Saint Martin – Açores – Tag 20 bis 22 –


Saint Martin, Karibik -> Ziel Açores; bisher: 2.328,0 sm Gesamtdistanz 2023: 5.621,9 sm

„Tag 20 bis 22“

„Tag 20 bis 22“


Tag 20, Donnerstag, 18.05.2023
Wir treiben so dahin. Grundsätzlich ist das sehr entspannend, wenn man es nicht eilig hat, sein Ziel zu erreichen. Alle Stunde gucken wir mal raus, aber viel ist nicht los. Eher gar nichts. Wir müssen uns erst einmal damit abfinden, dass unser Zeitplan, den wir im Kopf hatten, so nicht mehr funktioniert. Bis Horta sind es noch knapp 300 sm. Mit dem richtigen Wind wäre das in zweieinhalb Tagen zu schaffen. Nun haben wir aber gar keinen Wind, und wenn wir wieder welchen haben, dann kommt der auch noch genau daher, wo wir hinwollen. So werden aus den 2 1/2 Tagen wohl mal eben 5 oder sogar mehr Tage. Mit viel Glück könnten wir Montag auf den Azoren sein, wahrscheinlich wird es wohl eher Dienstag.

Gegen 2:30 kommt ein Lüftchen auf und wir beginnen wieder mit dem »aktiven Segeln«. Doch so »aktiv« ist das nun auch wieder nicht, wenn man mal von den Wenden absieht, die wir in den Atlantik zirkeln, weil der Wind gerade mal wieder so dreht, dass wir unser Ziel ganz aus den Augen verlieren. Mit dem Diesel, den wir noch haben, – der Haupttank ist inzwischen auch schon kurz vor Reserve und in den Kanistern haben wir noch zusätzlich 100 Liter – könnten wir es bei vorsichtiger Fahrt eventuell sogar unter Motor schaffen. Doch 2 1/2 Tage motoren ist noch nerviger als Flaute. Wilfried Erdmann hatte damals gar keinen Motor, weil ein Motor auf großen Distanzen gar nicht so recht weiterhilft, da der Diesel schneller weg ist, als man die x-te Flaute durchfahren kann. Also bleibt nur segeln, wozu wir ja schlussendlich auch aufgebrochen sind.

„Es beginnt ruhig ...“

„Es beginnt ruhig …“

Trotzdem nervt so eine Flaute, obwohl wir ja eigentlich gerade nichts auszuhalten haben und nur etwas Geduld aufbringen müssen. Aber mit der Geduld ist es ja doch immer so eine Sache 🤨. Eigentlich schwappen wir in einem echten Urlaubsambiente herum. Sonne, Wasser und unendliche Ruhe, nur der Strand fehlt für den Liegestuhl 😂. Einen Longdrink könnten wir uns auch machen, aber nur einen kleinen, nicht too long. Und in der Sonne ist es sogar angenehm warm. Wir sitzen draußen, lesen, klönen und basteln etwas an der PINCOYA herum. Irgendetwas fällt einem ja doch immer wieder ein. Dann ein Mittagsschläfchen und hinterher Kaffee und Kuchen. Nur dass wir eben nicht an Land in einer Ferienwohnung sind und gleich am Deich spazieren gehen können, sondern uns irgendwo auf dem Atlantik herumtreiben.

„Kleine Bastelarbeiten. Die alten Türschnappies haben ihren Geist aufgegeben.“

„Kleine Bastelarbeiten. Die alten Türschnappies haben ihren Geist aufgegeben.“

„Da wird schon mal für den Norden gestrickt. 🥶“

„Da wird schon mal für den Norden gestrickt. 🥶“

Als Segler lernt man ja ziemlich schnell, dass man sein Ziel meistens nicht auf direktem Weg erreicht. Dennoch tut man sich doch immer wieder schwer damit. Vielleicht tun wir uns auch besonders schwer damit, weil nun schon der 20ste Seetag in unserem Kielwasser liegt. Irgendwann möchte man ja auch mal ankommen. Doch den ganzen Tag kommen wir nicht über 3 kn Fahrt hinaus. Das Ganze kann sich also noch etwas hinziehen. Wenn es einem gelingt, das Ankommen herunter zu priorisieren, ist dieser Modus eigentlich dennoch ganz schön.


