Saint Pierre

Petit Îlets in der Baie de Fort-de-France -> Saint Pierre, Martinique
Distanz: 17,5 sm – Gesamtdistanz 2025: 3.527,6 sm

„Von der Petit Îlets in der Baie de Fort-de-France -> nach Saint Pierre“

„Von der Petit Îlets in der Baie de Fort-de-France -> nach Saint Pierre“

„Und schon liegt der Montagne Pelée voraus“

„Und schon liegt der Montagne Pelée voraus“

Das Wetter ist karibisch durchwachsen, als wir aus der Baie de Fort-de-France aufbrechen, um weiter in den Norden nach Saint Pierre zu segeln. Es bläst kräftig, was uns schnell aus der Bucht bringt. Selbst im Lee der Küste bleibt uns genug Wind, um flott nach Norden voranzukommen. Schon nach drei Stunden fällt unser Anker schon wieder südlich von Saint Pierre vor dem kleinen Strand der Anse Turin.

„Südlich vor Saint Pierre vor Anker, den Rummel um die Moorings lassen wir mal aus.“

„Südlich vor Saint Pierre vor Anker, den Rummel um die Moorings lassen wir mal aus.“

Seitdem wir den neuen Herd haben, läuft die Capitana zu neuen Höchstformen auf. So gibt es noch schnell frische Muffins zum Kaffee. Auch Kartoffelgratin, Lasagne und Lebkuchen hat es schon gegeben, nun steht auch einer eigenen Zimtschneckenproduktion nichts mehr im Weg, außer die Frage, ob wir den Teig auf dem Salontisch ausrollen sollen oder doch noch mal über eine Alternative nachdenken müssen. Begleitet wird jeder Koch- und Backvorgang von bewundernden Ausrufen wie »und man kann ihn einfach kleiner drehen« oder »einfach geil die Zündung, klick klick an« oder »er funktioniert einfach so und bleibt auch an, irre«. Es sind die kleinen Dinge des Lebens, die Freude machen, doch irgendwann muss die Frequenz der Leckereien auch mal wieder abnehmen, genauso wie der Schiffsjunge, sonst braucht er am Ende noch einen Extragurt im Flieger nach Hause.

„Kleiner Strandbesuch und ein Hallo mit seinen Bewohnern“

„Kleiner Strandbesuch und ein Hallo mit seinen Bewohnern“


Saint Pierre und der Montagne Pelée
Saint Pierre wurde 1902 vollständig durch einen Ausbruch des Vulkans Montagne Pelée zerstört. Die Tragik dieser Katastrophe ist umso schlimmer, da es schon Wochen vorher eindeutige Anzeichen gab, die allerdings nicht wirklich ernst genommen wurden. Als der Vulkan schlussendlich explorierte, wurde die gesamte Stadt Saint Pierre von einer mehrere hundert Grad heißen und fast 1.000 km/h schnellen Glutwolke sprichwörtlich hinweggefegt. Es gab nur einen einzigen Überlebenden, einen Gefangenen, der mit schwersten Verbrennungen innerhalb seiner dicken Kerkermauern überlebte. Auch die zahlreichen Schiffe, die in der Bucht von Saint Pierre ankerten, hatten keine Chance. Auch die gesamte Flotte wurde durch den Feuersturm hinweggefegt und versenkt. Noch heute sind die zahlreichen Wracks ein beliebtes Tauchziel. In Saint Pierre selbst gibt es viele Ruinen, die erhalten werden, um an die Katastrophe erinnern.

Das alles erinnert uns daran, dass die kleinen Antillen ja aus einer Kette von durchaus noch aktiven Vulkanen bestehen. Da wir in Deutschland mit Vulkanismus ja absolut nichts am Hut haben, haben wir das auch hier absolut nicht auf dem Schirm. Vor einige Tagen erhielten wir eine Tsunami-Warnung auf unsere Handys. So einen Broadcast an alle Handys, die im hiesigen Netz sind. Da stand zwar »L’exercise – L’exercise« drüber, aber hinterher fragt man sich ja doch, was man denn ohne diese Überschrift gemacht hätte. Übertrieben ist das sicher nicht, denn auch der Montagne Pelée zählt noch zu den aktiven Vulkanen der Karibik und davon gibt es noch einige. Der letzte Ausbruch eines Vulkans in der Karibik war erst im April 2021 auf St. Vincent. Nicht wirklich schlimm, aber eben ein Ausbruch. Als Segler hat man natürlich die Hurricane-Saison als Gefahr im Kopf, doch auch wenn diverse vulkanische Sperrgebiete in den Seekarten ausgewiesen sind und man auch brav um sie herumfährt, vulkanische Naturereignisse und Tsunamis gehören irgendwie nicht zu den Dingen, über die man standardmäßig nachdenkt.


