Barbados – Tobago


Bridgetown Brandons Beach, Barbados -> Charlotteville, Tobago
Distanz: 121,4 sm – Gesamtdistanz 2025: 3.093,5 sm

„von Barbados -> nach Tobago“

„von Barbados -> nach Tobago“

Eigentlich hatten wir ja schon zum Samstag ausgecheckt, doch die Wetteraussichten lassen uns dann doch zögern. Grob über den Daumen gepeilt liegt ein Halbwindkurs vor uns. Und wenn wir wegen des Stroms und der Aussicht, dass der Ostwind noch etwas auf Süd drehen soll, mehr vorhalten müssen, dann geht es noch etwas höher an den Wind. Insgesamt ist das sicher ein schneller Kurs, aber zu schnell muss es ja dann auch nicht werden. Einen mittleren Wind um die 20 kn mit Böen bis 30 kn wollen wir uns auf einem Halbwindkurs einfach nicht antun. Also beschließen wir noch etwas abzuwarten. Dazwischenkommen kann ja immer mal was und nun ist uns halt das Wetter dazwischengekommen.

Und über das Wochenende ist es selbst auf unserem eigentlich ruhigen Ankerplatz recht windig. Immer wieder sorgen auch kräftige Schauer für einige Abwechslung. Für unsere Überfahrt nach Tobago gucken wir uns dann den Dienstag aus. Der Dienstag soll noch der ruhigste Tag der Woche sein. Doch auch 17 kn im Mittel mit Böen bis 24 kn versprechen zusammen mit einer Welle von 2,8 m ein durchaus unruhiges Überfahrtserlebnis. Alles in allem keine gemütlichen Aussichten, aber noch das Ruhigste, was die nächsten Tage zu bieten haben.

Da wir mit 5,5 bis 6 kn Fahrt kalkulieren, beschließen wir, am Dienstag erst um 12:00 zu starten. Mit 120 sm geht es in jedem Fall über die Nacht und am Mittwoch wollen wir auch nicht zu früh auf Tobago ankommen, denn das Ankommen »außerhalb der Geschäftszeiten« 😳 kostet extra 😟.

Als endgültig klar ist, wann wir starten, senden wir noch unseren »Floatplan« mit Schiffsbeschreibung, unseren Kontaktdaten, der geplanten Route und der Start- und vermutlichen Ankunftszeit an die Coast Guard von Trinidad & Tobago. Dieser Service wurde wegen der Piraterie im Bereich von Trinidad und Grenada ins Leben gerufen und wird nun von der Coast Guard und einigen weiteren Instanzen betrieben. Tobago ist zwar nicht so pirateriegefährdet wie die Passage zwischen Trinidad und Grenada, aber schaden kann es ja schon mal nicht, wenn irgendwer weiß, dass wir Tobago von Barbados aus ansteuern. Und die Tatsache, dass wir auch postwendend eine »acknowledged mail« von der Coast Guard bekommen, ist schon toll, so passen sie vielleicht wirklich auf, dass wir auch gut ankommen.


„Hinter dem Kreuzfahrtterminal von Barbados geht's schon mal flott los.“

„Hinter dem Kreuzfahrtterminal von Barbados geht's schon mal flott los.“

Pünktlich um 12:00 gehen wir Anker auf und kaum gucken wir um die südliche Ecke des Kreuzfahrtterimals, wird es ruppig. Da der Strom hier noch mit uns zu sein scheint, sind wir viel zu schnell. Zudem werden die Wellen zunehmend unangenehm. In den letzten Tagen hat sich da doch einiges aufgebaut. Der Wind liegt zwar »nur« bei 17 kn, doch wir reffen die Genua gleich mal doppelt ein. Im Groß haben wir eh schon das erste Reff, wir wollen ja kein Theater haben.