Der Tag vergeht mit einem Wechselspiel unterhalb von 8 kn Wind. Wenn man der neuen Wettervorhersage glaubt, wird es in Varianten bei dem Nordost bleiben. Bis Freitagmittag werden wir wohl eher nach Südosten gehen, um dann einen Schlag nach Norden zu machen. Etwas zunehmen soll es nach Osten auch, aber da schauen wir mal, bisher kam doch fast alles immer anders, als es uns so vorhergesagt wurde.

„Still ruht die See ...“

„Still ruht die See …“

Es sieht aber nicht danach aus, dass wir uns wieder über die Nacht herumtreiben lassen müssen, wahrscheinlich bleibt uns ein leichter Wind erhalten. Spannend ist nur die Richtung, ebenso wie die des Stroms, der gerade dabei ist, sich gierig noch einen Knoten unserer kleinen Fahrt einzuverleiben. Doch egal, wir geben ja gern 😂 und vielleicht überlegt er sich das ja auch noch mal anders.

Von unseren frischen Vorräten sind nur noch ein Weißkohl, ein Sack Zwiebeln und zwei Knoblauch übrig geblieben. Alles andere ist aber noch ausreichend da und wenn’s mal länger dauert, dann gibt es morgen zum Trost noch einen Kuchen. Nur der Pfefferminztee geht langsam aus ☹️, und wie der Schiffsjunge seine Nachtwachen ohne Pfefferminztee hinkriegen soll, weiß er auch noch nicht 🧐. Die Aussicht, wegen dieses eklatanten Mangels von der Chefin Nachtwachenfrei zu bekommen, sind allerdings gering. Aber was ist das? Upps, brüllende 6 kn Wind, da muss ich mal schnell rausgehen und gucken. Nun ist die volle Aufmerksamkeit des Schiffsjungen gefragt. 😂

„Diese Pastellfarbenspiele sind unglaublich.“

„Diese Pastellfarbenspiele sind unglaublich.“


Um 23:59 loggen wir unser 19. Etmal mit 78,0 sm. 257,0 sm to go. Das Etmal zeigt ganz gut, wie schwierig es ist voranzukommen. Und wenn man dann unseren Kurs sieht, den wir heute in den Atlantik gekringelt haben, dann ist klar, dass »zielgerichtet« eigentlich anders geht.


Tag 21, Freitag, 19.05.2023
Nach einer Mitternachtswende läuft es besser. Kurs »mehr oder weniger Nord«. Wer hätte das gedacht, auch die Wellen kommen angenehmer rein. Doch dann setzt wieder dieser Gegenstrom ein. Bei 4 bis 7 kn Wind und einem Gegenstrom von einem Knoten, gelingt uns das Aufkreuzen nur mäßig. Heading 10° und COG 340°. Das sind Zahlen des Grauens, wenn es ums Aufkreuzen geht.

Ab 9:30 sind wir auf unserem bisher längsten Trip. Von den Kapverden nach Martinique waren es 2.149 sm. Die 2.150ste haben wir nun gerade hinter uns gelassen. Immerhin sind wir noch etwa 12h schneller als auf unserer Hinfahrt in die Karibik mit gebrochenem Want. Das ist ja auch schon mal was. So sucht man sich die Highlights, wo sie zu finden sind.

