Als wir zum dritten Advent die PINCOYA abschließen, schließen wir auch unsere erste große Segelzeit ab. Von 2018 bis 2023 haben wir 30 Länder besucht, sind 21.500 sm gesegelt und haben zweimal den Atlantik überquert. Nun sind wir zurück. Doch dieses Zurück fühlt sich anders als erwartet an. Die letzen sechs Jahre wirken nach und haben auch unseren Blick verändert. Ganz besonders wohl das letzte Jahr. Noch nie ist uns Deutschland so voll, laut und hektisch vorgekommen. Nun ist Büdelsdorf beileibe keine Großstadt, doch im Gegensatz zu diesem Jahr, kommt uns das Leben schon hier recht wuchtig vor. Wir sind wohl tatsächlich etwas »zivilisationsentwöhnt«.
Doch »zurück in Deutschland« fühlt sich auch sonst ungewohnt an. Der deutsche Drang, dem anderen immer gleich erklären zu müssen, wie etwas richtig ist oder wie man es auch nur vermeintlich besser zu machen hätte, zeigt uns unmißverständlich, wo wir festgemacht haben.
Und nach 30 Ländern kennen wir tatsächlich kein Land, in dem man so üppig und preiswert leben kann wie in Deutschland. Das betrifft die normalen Lebenshaltungskosten, aber auch z.B. die gesamte Ersatzteilversorgung für den Segelsport. Die einzige Ausnahme bildet natürlich die Mobilfunksparte 😂, hier zahlt der Deutsche ja gerne ein Vielfaches 😳. Dennoch grassiert die »German-Angst«. Wahrscheinlich wird auch sie mit deutscher Gründlichkeit gepflegt und es scheint gefälliger zu sein, das Glas halb leer zu sehen, als sich über ein halb volles Glas zu freuen. Denken wir zurück, offenbaren sich schon recht große Gegensätze. Und uns beschleicht das Gefühl, dass etwas mehr Gelassenheit und ein kleines Scheibchen Optimismus schon sehr helfen könnten, etwas leichter durch’s Leben zu gehen.
Die Tage seit unserer Rückkehr sind vollgestopft. Insgesamt fahren wir noch dreimal hoch. Der Winter mit dem ersten Frost ist einfach zu schnell gekommen und hat uns keine Zeit gelassen, es ruhiger angehen zu lassen. Ganz schuldlos sind wir allerdings an dem ganzen Hin und Her auch nicht, denn wenn man 4 m misst und dann eine Plane mit 3 m bestellt, dann passt das nicht ganz so, wie geplant 🧐.
Auch unsere Idee mit der Tauchpumpe, um den Rumpf der PINCOYA eisfrei zu halten, funktioniert leider nur theoretisch. Praktisch ist die Wirkung der unter dem Rumpf hängenden Pumpe gleich Null. Grundsätzlich ist so etwas ja keine neue Idee, doch so einfach, wie wir uns das dachten, ist es dann wohl doch nicht. So werden wir an dieser Idee noch etwas feilen müssen, doch das hat Zeit, denn bis Neujahr zeichnet sich keine längere Frostperiode ab und eine weiße Weihnacht ist nicht in Sicht.
Doch die Fahrerei hat auch ihr Gutes. Mit jeder Tour wird die PINCOYA leerer. Die Nässe der letzten Monate ist in jede Ritze gekrochen. Alles ist klamm und feucht. Der Adsorptionstrockner leistet zwar ganze Arbeit und zieht einen Liter Wasser nach dem nächsten aus der PINCOYA, aber alles, was nicht »Hardware« ist, nehmen wir trotzdem erst einmal mit nach Hause. Damit sortieren wir auch gnadenlos aus. Alles kommt auf den Prüfstand, ob wir es wirklich brauchen oder doch nicht so.
