Von der Costa de Papagayo auf Lanzarote bis nach Puerto del Rosario auf Fuerteventura sind es nur rund 25 Seemeilen und wir haben noch 9 Tage bis zu unserem Rückflug. Die Planung für danach läuft auf Hochtouren und damit auch all die Überlegungen, was wir noch mitnehmen sollten, um auch für entfernt absehbare Probleme etwas besser gewappnet zu sein. Wenn alles so kommt, wie wir es uns wünschen, wird die PINCOYA wohl frühestens 2027 zurück in europäischen Gewässern sein. Vielleicht auch noch etwas später. – Puuh, dann werde ich schon 70 😃, was für eine Perspektive 😎! – In den USA oder Canada wird die Ersatzteilversorgung ja grundsätzlich kein Problem sein, auch wenn es dort sicherlich teurer als in Europa ist. Doch vorher kommt ja erst einmal die Karibik und vielleicht etwas Mittelamerika. Und wenn man dort segelt, ist es schon schlau, sich einige Gedanken um die Vorsorge zu macht. So vergeht schon die ein oder andere Stunde mit Überlegungen, was wir vielleicht jetzt noch besorgen sollten, um besser gewappnet zu sein als im letzten Jahr. Alles geht ja eh nicht, aber ein guter Kompromiss ist ja auch schon viel wert.
Im nächsten Jahr wird die PINCOYA 🎂 30 und mit ihr auch ihr Motor. Da wir mehr segeln als motoren halten sich seine Betriebsstunden dennoch in Grenzen. Sie dürften so um die 2.300 h liegen. Genau wissen wir das gar nicht, denn als wir die PINCOYA übernahmen, sollen es etwa 600 Stunden gewesen sein. Das ist zwar wenig, aber dennoch halbwegs plausibel, denn die PINCOYA wurde ja bis dahin nur auf dem Rhein bewegt. Aber 30 Jahre sind schon ein ordentliches Alter für einen Schiffsmotor. Bleibt nur zu hoffen, dass er noch durchhält, denn grundlos und nur prophylaktisch wollen wir ihn auch nicht austauschen. Dazu ist der Spaß einfach zu teuer. Einiges an Ersatzteilen haben wir ja schon mit, doch nun fällt uns doch noch auf, dass die Gummistutzen für den Wärmetauscher nicht mehr so aussehen, als ob sie noch einmal 30 Jahre dichthalten wollen 🤨. Und um ehrlich zu sein, sehen sie eher danach aus, als ob sie jederzeit Kühlwasser-Pippi in unsere Bilge machen könnten.
Also suchen wir nach den entsprechenden Ersatzteilen, was natürlich auch eine Garantie dafür ist, dass die alten Dinger ewig dichthalten, sobald die neuen Teile mal an Bord 😇 sind. Doch so einfach ist die Sache nicht, denn Volvo hat munter zwei verschiedene Versionen verbaut 🤨. So brauchen wir wieder einmal die Hilfe des Motormanns unseres Vertrauens. Schon am nächsten Tag schicken wir noch zusätzlich die Seriennummer unseres betagten MD22 nach Stralsund und der Motor-Spezi klärt nicht nur die Frage, welches Ersatzteil wir nun tatsächlich brauchen, sondern besorgt es auch noch in Rekordzeit. Und noch bevor wir wieder zurück sind, bekommen wir schon die Nachricht von unseren Kids, dass nun auch diese Ersatzteile da sind. Magnífico 👍!
Das alles ist natürlich keine Garantie, dass unser alter Motor durchhält, doch wofür gibt es schon eine Garantie, außer dass sich Probleme immer im unpassendsten Moment zu Wort melden 🙄? Abgesehen davon hält der Motor ja ohnehin nur einen Teil all der Überraschungen bereit, die einen so überraschen können. Und dass es davon recht viele gibt, haben wir ja nun auch schon hinlänglich erfahren. Doch auch das hat seinen Reiz, denn Fahrtensegeln bedeutet ja auch, dass man mit all seinen Problemen zunächst mal allein fertig werden muss. Das ist schon eine interessante Erfahrung, gerade in Zeiten, in denen schon nach einem Experten gerufen wird, bevor das Problem überhaupt richtig da ist. Bisher ist uns das immer recht gut gelungen und wir sind ganz zuversichtlich, dass uns das auch weiterhin gelingen wird. Beim Fahrtensegeln autark zu sein, hört für uns eben nicht bei der Energieversorgung auf, sondern gestaltet sich schon etwas umfassender.
