben wir viel gelernt und viele Ideen, was wir verbessern können, und diese Ideen lassen sich zuhause schon einfacher realisieren als irgendwo in Übersee. Und mal ganz abgesehen davon – wir leben nun seit 2018 mehr oder weniger auf der PINCOYA und sind allein in dieser Zeit 21.500 sm gesegelt. Unsere ToDo-Liste ist lang und das ein oder andere muss nun auch einfach mal ersetzt werden.
Das Jahr
Sieht man mal von dem Problem mit dem gebrochenen Want ab, war die Überfahrt in die Karibik mit Abstand die einfachste. Auch deswegen freuen wir uns auf ein nächstes Mal, denn wir wollen diese Passage noch einmal machen, ganz ohne die Sorgen, den Mast vielleicht doch noch zu verlieren. Einfach nur genießen und Langstrecke segeln.
Die Karibik selbst hat uns nicht wirklich vom Hocker gerissen. Den Hype um dieses Segelrevier verstehen wir ehrlich gesagt nicht ganz. Vielleicht haben wir als Anfänger aber auch einiges falsch gemacht und hatten Pech, weil wir wegen der Reparatur des Riggs zu weit nördlich auf Martinique beginnen mussten. Doch abgesehen davon, dass es in der Karibik schön warm ist, ist die Karibik voll und wirklich teuer. Und der Kontrast von millionenschweren Segeltouristen im Was-kostet-mich-die-Welt-Modus zu dem Bild jenseits der überteuerten Marinas und der vollgestopften Ankerbuchten ist nicht zu übersehen und hinterlässt kein gutes Gefühl.
Da wir gerne noch einmal die Überfahrt in die Karibik machen würden, werden wir natürlich auch noch einmal in die Karibik kommen. Das aber dann eher nur als Transit und eher nicht wegen der Karibik selbst.
Aus familiären Gründen haben wir uns in der Karibik dann entschieden, gleich wieder zurück nach Europa zu segeln. Die Überfahrt von der Karibik auf die Azoren war schon besonders. Die 24 Tage der Überfahrt waren eine bunte Mischung aus allem, aber ohne Sturm. Die letzten Seemeilen gestalteten sich zäh, denn der Wind kam auf dem letzten Viertel zu oft von dort, wo wir eigentlich hin wollten. Doch die Überfahrt selbst war insgesamt problemlos und entspannt. Großen Anteil an dieser Entspannung hatte auch der Iridium Go! exec, den wir uns für die Satellitenkommunikation und das Wetter doch noch nach Saint Martin hatten schicken lassen.
Da wir möglichst schnell zurück nach »Festland-Europa« wollten, hatten wir auch diesmal zu wenig Zeit für die Azoren. Im dritten Anlauf werden wir das ändern müssen. So haben wir auf den Azoren eigentlich nur auf ein passendes Wetterfenster gewartet und uns in Position gebracht.
Vor der Überfahrt über den Nordatlantik nach Irland hatten wir recht großen Respekt. Und den zu haben, ist auch gut, doch das hat sich dann erst im zweiten Halbjahr bestätigt, denn die Überfahrt von den Azoren nach Irland wurde immer ruhiger, je weiter wir nach Norden kamen. Von den Azoren aus haben wir uns auf der Rückseite eines Sturmtiefs eingefädelt und da das dann doch noch einmal eine Extrarunde drehen musste, waren die ersten Tage recht ruppig. Danach wurde es zusehends ruhiger und am Ende haben wir sogar noch unseren Parasailor herausgekramt, um mit dem wenigen Wind überhaupt noch etwas voranzukommen. Irland haben wir dann Ende Juni im schönsten Sommerwetter erreicht und dachten insgeheim… Wer braucht bei so einem irischen Sommer überhaupt noch die Karibik?
Bis Ende Juli waren wir dann Zuhause und als wir Anfang August wieder starteten, war schon nichts mehr von dem schönen Sommer übrig. Ein Sturmtief nach dem anderen jagte von Westen heran und zwang uns immer wieder für Tage in irgendein Versteck. Irland im Westen nach Norden hin zu umrunden, kann wirklich anspruchsvoll sein und ist nicht immer ein Spaß. Im krassen Gegensatz zu dem furchtbaren Wetter standen allerdings die Menschen, die wir dort treffen durften. In keinem anderen Land sind wir bisher herzlicher und aufgeschlossener empfangen worden als in Irland. Und genau deshalb, aber auch, um noch einmal nachzusehen, ob sich das Wetter in Irland doch von einer besseren Seite zeigen kann, werden wir ganz sicher noch einmal nach Irland zurückkehren.