„Es geht zur Stadtbesichtigung von Saint Pierre“

„Es geht zur Stadtbesichtigung von Saint Pierre“

Um das Dinghy Dock an der Pier zu vermeiden, landen wir mit unserem Dinghy gleich hinter der ersten Ecke am Strand von Saint Pierre an. Das ist einfacher und vermeidet all die Probleme mit anderen und den Gezeiten, auch wenn es nur einige zehn Zentimeter sind. Außerdem haben wir so gleich einen schönen Strandspaziergang, der etwas abseits beginnt und uns nach Saint Pierre hereinführt.

„Vor Saint Pierre gibt es ein recht großes Mooringfeld, dort wird es voller“

„Vor Saint Pierre gibt es ein recht großes Mooringfeld, dort wird es voller“

„Strandspaziergang nach Saint Pierre“

„Strandspaziergang nach Saint Pierre“

„Die Bar mit den norwegischen Bierpreisen, aber das wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.“

„Die Bar mit den norwegischen Bierpreisen, aber das wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.“

Saint Pierre ist schrabbelig und nicht mit Le Marin oder gar Fort-de-France zu vergleichen.

„Saint Pierre ist in weiten Teilen etwas »unschmuck«.“

„Saint Pierre ist in weiten Teilen etwas »unschmuck«.“

In der ganzen Stadt trifft man auf Zeitzeugen des Ausbruchs von 1902. Historische Ruinen, die den Verlauf erklären und Schicksale wieder aufleben lassen. Und hier hat sich die Grande Nation tatsächlich mal selbst übertroffen, vieles ist auch in Englisch. Ein Novum, das Schule machen sollte.

„Ruinen der Katastrophe“

„Ruinen der Katastrophe“

„Das Theater und das Gefängnis. Bzw. deren Reste.“

„Das Theater und das Gefängnis. Bzw. deren Reste.“

Die Franzosen haben großartige Informationen zu historischen Dingen oder Naturphänomenen, doch leider fällt es ihnen meist doch etwas schwer, diese in anderen Sprachen mit anderen Nationen zu teilen. Das beginnt schon beim Seefunk, wer nicht Französisch spricht, bleibt außen vor. Immerhin hatten wir neulich einen Mayday-Call, der tatsächlich vom MRCC Fort-de-France in Englisch geführt wurde. Das gibt Hoffnung, dass in einem Notfall auch andere Nationen eingebunden werden und man nicht hoffen muss, dass gerade ein Franzose in der Nähe ist, der auch helfen kann.

„Blick über die Bucht“

„Blick über die Bucht“

Wir laufen durch die Stadt und schauen uns die Ruinen des Theaters und des Gefängnisses an. Die Wucht des Feuersturms ist kaum zu ermessen. An dem Museum über der Bucht sind in einer ganzen Reihe von Tafeln die verschiedenen Wracks aufgeführt. Man kann über die Bucht gucken und es wird von deren Schicksal berichtet. Noch weit draußen in der Bucht hat es jeden erwischt und es gab keine Zeit, auch nur irgendwie zu reagieren.