Auch alle Schranktüren, Schubladen und auch den Tisch nehmen wir einfach mit. Die PINCOYA braucht innen ein Refit und alles, was demontierbar ist, ist zuhause leichter aufzuarbeiten und neu zu lackieren, als auf der PINCOYA selbst. Wie und wann wir das alles schaffen sollen, ist uns nicht ganz klar. Zumal ja auch noch einiges »draußen« zu tun ist. Ein Arbeitswinter wird für das, was nun ansteht, nicht reichen. Wir werden die notwendigen Arbeiten priorisieren müssen und können sicher einiges auch zunächst nur beginnen und nicht so abschließen, wie wir es gerne hätten. Doch einige Reparaturen lassen sich nicht nach hinten schieben, so z.B. der Austausch des Ruderlagers und die richtige Reparatur des Wasser- und auch des Kutterstags. All das, was ansteht, werden wir in diesem Winter auf keinen Fall schaffen, denn die nächste Saison soll ja in jedem Fall eine Segelsaison sein und nicht in einem Reparatur- und Refit-Sommer enden.
Doch am dringendsten bräuchten wir mal trockenes und vielleicht halbwegs mildes Wetter. Und das eigentlich sofort! Bei Kälte geht ja doch immer wenigstens noch etwas, aber wenn es ständig schüttet, geht eben gar nichts mehr. Egal, was wir von der langen ToDo-Liste angehen, die ständige Nässe ist das größte Problem. Vieles von dem, was wir tun müssen, geht sowieso eigentlich nur im Sommer, sofern der nicht so verregnet ist wie ein normaler, deutscher Standardsommer. Und genau dieser Umstand hat nun gerade damit begonnen, unsere Pläne für das nächstes Jahr zu formen. So gut uns der Norden auch gefällt, wie einfach könnten wir all die anstehenden Arbeiten »weiter im Süden« erledigen. Das allerdings nur, solange wir uns – sagen wir es mal so – noch in der »europäischen Ersatzteilversorgung« befinden. Denn jenseits der EU bleiben nur zwei Varianten. Entweder sind die Versorgungsmöglichkeiten äußerst eingeschränkt bis gar nicht vorhanden und alles müsste mit all den Transport- und Zollproblemen bestellt werden, oder es gibt alles, aber das zu Preisen, die wir uns nicht leisten können.
So gibt es Tendenzen für das nächste Jahr, die allerdings noch nicht ganz spruchreif sind.
Und zum Jahresende noch ein kleiner Rückblick …
Das Schlimmste in diesem Jahr war wirklich der viele Regen und die ständige Nässe. Schon in der Karibik war es unerwartet feucht, doch das, was dann im zweiten Halbjahr folgte, war wirklich maximal. Der Regen und die Nässe haben uns regelrecht unter Deck eingesperrt und uns den »Auslauf« genommen. Bei schönem und trockenem Wetter haben wir ja die ganze PINCOYA und noch viel mehr. Doch in ständigem Regen entfällt das alles. Ein Schauer ist natürlich nicht schlimm, aber wenn nichts mehr trocknet, beginnt das Problem.
So bleibt am Ende die Erkenntnis, dass Regen und Nässe mit Abstand die größten Spaßkiller beim Segeln sind. Unweigerlich zieht die Nässe ja irgendwann auch unter Deck ein. Winterliche Kälte verschlimmert das Problem dann nur noch. Und wenn in einem vollgepackten Fahrtensegler alles möglichst »luftig«, 😳, und mit Abstand zu den Bordwänden »gestapelt« werden muss, was sowieso nur in Teilen gelingt, geht unter Deck nichts mehr und die Gemütlichkeit verlässt fluchtartig das Schiff. Und wenn man dann nach diesen Monaten des Dauerregens den deutschen Rat bekommt: “Nee, Nässe unter Deck kennen wir nicht, ihr müsst auch lüften!” Dann zucken die Hände ganz leicht und man muss den aufkeimenden Gedanken an Selbstjustiz schon etwas gewaltsam beiseite schieben.
Doch gegenüber dem Schlimmsten steht natürlich auch das Schönste. Und dieses Jahr stehen dort sogar zwei ganz oben, denn wir können uns nicht entscheiden. Zum einem waren die Langschläge wirklich die herausragendsten Erlebnisse diesen Jahres, aber zum andern waren es auch die Menschen, die wir auf unserem Rückweg über Irland, Schottland und Norwegen getroffen haben. Deren Herzlichkeit, Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft standen im krassesten Gegensatz zu dem doch recht schwierigen Wetter.
@ Paul of SV Hirta from Edinburgh, met in Peterhead, we messed up your email address 😢, please get in touch 🙂.