„Eine ganze Menge Weg liegt da schon hinter uns.“

„Eine ganze Menge Weg liegt da schon hinter uns.“

Ein Winddreher folgt dem nächsten. Beinahe hätte ich »jagt« geschrieben, aber davon kann nicht wirklich die Rede sein. All die Wendungen muten etwas unmotiviert an, denn eine Tendenz ist kaum zu erkennen. Windtechnisch leben wir wieder einmal von der Hand in den Mund. Um 12:00 geht gar nichts mehr. Obwohl wir es eigentlich nicht wollen, versuchen wir doch, unter Motor dem Wind entgegenzufahren. Eigentlich sollte es schon etwas zugenommen haben, aber leider stimmt die Vorhersage wieder nicht mit den lokalen Gegebenheiten überein.
In meinen Notizen steht es so in Klartext, wie es sich anfühlt und eigentlich nicht in den Blog gehört. »Es nervt, nervt und nervt! Was für eine Scheiße!!!«


Seit über einer Woche haben wir schon keinen einzigen Segler mehr gesehen. Kurz nach unserer ersten Treibgut-Aktion durch die Nacht haben wir noch auf AIS einen Franzosen gesehen. Seitdem nichts mehr. Nicht einen einzigen. Wir sind echt gespannt, wen wir in Horta wiedersehen. Vielleicht sind die auch schon alle da und prosten sich zu und nur wir haben es irgendwie versemmelt.

„Dann kreuzt eine Pilotwal Mama mit ihrem Sprösslinge unseren Weg.“

„Dann kreuzt eine Pilotwal Mama mit ihrem Sprösslinge unseren Weg.“

„Das sind die wirklichen Highlight so einer Tour.“

„Das sind die wirklichen Highlight so einer Tour.“


Dann kommt etwas Wind auf. Mit Groß und Genua gehen wir so hoch ran, wie es geht und auch noch fährt. 10 bis 15 kn wahrer Wind machen hoch am Wind bis zu 18 kn in den Segeln. Wir reffen etwas ein, liegen aber trotzdem noch ordentlich auf der Backe. Die Wellen sind ungünstig bis ungemütlich. Aber es fährt wieder.
Ab 20:50 sind wir nun auch auf unserem zeitlich längsten Törn. 21 Tage und es werden noch einige folgen.

„Die nächste Nacht kommt...“

„Die nächste Nacht kommt…“

Mitten in der Nacht plötzlich AIS Alarm. Die Celsius Monaco kommt uns bis auf unter eine Seemeile nahe. Alle anderen Frachter haben bisher etwas mehr Raum gelassen. Nun ist eine Seemeile Abstand noch vollkommen ok, doch wir machen lieber mal die Reinhard-Leuchte an, um besser gesehen zu werden. Und plötzlich ruft uns Celsius Monaco an. Sailing vessel PINCOYA zero six please. Ok zero six, was gibt’s. Er wolle nur mal fragen, ob bei uns alles ok ist, denn er würde da so ein Flashlight sehen. Wow, so viel Umsicht und Fürsorge hatten wir auch noch nie. Ich erkläre ihm, warum wir blitzen. Ja, er sieht uns gut und wird in einem sicheren Abstand hinter uns durchfahren. Have a good watch. Thank you, have a good watch, one six.


Insgesamt geht es wind- und wellentechnisch lebhaft weiter. Manchmal ist es etwas viel für unsere Beseglung, besonders unter Wolken. Aber das sind nur mal 20 Minuten, die wirklich rau sind. Danach geht es wieder, obwohl unsere Richtung alles ist, aber nicht optimal. Doch wir machen wenigstens etwas Nord, den brauchen wir auch, um dann mit dem Südostkurs hinzukommen.

Um 23:59 loggen wir unser 20. Etmal mit 98,0 sm. 213 sm to go. Nun ja, dieses Etmal hat schon mal 20 sm mehr als das von gestern, aber nach 98 sm sind wir unserem Ziel auch nur 44 sm näher gekommen. So ist das in der Flaute und dann auf der Kreuz. Im Übrigen glauben ja alle Landratten, dass der Segler deswegen davon spricht, »auf der Kreuz« zu sein, weil er ja immer zicke zacke hin und her segelt und seine Kurse sich kreuzen, weil er nicht vorankommt. Aber das ist gar nicht so, denn es ist schlicht ein Kreuz, gegen den Wind segeln zu müssen, woher der wirkliche Name für dieses ganze Theater kommt.