„Obwohl es ruhig aussieht, ...“

„Obwohl es ruhig aussieht, …“

„... ist es doch eine recht ruppige Angelegenheit.“

„… ist es doch eine recht ruppige Angelegenheit.“

„warm und trüb ...“

„warm und trüb …“

Das Wetter entwickelt sich schnell grautrüb, fast norddeutsch, nur wesentlich wärmer 😂. Insgesamt passt alles zur Vorhersage, also halten wir auch gleich mal etwas vor. Energetisch ist auch dieser Tag wieder einmal eine Nullnummer. Natürlich nicht im wahrsten Sinne des Wortes, doch der Input passt bei weitem nicht zu unserem Tagesbedarf. Es ist einfach zu wolkig und die Sonne kommt durch die diesige Luft eigentlich nie richtig zum Zuge. Doch auf dem vor uns liegenden Halbwindkurs sollte uns bei dem Wind das Windrad gut durch die Nacht bringen.

Der Wind, der uns heute ins Gesicht weht, ist schon etwas unangenehm warm. Es fühlt sich an, als ob man dauergefönt wird. Fast verschlägt es einem den Atem. Auch die Luftfeuchtigkeit ist so eine Nummer, gut, dass wir auf diesem Kurs wenigstens etwas Wind im Cockpit haben und die Luft nicht einfach nur steht. Eigentlich könnte man meinen, dass sich bei um die 30° alles immer recht ähnlich anfühlt, doch es gibt wirklich große Unterschiede. Mal ist die Wärme gut zu ertragen und mal pfeift uns der Schweiß aus der letzten Pore.

„Viel von der karibischen Sonne ist nicht zu sehen.“

„Viel von der karibischen Sonne ist nicht zu sehen.“

Da die Wellen nun genau von Backbord einlaufen, lassen sie die PINCOYA ein ums andere Mal heftig abnicken. Nachlässigkeit wird sofort bestraft. Was nur so rumliegt, liegt nicht lange dort. Und natürlich haut es uns immer im unpassendsten Moment so richtig auf die Seite. Ein etwas vorwindigerer Kurs wäre schon schön, aber nun steht eben nicht Grenada, sondern Tobago auf dem Programm. Da die Nächte in den letzten Tagen immer etwas schwachwindiger waren, lassen wir es einfach laufen und verkeilen uns im Cockpit. Etwas Speed ist in solchen Wellen ja auch nicht schlecht.


Die Nacht beginnt dann mit einem Paukenschlag. Wir haben Neumond und unter der geschlossenen Wolkendecke ist es stockfinster. Unsere Sicht endet 5m neben dem Schiff. Und wie aus dem Nichts überfällt uns ein Squall. Der Wind springt ohne die kleinste Ankündigung von 18 auf 32 kn. Das ist wie eine Ohrfeige, die man vollkommen unerwartet gescheuert bekommt. Während wir noch versuchen die Genua möglichst schnell einzudrehen, was bei über 30 kn auch nicht gerade in Windeseile gelingt, beginnt es zu schütten. Schütten ist dabei noch etwas milde ausgedrückt, der Regen rauscht wie die Wand eines Wasserfall einfach nur so auf uns herunter. In Sekunden trieft alles, das Regenwasser versucht gurgelnd in den Abflüssen zu verschwinden, schafft es aber nicht und die Genua schlägt erbärmlich auf ihren letzten zwei Metern, die sich nur im Zeitlupentempo einrollen lassen. Zwischenzeitlich hat Astrid das Groß schon etwas aufgemacht, um den Druck aus dem Segel zu nehmen. So lassen wir es erst einmal etwas laufen und sammeln uns. Wow, was war das denn für ein Hammer?