Die letzten Seemeilen
Costa de Papagayo -> Isla de Lobos -> Puerto del Rosario, Fuerteventura
Distanz: 24,4 sm – Gesamtdistanz 2024: 2.481,7 sm
Ganz entspannt segeln wir noch einmal zur Isla de Lobos und ankern dort für zwei Tage.
Ob wir die PINCOYA nun während unseres Heimaturlaubs in Gran Tarajal oder Puerto del Rosario lassen, haben wir noch nicht entschieden. Doch zunächst wartet Reinhardt in Puerto del Rosario auf uns. Das Rigg seiner 2nd Try 2 ist auch in die Jahre gekommen und hat inzwischen wohl den ein oder anderen Draht locker. Gemeinsam wollen wir mal die Lage checken und überlegen, was man machen muss und ggf. selbst machen kann.
Doch vor der Isla de Lobos genießen wir erst einmal die letzten ruhigen Tage. Obwohl wir ja nun wieder Fugenpampe für das Teakdeck haben und eigentlich weitermachen könnten, lassen wir diese Baustelle doch erst einmal noch etwas ruhen. Dennoch wollen bzw. müssen wir dieses Thema eigentlich noch auf den Kanaren abschließen, denn das Wetter ist hier dafür optimal. Kommen wir erst wieder in Regionen, in denen es ständig regnet, wird es ungleich schwieriger.
Unser letzter Segeltag nach Puerto del Rosario entpuppt sich leider als fast vollkommender Flautentag. Eigentlich war gutes Parasailor-Wetter vorhergesagt, aber davon ist nicht viel übrig geblieben. So brummen wir die letzten 16 Seemeilen unter Motor und nutzen die Gelegenheit gleich noch einmal, um drei Stunden Wasser zu machen.
Die Marina in Puerto del Rosario ist an und für sich absolut ok und vor allem preiswert. Aber sie hat auch ein echtes »Südwindproblem«. Sobald es auch nur irgendwie in die Hafeneinfahrt weht, schwappt es im ganzen Hafen und eben auch in der Marina erbärmlich hin und her. Je weiter innen man liegt, desto besser. Doch der Kontakt zur Policia Portuaria ist nicht ganz einfach und so bekommen wir nur einen Platz im äußeren Drittel am ersten Schwimmsteg.
Etappenende
So geht in Puerto del Rosario nun unsere erste Segeletappe 2024 nach 2.481,7 Seemeilen zu Ende und wir fliegen erst einmal nach Hause.
Am 03. Mai sind wir in Büdelsdorf gestartet, haben dann aber noch einen Zwischenstopp in Bremerhaven eingelegt, um die PINCOYA aus dem Wasser zu nehmen und alles für unseren Neustart vorzubereiten. Die Arbeiten auf der PINCOYA, die nun nach 5 Jahren Fahrtensegeln, aber auch ganz besonders nach dem letzten Jahr fällig waren, haben wir total unterschätzt. Das Winterhalbjahr und auch das Frühjahr sind uns quasi zwischen den Fingern zerronnen und immer ist noch nicht alles fertig, was eigentlich als »fertig« geplant war. Das hat dann ja auch unsere ursprüngliche Planung vollkommen über den Haufen geworfen. Erst am 15. Juli konnten wirklich starten, nun aber nicht mehr mit einer Ehrenrunde über Norwegen, Schottland und Irland, sondern direkt durch den Englischen Kanal und ab in den Süden. Was wohl im Nachhinein auch ganz gut war, denn all die Sturmtiefs über Schottland und Irland hätten uns unsere geplante Nordrunde wohl doch recht schwer gemacht und wir sind uns nicht ganz sicher, ob wir dieses Jahr unser Ziel Madeira überhaupt erreicht hätten.