In Schottland ging es dann mit dem schlechten Wetter ganz ähnlich weiter. Drei Worte beschreiben unser zweites Segelhalbjahr sehr treffend. Nass, stürmisch und kalt. Lange hatten wir gehofft, den Caledonian Canal in einer freundlichen Periode eines goldenen Herbstes machen zu können. Doch daraus wurde nichts, es wurde mit jeder Woche nur nasser, stürmischer und kälter. Ganz im Gegensatz dazu standen auch in Schottland die Menschen. Die Freundlichkeit, Herzlichkeit und selbstverständliche Hilfsbereitschaft ist wie in Irland absolut großartig. Ein Grund um wiederzukommen. Vielleicht schon im nächsten Jahr.
In Peterhead mussten wir dann 1 1/2 Wochen auf ein halbwegs passendes Überfahrtswetter nach Norwegen warten. Wir haben uns dann das einzige kleine Wetterfenster geschnappt, das es im Oktober und November dafür überhaupt gab. Es war kein schönes Wetterfenster, denn wir haben ganz ordentlich einen auf die Mütze bekommen, aber wir konnten wenigstens von West nach Ost segeln. Die Nordsee ist wirklich ein hartes Revier, besonders im Spätherbst.
Dass wir nun insgesamt schon so spät dran waren, war am Ende auch wieder ein Glück. Denn den Orkan, der Ende Oktober Jahrhundertschäden in der westlichen Ostsee anrichtete, haben wir in Farsund empfangen. Was für ein Glück, dass wir nicht schon weiter waren!
Doch in Norwegen erreichte uns mit diesem Orkan auch der Winter. Etwas früh in diesem Jahr, doch so ist es ja nun auch bis heute geblieben. Ein wettertechnisch vollkommen verkorkstes zweites Halbjahr. 3 1/2 Wochen haben wir in Norwegen auf ein passendes Wetterfenster gewartet, um schlussendlich noch den Skagerrak nach Dänemark zu queren. Und auch diese Überfahrt war alles andere als gemütlich. Bis dahin mussten wir zwei Überfahrtsversuche abbrechen und haben uns daraufhin in den Innenfahrwassern Schritt für Schritt etwas nach Nordosten vorangetastet. Die beiden erfolglosen Versuche, den Skagerrak gegenan zu queren, waren hart und hätten fast wieder in einem Desaster geendet. Beim zweiten Versuch brach in den Wellen das Wasserstag unseres Bugspriets. Wahrscheinlich hatte es beim ersten Versuch am Tag zuvor schon einen mitbekommen. Auch dieses Mal war es ein großes Glück, dass wir das Problem noch rechtzeitig erkannt und schnell reagiert haben. Die Lasten im Rigg durch Wind und Welle hätten schnell zum Verlust des Mastes führen können.
Der restliche Weg durch den Kattegat bis in die dänische Südsee und in den Kiel-Kanal lässt sich wohl am treffendsten mit »Wintersegeln« zusammenfassen. Und nun liegen wir in Büdelsdorf im NOK beim Büdelsdorfer Yachtclub auf unserem Winterliegeplatz im Wasser.
Und kaum eine Woche, nachdem wir dort angekommen sind, hat uns nun der Winter mit bis zu -15° tatsächlich eingeholt. Und so warten wir nun dringend auf eine etwas wärmere und vor allen sonnigere Saison 2024.
Und hier unsere Statistik 2023
Start am 02.01.2023 auf El Hierro (Kanaren)
Ende am 22.11.2023 in Büdelsdorf im NOK
Gesamtmeilen: 8.757,1 sm
Gesegelt: 7.274,6 sm
Segelquote: 85,3 %
Reisetage: 296
Fahrttage: 136
Nachtfahrten: 64
Länder: 13 – Kanaren, Kapverden, Martinique, Dominica, Guadeloupe, Antigua, Saint Martin, Azoren, Irland, Schottland, Norwegen, Dänemark und Deutschland
Marinas: 12, davon 11 im zweiten Halbjahr ab Irland
Ankerplätze: 66
Währenddessen haben wir 94 Blogs geschrieben, etwa 12.000 Photos gemacht und 3 Videos veröffentlicht, wobei noch welche fehlen.
Und nun? Keine Sorge, gleich geht’s weiter 😂 …
BYC, Büdelsdorf
54° 18’ 39.2″ N, 9° 40’ 56.8″ E