„Der Überfall des ersten Squalls“

„Der Überfall des ersten Squalls“

Nach ewigen 15 Minuten, vielleicht waren es auch nur 10, keine Ahnung, wenigstens gefühlt hat alles viel länger gedauert, nimmt der Wind wieder etwas ab und auch der Regen lässt nach. Doch der Wind bleibt nun oberhalb von 20 kn und die Wellen nehmen zu. So setzen wir die Starkwindfock und geben wieder Gas. Das müssen wir auch, denn inzwischen spüren wir den nordwestsetzenden Strom schon sehr deutlich. Er klaut uns wenigstens einen Knoten Fahrt und steilt noch zusätzlich die Wellen auf. Auch wenn der erste Paukenschlag mit Abstand der stärkste war, war er nur der Auftakt zu einer ganzen Serie von Squalls, die uns bis weit nach Mitternacht immer wieder in Atem halten.

Doch im Grunde genommen läuft es einigermaßen gut, und wenn die Wellen nicht so ein Theater machen würden, wäre es auch wirklich ok. Verkeilt im Decksalon sitzen wir einen Squall nach dem nächsten aus und wundern uns jedes Mal, wie heftig es doch regnen kann. So richtig entspannt ist das alles nicht, doch wir sagen uns einfach, dass diese Nacht ja immerhin noch die ruhigste aus dem Angebot in dieser Woche war. Damit versuchen wir uns zu entspannen, was allerdings nur mäßig gelingt. Diesmal ist die Capitana härter im Nehmen, der Schiffsjunge schwächelt etwas. Nur gut, dass wir immer abwechselnd einknicken.

Ganz langsam dreht auch der Grundwind auf Ostsüdost, was die Sache auch nicht gemütlicher macht, weil wir nun noch etwas höher ran müssen. Bis kurz nach Mitternacht quälen wir uns durch diese ruppige Nacht und versuchen abwechselnd, wenigstens etwas zu schlafen. Außer uns scheint kein anderer das Ziel Tobago zu haben, nur zweimal kreuzen amerikanische Katamarane unseren Kurs in Richtung Grenada. Wenn die beiden nicht irgendwelche Haken geschlagen haben, können sie eigentlich nur von Cabo Verde kommen.

Irgendwann nach Mitternacht wird es ruhiger und wir können abwechselnd wirklich mal zwei Stunden tief und fest schlafen, während uns die PINCOYA wieder einmal Stunde für Stunde vollkommen unbeirrt durch die Nacht schippert. Was haben wir für ein Glück, das unsere alte Dame so unbeirrt durch dick und dünn marschiert, da kann die Crew auch mal schwächeln.


„Am Morgen sieht es nicht danach aus, dass es trocken bleibt.“

„Am Morgen sieht es nicht danach aus, dass es trocken bleibt.“

Am Morgen haben wir noch 159 Ah in unseren Lithiums. Da hat der starke Wind uns tatsächlich energetisch über die Nacht gerettet. Und genügend Wind war ja nun auch wirklich, da kann das Windrad schon mal zeigen, dass es doch die ein oder andere Ah produzieren kann. Doch wenn sich die Sonne nicht bald mal dazu entschließt, vielleicht doch mal etwas beständiger zu scheinen, dann werden wir den Generator anwerfen müssen, um energetisch über die Runden zu kommen. Das war auf den Kanaren deutlich einfacher, doch da hat es ja auch nicht ständig aus dicken Wolken geregnet.

„Weitere Squalls mit viel Wind beuteln uns.“

„Weitere Squalls mit viel Wind beuteln uns.“

„In den Böen reißt es die Kämme der Wellen einfach ab.“

„In den Böen reißt es die Kämme der Wellen einfach ab.“

„Unsere geschützte Sicht aus unserem Cockpit. “

„Unsere geschützte Sicht aus unserem Cockpit. “

Da der Gegenstrom doch stärker ist, als wir ihn erwartet haben, zieht sich unsere Ankunft noch bis kurz vor 11:00 hin. Zwischendurch bieten immer noch einige Squalls recht beeindruckende Spielchen. Nun sehen wir auch mal, was um uns herum so passiert und werden nicht mehr nur im Dunkeln aus dem Nichts heraus überfallen.

