Nach unserem Ausflug über die Insel ändert sich das Wetter. Die schönen Tage sind erst einmal vorbei. Ein nächstes Starkwindfeld soll heranziehen und weit bis nach Madeira und zu den Kanaren herunterreichen. Und es soll sich noch kräftiger entwickeln als das, mit dem wir hier angekommen sind. Doch der Nordost passt für Porto Santo, so dass es höchstens ungemütlich, aber nicht bedenklich werden sollte.
Inzwischen konnten wir uns auch etwas näher an die Mole verlegen, so ist es nun kein Problem, einfach etwas mehr Kette herauszulassen. Doch so dicht vor dem Strand und nah an der Mole ist es flach. Eigentlich liegen wir bei Starkwind lieber in etwas tieferem Wasser, aber hier müssen wir uns nun je nach Tide mit 4 bis 6 m begnügen. Angekündigt sind 23 kn im Mittel mit Böen um die 30. Und der Spaß soll gut 1 1/2 Tage so andauern. Das ist zwar auch schon recht ordentlich, aber vor Porto Santo sind eher die Fallböen ein Problem. Aus dem Nichts krachen sie aus den Bergen herunter und lassen die Yachten im Hafen und auf dem Ankerfeld herumschleudern. Das war 2021 für uns ein ganz neues Erlebnis, doch nun wissen wir, was kommen wird. Und diese heftigen Fallböen zerren tatsächlich so sehr an den Yachten, dass die Ankerketten durchaus mal steif kommen können. Zumal sie ziemlich unberechenbar mal von der einen und mal von der anderen Seite einschlagen. Deswegen wäre eine größere Wassertiefe schon schön, denn dann ist die Pufferwirkung der Kette schlicht größer. Deswegen stecken wir hier mal 40 m Kette. Das hört sich für 4 bis 6 m Wassertiefe viel an, doch wenn 25 bis 30 m auf dem Boden liegen, dann müssen diese 50 bis 60 kg auch erst einmal hochgehoben werden, bevor die PINCOYA einruckt. Das sollte reichen, auch wenn es durch die geringe Wassertiefe nur ein kleiner Hub ist.
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag geht es los. Die Nacht ist wirklich laut. Ein helles Pfeifen aus den Riggs der Segelyachten in der Marina kündigt regelmäßig schon den nächsten Einschlag einer Fallbö an. Und dann wumms. Im besten Fall liegt die PINCOYA gerade schön mit dem Bug in Richtung der Fallbö. Wenn nicht, werden wir herumgeschleudert und die Tampen der Ankerkralle knatschen unter maximaler Belastung an den Scheuerleisten unterhalb der Bugklampen.
Doch es geht auch ohne Ankündigung, wenn eine Fallbö, ohne vorher den Hafen aufzumischen, direkt im Ankerfeld einschlägt. Einige Male wird die PINCOYA regelrecht zur Seite geschubst. So muss es sich anfühlen, wenn uns jemand in die Seite fährt. Die Großpersenning macht in solchen Momenten einen ziemlichen Lärm und flattert wie wild in der Bö. Das ist nicht gut für den Stoff, wir hätten sie doch noch einmal mit einem weiteren Tampen zu einer festen Wurst zusammenschnüren sollen. Das war letztes Jahr in Irland und Schottland fast schon unser Standard, ist aber nun schon wieder in Vergessenheit geraten 🙄. So geht es die ganze Nacht, wobei die Phasen mit nur 5 bis 6 Beaufort noch die ruhigsten Momente der Nacht sind.
Unser Gummiboot haben wir über Kreuz kurzstag direkt hinters Heck der PINCOYA gebunden. Es versucht zwar ab und zu abzuheben, kann aber nicht, weil wir es dafür zu eng und zu dicht hinter unsere dicke Erna gebunden haben.
So stürmisch geht es den ganzen Donnerstag weiter. Erst in der Nacht zum Freitag wird es etwas ruhiger, doch der ganze Spaß geht am Freitag noch einmal in die Verlängerung. Erst Samstag kehrt wieder so etwas wie Ruhe ein. Aber das Wetter bleibt durchwachsen. Nicht dass es kalt ist, aber die Sonne findet kaum mal eine Wolkenlücke.
Da das Wetter nicht zu viel anderem taugt, nutzen wir die stürmischen Tage, um mit dem Refit unseres Teakdecks weiter voranzukommen. Das ist bei dem ständigen Rollen zwar nicht ganz so entspannt, aber das Ergebnis kann sich dennoch sehen lassen. Doch meine vorletzte Lesebrille wird dann doch noch ein Opfer der Fallböen, eine besonders hinterhältige Bö bläst sie mir glatt aus dem T-Shirt-Kragen und pluntsch ist sie weg.
Doch insgesamt kommen wir gut voran, dann aber geht uns das Pantera als Vergussmasse aus. Wir haben es schlicht verpaddelt, uns einen kleinen Vorrat mitzunehmen. Ärgerlich! Mal sehen, ob wir hier oder auf den Kanaren etwas passendes kriegen. So findet unsere Arbeit am Teakdeck ein natürliches Ende. Das ist vielleicht auch gut so, denn es ist noch viel zu tun, und ob der Schiffsjunge von selbst zu einem Ende gekommen wäre, ist wenigstens zweifelhaft.
Die letzten Tage auf Porto Santo
Inzwischen ist es Zeit, mal wieder darüber nachzudenken, wann und wohin es weitergehen kann. Das »Wohin« ist schnell beantwortet, denn wir wollen, bevor es auf die Kanaren geht, noch unbedingt einmal in die Baia d’Abra auf Madeira. In die Bucht mit dem bunten Vulkangestein, das im Licht des Sonnenuntergangs leuchtet wie ein riesiger Nougatriegel.
Das »Wann« ergibt sich dann aus dem, was wir alles noch erledigen müssen und wollen. Obwohl wir mit unserem Leihwagen schon einmal kräftig bei Pingo Doce eingekauft haben, wollen wir uns noch mit etwas mehr portugiesischem Wein versorgen. Der schmeckt uns nicht nur besser als der spanische, den gibt es in Portugal auch in Schläuchen, was gegenüber Flaschen sehr viel Gewicht spart.
Außerdem haben wir gesehen, dass hier auf Porto Santo der Diesel nur 1,25 € kostet. Es gibt zwar keine Bootstankstelle, aber es lebe die Kanisterversorgung. Da Christina & Peter ein Auto auf Porto Santo haben, wird die ganze Sache noch viel einfacher und nach zwei Stunden haben wir 100 frische Liter Diesel an Bord.
Der Montagabend gehört noch einmal einem kleinen Abschiedstreffen mit Christina & Peter. Obwohl es nur ein kleiner Abschied ist, denn wir werden uns ziemlich wahrscheinlich schon bald in Gran Tarajal wiedertreffen. Gran Tarajal ist auch für Christina & Peter ein Ziel auf ihrem Wintertörn durch die Kanaren und wir haben spontan für den 16.10. einen Rückflug nach Deutschland von Fuerteventura aus gebucht.
So bleiben wir noch den Montag und Dienstag auf Porto Santo und dann geht es am Mittwoch in die Nougatbucht.
vor Porto Santo
33° 03′ 38,4″ N, 016° 19′ 06,5″ W