Die Zeit bis zu unserem Start im Juli war ja doch eher stressig. Mit Entspannung und Heimaturlaub hatte diese Zeit nicht viel zu tun. Wie in einem Hamsterrad sind wir damals ständig hinter irgendetwas hinterhergerannt und hatten nie das Gefühl, irgendwann auch nur einmal zu einem Ende zu kommen. Jede freie Minute war ausgefüllt und in der nächsten wartete schon etwas anderes auf uns. Nicht nur für die PINCOYA, auch privat gab es jede Menge aufzuarbeiten.
Nun sind wir wieder zuhause und irgendwie scheint das Gefühl dieser getriebenen Hektik immer noch zuhause herumzuhängen. Einen Grund dafür gibt es nicht, denn schon Anfang November stapelt sich fast alles, was Ende November mit uns mitkommen soll, auf unserem Wohnzimmertisch. Etwas ungläubig scrollen wir über unsere inzwischen magersüchtige ToDo-Liste, doch da findet sich nichts mehr, was drängelt.
Ein komisches Gefühl, was sich nach dem ersten Halbjahr hier zuhause schon fast surreal anfühlt. Das Gefühl, mit irgendwas mal fertig zu werden, schien ausgestorben zu sein. Nun fällt es uns fast schwer, es einfach mal so hinzunehmen.
Selbst unser Wunschplan ist schon fertig. Und das nicht nur für 2025, denn 2026 und 27 hängen da auch schon wenigstens als Idee dran. Und obwohl wir wissen, dass geplante Wünsche nicht immer ganz so planmäßig in Erfüllung gehen, wie sie geplant wurden, können wir es kaum abwarten, einfach schon mal loszulegen. Unsere Aufbruchstimmung ist viral gegangen, der Rest wird sich später ergeben. In der einen oder anderen Richtung, doch zunächst zeigt der Bug der PINCOYA erst mal nach Westen.
Aber auch auf eine ganz andere Art und Weise drängt es uns, wieder loszukommen. Aktuell werden wir das Gefühl nicht mehr so richtig los, dass wir inzwischen vielleicht doch nicht mehr so ganz »Deutschland-kompatibel« sind. Dabei hoffen wir wirklich, dass wir uns nicht nur verändert haben, sondern auch schon früher einen anderen Blick auf das Leben gehabt haben. Insbesondere das ewige Schlechtreden, Nörgeln und Schwarzsehen, in dem sich immer mehr Menschen in Deutschland gefallen, geht uns inzwischen schon ziemlich auf den Zeiger. Sicher war in Deutschland das Glas noch nie halbvoll, sondern immer halbleer. Das ist ja auch eine Mentalitätsfrage, die nicht ganz untypisch ist, denn die German-Angst ist ja kein utopisches Hirngespinst.
Der Pessimismus ist en vogue geworden, da bleibt nur zu hoffen, dass dieser Pessimismus nicht auch noch einer Self-fulfilling-Prophecy Flügel verleiht.
Und obwohl sich noch eine Mehrheit auf dieser Seite des Atlantiks vortrefflich über die amerikanische Präsidentschaftswahl und deren Ergebnis echauffieren kann, ist Europa selbst inzwischen trumpistischer geworden, als wir es je für möglich gehalten hätten. Wir haben uns schon Gedanken darüber gemacht, ob wir in eine USA reisen möchten, in der Trump Präsident ist. Doch aus welchem Europa kommen wir? Sind die Unterschiede wirklich (noch) so groß? Welches Gewicht haben demokratische Grundwerte noch gegenüber den Lügen eines Besserwissertums rechtspopulistischer Autokraten? Und vor allem, welche Entwicklung liegt in Deutschland nun vor uns?
So passt vieles für uns schlicht und ergreifend nicht mehr und nicht weniges empfinden wir sogar als abstoßend. Deswegen steht neben der Vorfreude auf neue Erlebnisse nun tatsächlich auch die Freude über den zeitnahen »Schritt wieder raus«.
Bei Ryanair haben wir inzwischen noch einen zweiten 20 kg-Trolley dazu gebucht. Obwohl wir all den Kleinkram, der nun doch noch mit soll, von allem Verpackungsbalast befreit haben, ist es uns nicht gelungen, die ersten 20 kg auch nur annähernd einzuhalten. Das hört sich viel an, aber mit dem Blick auf die nächsten Jahre »abroad«, haben wir versucht, unseren Grundstock an Basisvorsorge etwas aufzustocken. Das beginnt mit Ersatzschläuchen und Ventiladaptern für unsere Fahrräder, geht z.B. über einen Meter 10mm-Kupferrohr für die Reparatur der Hydraulik des Autopiloten, schließt einige Meter Gitterstoff für einen Sonnenschutz ein, der noch genäht werden möchte, und endet noch lange nicht bei den LED-Leuchten, die wir im Frühjahr schlicht vergessen haben. Vieles ist Vorsorgekleinkram, über den man vortrefflich schmunzeln kann, der einem aber im Fall der Fälle durchaus den A. retten kann. Außerdem haben wir uns eine externe Antenne für unseren Iridium GO! exec gegönnt. Starlink ist zwar aktuell die gehypte Alternative und wir könnten uns durchaus auch auf die noch ungelösten Fragen des Geo-Fencings einlassen, doch aus politisch-moralischen Gründen stellt dieses System für uns schon ein echtes Problem dar. Auch darüber mag man schmunzeln, aber wir sind noch nicht bereit, dem Komfort all unsere Überzeugungen zu opfern.
Noch 14 Tage to go …
… und unsere Aufbruchstimmung ist maximal. Der Zeiger auf der nach oben offenen Richterskala der Aufbruchstimmung zittert im Roten. Gerade eben verblasste der Einkauf bei Edeka vollkommen surreal in einem Flash-back unseres ersten Atlantic Crossings. Es ist wirklich Zeit zurückzukommen und in See zu stechen. So dolle hatten wir es noch nie…