„Unsere Bugwelle wird durch den Wind zerlegt.“

„Unsere Bugwelle wird durch den Wind zerlegt.“

„Die Squalls sind auf dem Radar gut zu sehen.“

„Die Squalls sind auf dem Radar gut zu sehen.“

„Kurz mal 'ne Pause ...“

„Kurz mal 'ne Pause …“

Und als gutes Omen für Tobago jagt urplötzlich eine ganze Horde von Delphinen heran. Erst sehen wir nur einen und plötzlich springen von hinter bestimmt 50 weitere heran. In einem atemberaubenden Tempo schließen sie auf und zischen um uns herum. Was für ein wildes Begrüßungskomitee 🐬!

„Unser Begrüßungskomittee.“

„Unser Begrüßungskomittee.“

„So wie die herangeschossen kommen, scheinen wir fast zu stehen.“

„So wie die herangeschossen kommen, scheinen wir fast zu stehen.“

„Tobago in Sicht.“

„Tobago in Sicht.“

Absolut pünktlich zu unserer Einfahrt in die Charlotteville Bay bricht ein perfekter Schüttregen über uns herein. Wir sehen ihn schon über die Berghänge kommen und dann geht es los. Es ist wirklich erstaunlich, mit welcher Wucht es hier immer wieder regnen kann. Kurzzeitig können wir nur noch Teile der Bucht erahnen und alles verschwindet in dem undurchdringlichen Grau der Regenschleier.

„Unser Begrüßungsregen“

„Unser Begrüßungsregen“

Dabei ist Tobago eine wirklich üppig grüne Insel. Fast wie Irland, nur hier mit Bäumen und etwas wärmer 😂. Schon früh haben sich die vorgelagerten Felsinseln aus dem Dunst geschält und nun sehen wir die dicht bewaldeten Berghänge. Die verschiedenen Grüntöne leuchten in einer nahezu unendlichen Vielfalt, besonders wenn die Sonne es mal schafft, eine Wolkenlücke zu finden.

„Die grünen Hänge von Tobago“

„Die grünen Hänge von Tobago“

Es ist ein echter Regenwald, und um dies noch einmal ordentlich zu unterstreichen, regnet es auch gleich noch einmal richtig. So, wie wir es bestimmt schon seit 15 Minuten nicht mehr erlebt haben 😂. Kurz darauf dampft es aus den Wälder. Ein phantastisches Naturschauspiel und ein beeindruckender Empfang.

In der Charlotteville Bay darf man zwar ankern, aber es gibt auch Moorings, damit die Anker nicht zu viel kaputt machen. Auf einem Sandboden ist das natürlich egal, doch es schwierig immer einen dieser Sandflecken zu treffen. Die Bucht ist unerwartet leer, mit uns sind hier nur noch 2 Niederländer und ein Franzose, wenn man mal von den zwei verlassenen Gammelschiffen absieht, die hier vor sich hin rotten. Es ist toll, wieder eine so leere Ankerbucht zu haben. Das müssen wir genießen, denn so etwas findet man in der Karibik nicht allzu oft. Als der Schüttregen ein kurzes Einsehen hat, schnappen wir uns eine freie Mooring.

„Schnell noch die richtige Gastlandflagge setzen und auch erst einmal die Gelbe, denn wir müssen ja noch einchecken.“

„Schnell noch die richtige Gastlandflagge setzen und auch erst einmal die Gelbe, denn wir müssen ja noch einchecken.“

Wir sind angekommen, nur 120 sm liegen hinter uns, aber die waren doch etwas anstrengender als gedacht. Nun erst mal einen Tee und ankommen.

„Die Pirate Bay, vor der wir liegen.“

„Die Pirate Bay, vor der wir liegen.“

11° 19′ 38,5,8″ N, 060° 33′ 04,3″ W