Aber auch der direkte Weg war nicht immer so direkt und nicht nur einmal mussten wir tagelang auf ein halbwegs passendes Wetterchen warten. Dennoch, aber vielleicht auch gerade weil wir immer wieder abgewartet haben, haben wir noch einen Segelschnitt von 85% hinbekommen.
Doch auf unserem Weg in den Süden lag dann auch der ein oder andern technische Stolperstein. Schon vor der Schleuse ins Lauwersmeer, nach unserer allerersten Nachtfahrt, wollte der Motor nicht mehr ausgehen. Ja richtig, dass ein Motor nicht anspringen möchte, kennt ja jeder, aber dass er nicht mehr ausgehen möchte, ist dann auch irgendwie blöd. Und auf Alderney gab dann die Frischwasserpumpe gerade in dem Moment ihren Geist auf, als der Schiffsjunge voll eingeseift auf der Badeplattform stand. Klar schwappt um ein Schiff genügend Wasser herum, um sich abzuspülen, aber gerade auf Alderney hat das nicht gerade eine Temperatur, die für einen großen Badespaß sorgt. Und auf Sark haben wir dann wieder einmal all unser schönes Kühlwasser in der Bilge wiedergefunden. In allen Fällen konnten wir uns selbst helfen, aber ohne diese Überraschungen wäre es eben auch gegangen.
Aus der Bretagne sollte es dann eigentlich direkt nach Madeira gehen, um den bekloppten Orcas vor der galicischen und portugiesischen Küste auszuweichen. Doch wenn man schon eine ganze Nacht kämpfen muss, um um die nordwestliche Ecke Galiciens herumzukommen, und dabei noch Zahnschmerzen hat, dann macht das definitiv keine Lust auf ein heranziehendes Starkwindfeld. So haben wir uns dann doch für einen kleinen Zwischenstopp in den Rias entschieden. Dass unsere Befürchtungen wegen der Orcas nicht ganz aus der Luft gegriffen waren, hat sich dann auch ziemlich direkt bestätigt, denn quasi um uns herum kam es zu diversen Attacken. Wir hatten Glück und konnten einige Tage später mit einem ziemlich unguten Gefühl das Weite suchen und nach Porto Santo entkommen. Ob wir unser Glück an der spanisch-portugiesischen Küste noch einmal herausfordern, ist nach diesem Erlebnis mehr als fraglich. Man soll es mit dem Glück ja auch nicht übertreiben.
Der Ritt nach Porto Santo war dann schnell und heftig, aber die großen Distanzen lagen mit dieser Etappe nun erst einmal hinter uns und vor allem waren wir endlich wieder im warmen Süden angekommen. Was für ein unglaublicher Unterschied zu letztem Jahr!
Es war nun Zeit, einen Gang herunterzuschalten, um auch mal zu überlegen, wie es nun 2025 weitergehen könnte. Und es wäre gelogen, zu sagen, dass wir nicht schon immer mal wieder mit einem Auge über den Atlantik geschielt hätten. Genügend abgebrochene und verschobene Pläne haben wir ja.
Und als wir nun nach einigen hübschen Segelwochen auf Madeira und den Kanaren in Puerto del Rosario ankommen, steht unser Wunschplan für 2025. Nach unserem Heimaturlaub werden wir uns direkt auf ein nächstes Atlantik-Crossing vorbereiten. Kurz vor Weihnachten wird es losgehen und Weihnachten und Silvester werden wir mitten auf dem Atlantik auf dem Weg in die Karibik feiern. Das hat ja auch mal was 🙂. Unser Wunschplan 2025 hat allerdings auch »Nebenwirkungen« und zugegeben auch Ungewissheiten. Doch dazu schreiben wir später noch mal etwas mehr.
Und weil wir nun noch einmal rüber wollen, beschließen wir auch, in Puerto del Rosario zu bleiben, denn hier sind die Versorgungsmöglichkeiten einfach umfangreicher als in Gran Tarajal. Nach 71 Ankertagen und 13 Nachtfahrten beginnen wir übrigens in Puerto del Rosario unseren dritten Hafentag in der zweiten Marina seit Bremerhaven.