„Saint Pierre am Wasser“

„Saint Pierre am Wasser“

„Durchblicke“

„Durchblicke“

„Im Zentrum die Kirche“

„Im Zentrum die Kirche“

„In der Kirche von Saint Pierre I“

„In der Kirche von Saint Pierre I“

„In der Kirche von Saint Pierre II“

„In der Kirche von Saint Pierre II“


„Der Markt und die Pier von Saint Pierre“

„Der Markt und die Pier von Saint Pierre“

Auf dem Rückweg kehren wir in eine der Strandbars ein. Exklusiv ist da etwas hoch gegriffen, zumindest, wenn man die Bar betrachtet und nicht auf die Preise schaut. Als wir vor einigen Jahren am Osloer Flughafen auf Lin gewartet haben, hatten wir die beiden teuersten Biere in unserer bisherigen Lebensgeschichte. Wir wissen nicht, wie teuer es nun ist, am Osloer Flughafen ein Bier zu trinken, aber in der Strandbar von Saint Pierre arbeitet man hart an einer Aufholjagd. Wir zahlen die 16€ für zwei 0,4l dann mit Kreditkarte und denken etwas wehmütig an die 0,5er Dosen von Leader Price. Aber der Ausblick ist schön, auch wenn die Stühle, – waren es wirklich Stühle oder eher Donnerbalken? – den Rücken schon nach dem ersten 2€-Schluck schmerzen lassen und das rechte Bein schlaff und halb eingeschlafen kurz über dem Sand baumelt und zu kribbeln beginnt.

„Der Rückweg und das Bier ...“

„Der Rückweg und das Bier …“


Zurück auf der PINCOYA werden wir von einer Hammermucke beschallt, die durchaus mit dem Karneval-Irrsinn auf Carriacou mithalten kann. Eigentlich steht am Strand nur ein französischer Kleinwagen mit geöffneten Türen, aber der scheint mit Boxen vollgestopft zu sein. Ein Raumwunder! Woher die Energie kommt, ist unklar, vielleicht ist da so eine Art portables Atomkraftwerk am Start. Die normalen Seewellen erreichen in diesem Bereich den Strand nicht mehr, denn sie werden von den Schallwellen brutal zurückgedrängt. Dadurch ergibt sich so eine Art Wellenvakuum, was etwa 500 qm vor dem Badestrand so aussehen lässt, als ob dieser Bereich mit Frischhaltefolie abgedeckt wäre. Wir sehen Fregattvögel ins Meer stürzen, weil sie sich verzweifelt ihre Flügelenden in die Ohren stopfen. Eigentlich sind es hervorragende Flugkünstler, die nun unkontrolliert ins Wasser stürzen.

Die Capitana versucht es mit »wart mal, das wird schon«, während der Schiffjunge aufstoßen muss, weil es ihm die Kohlensäure des viel zu teuren Bieres unkontrolliert aus dem Magen wummert. Um die Ankerkette herum bilden sich Vibrationskringel, wir müssen weg!!!
Samstags scheint hier so eine Art Testzone für Boomboxes zu sein. Der kleine Peugeot scheint im Takt den Bässe auf dem Strandparkplatz zu hüpfen. Wir liegen zwar noch 300 m entfernt, doch der Caraïbe-Bumbum-Rap lässt unsere Gastlandflagge gegen den Wind auswehen.

„Fluchtpunkt Le Caretin, noch etwas weiter südlich Saint Pierre“

„Fluchtpunkt Le Caretin, noch etwas weiter südlich Saint Pierre“

Also Anker auf und ab nach Süden. Nach einer Seemeile ein Horchtest! Sound aus Norden langsam erträglich, Sound aus Süden wird lauter. Noch nie haben wir unseren Ankerplatz nach diesen Kriterien ausgesucht, aber es passt!. Das nennt man auch Minimalprinzip des Soundcheckdruckwellenankerns. Stereo! Ein Ohr nach Norden und eins nach Süden. Ist das Bumbum nahezu gleichlaut, dann Anker fallen lassen. Vielleicht heben sich einige Frequenzen ja auch gegenseitig auf und es wird leise. Die Hoffnung schwindet zuletzt und treibt zugeben auch einige Blüten.

„Der Montagne Pelée“

„Der Montagne Pelée“


Unser Lüfter, der seit Wochen für frischen Wind in unserer Koje sorgt, bekommt eine neue Aufgaben. Willkommene Vibrationgeräusche überlagern das Bumbum bei geschlossener Luke. Wir können schlafen. Und wir bleiben sogar zwei Tage, auch weil am Sonntag der Samstag vorbei ist und auch die Irren eine Pause brauchen. Aber auch um ein passendes Wetterfensterchen abzuwarten, um Guadeloupe in Angriff zu nehmen.

„Unser letzter Sundowner auf Martinique (zumindest für jetzt erst einmal 😂)“

„Unser letzter Sundowner auf Martinique (zumindest für jetzt erst einmal 😂)“

Anse Turin, südlich Saint Pierre, Martinique
14° 43′ 39,3” N, 061° 10′ 56,2” W

Le Caretin, südlich Saint Pierre, Martinique
14° 42′ 59,6” N, 061° 11′ 06,1” W