Und zum Abschluss noch mal fleißig fleißig …
Zunächst wird der Schiffsjunge in Puerto del Rosario in den Mast der 2nd Try 2 gezogen und wir diskutieren zusammen mit Reinhardt, was zu tun ist und wie man es machen könnte.
Aber auch auf der PINCOYA geht es weiter, denn neue Pläne geben auch alten Vorhaben neuen Schwung. Mit der Renovierung unseres Teakdecks müssen wir unbedingt vorankommen bzw. im besten Fall fertig werden. Alles in allem ist es eine elende Arbeit, aber es lohnt sich und das Aufarbeiten funktioniert auch, weil in den 90ern noch Teak in Holzstärken verlegt wurde, die genügend Substanz bieten. Und kurz bevor wir abfliegen, sind nur noch die Laufflächen neben dem Decksalon und die Kantenfugen zu machen. Alles andere ist fertig. Vielleicht kriegen wir den Rest bis zu unserem Start vor Weihnachten auch noch hin.
Und auch Fahrtensegler werden nicht von der normalen Hausarbeit verschont.
Doch es bleibt immer noch Zeit für eine kleine Fahrradtour und ab und zu auch mal für ein Schwimmerchen.
Am letzten Tag vor unserem Abflug gibt es dann noch einen flotten »Testwind aus Süden«. Das ist gut, denn Südwind ist ein echtes Problem in Puerto del Rosario. 15 bis 20 Knoten aus Süd reichen vollkommen aus, um es im Hafen ziemlich unruhig werden zu lassen. Während wir alles für unsere Abwesenheit aufklaren, sorgen der Wind und die Wellen für einen echten Test unserer Vertäuung. Immer wieder zuppeln wir noch mal hier und da, doch am Ende sind wir guter Dinge, dass die PINCOYA optimal liegt und die Festmacher richtig abgestimmt sind. Solange es nun zu keinem echten Südsturm kommt, was ja schon recht unwahrscheinlich ist, sollte der PINCOYA nichts passieren.
Eigentlich hätten wir gerne noch ein letztes Abschiedsschwimmerchen am Strand gemacht, doch auch der letzte Tag zerrinnt uns irgendwie zwischen den Fingern.
Abflug in die Segelpause
Dann ist es soweit. Um 5:30 bimmelt der Wecker und um 7:15 beginnt unser Reiseabenteuer, das erst 14 Stunden später, um 21:30 enden soll. Doch der Bus um 7:30 kommt schon mal nicht, aber wir sind nicht die einzigen, die sich fragen, wie man nun zum Flughafen kommen soll. Die Parada de autobús füllt sich zusehends. Irgendwann hält dann mal ein Bus, dessen Fahrer auf die Frage »¿Al aeropuerto?« endlich mal mit »¡Si si!« antwortet. 👍🥳
Der Flieger von Ryanair hat dann zwar auch etwas Verspätung, aber die holt er mit dem Rückenwind, der gestern in der Marina für so viel Unruhe gesorgt hat, locker wieder rein.
Doch ab Köln Airport geht unsere Odyssee erst richtig los. Wir fahren mit dem Quer-durchs-Land-Ticket 🚂!
Die Kette der Herausforderungen beginnt um 16:09 mit dem 🚋 RB27 und führt uns bis 21:26 über 🚃 RE7, RE11 und S5 bis zum Bus 520. Glücklicherweise ersparen uns die Kids dann den letzten Abschnitt mit dem Bus und holen uns am Bahnhof ab. Am Ende schaffen wir zwar alle Umsteigeverbindungen und bekommen auch meist einen Sitzplatz, aber unsere Rückreise werden wir dann doch wohl etwas 🚉 »überregionaler« 🚅 organisieren. Denn das Quer-durchs-Land-Ticket trägt seinen Namen vollkommen zu Recht, man zuckelt durch Teile Deutschlands und hält an Bahnhöfen, deren Existenz man noch nicht einmal erahnte und von denen man vorher auch noch nie etwas gehört hatte.
Isla de Lobos
28° 44′ 11,5″ N, 013° 49′ 29,7″ W
Marina Puerto del Rosario
28° 29′ 45,3″ N, 013° 51′ 29,8″ W