Ähnlich verhält es sich im Übrigen auch mit dem Wort »Etmal«. Da gibt es englische und auch lateinische Herleitungen, und auch die Franzosen haben es sich nicht nehmen lassen, ihre französische Version dazu beizusteuern. Aber alle sind falsch und erfunden, denn die Wahrheit liegt ganz woanders. Als Captain Cook damals zu seiner zweiten Expedition aufbrechen wollte, suchte er noch einen Logbuchschreiber, auf den er sich verlassen konnte und der nicht durch Wagemut und Abenteuerlust glänzte, sondern durch seine Gründlichkeit und sein Pflichtbewusstsein. So eine blasse Type mit Ärmelschonern eben. Er wusste nämlich, wie wichtig es war, seine ganze Route detailliert zu dokumentieren, denn erstens wiegt ein König detaillierte Informationen gewöhnlich mit Gold und einigen Titeln auf, aber er erinnerte sich auch nur zu gut, dass er England nach seiner ersten Expedition nur deswegen wiedergefunden hatte, weil er konsequent jedem schlechten Wetter gefolgt war. Hätte er detaillierte Aufzeichnungen gehabt, hätte er gezielter navigieren können. So suchte Captain Cook einen zuverlässigen Logbuchschreiber und dachte da an einen deutschen Finanzbeamten. Aber seine Anfragen an sämtlichen deutschen Höfen wurden abschlägig beurteilt. Da ergab es sich, dass er von einem Berliner hörte, der zu der Zeit seiner Abreise aus Plymouth gerade in London weilte, um das Nachtleben von Soho zu studieren. Es war zwar kein Finanzbeamter, aber immerhin ein Deutscher und dann auch noch aus Berlin. Also wurde dieser Berliner kurzerhand shanghait und erfuhr erst auf hoher See von seinem Glück, sich der Buchführung widmen zu müssen und nicht etwa in den Mast an die Segel zu müssen. Da er nicht schwindelfrei war, wäre das sein sicherer Tod gewesen. Und ob dieser günstigen Wendung widmete er sich über viele Jahre voller Hingabe der Logbuchführung. Und eben dieser Berliner pflegte zu sagen: »Mister Cook, kuck ma, wenn et mal richtig jut läuft, dann jeht’s och voran!” Das hörte Herr Cook nicht nur einmal, denn Mister Cook war ein guter Segler. Und seitdem heißt der Tagesschnitt bei Seglern eben kurz »Etmal«!


Tag 22, Samstag, 20.05.2023
Die Nächte sind inzwischen wieder richtig kalt geworden. Die Barfußroute liegt weit hinter uns. Wir sind nun definitiv wieder auf der Faserpelzroute. Obwohl es uns in der Karibik ja doch oft und gerade auch nachts zu warm und auch zu schwül war, – die Wärme hatte schon was. Das kann man nicht anders sagen. Gerade beim Segeln konnte man einfach mal in T-Shirt, kurzer Hose und eben barfuß im Cockpit sitzen. Und das nicht nur tagsüber, sondern eben auch nachts, sofern es nicht regnete 🙄. Das geht nun definitiv nicht mehr und wir beschränken unsere Cockpitsitzungen auf die Zeit, wenn die Sonne auch wirklich ins Cockpit scheint. Deswegen haben wir ja auch das Bimini eingerollt, um wenigstens diese Sonnenstunden im Cockpit zu haben.
Ab Sonnenuntergang fahren wir nun wieder konsequent mit geschlossenem Decksalon. Die Fenster sind groß genug, wir sitzen oben und zusammen mit AIS reicht der Blick von innen voll und ganz. Ab und an halten wir auch draußen mal Ausschau. Meist sehen wir aber sowieso nichts, weil hier kaum einer herumfährt. Doch das ändert sich gerade, je näher wir den Azoren kommen. Hier geht eine der Hauptschifffahrtsrouten entlang. Das sieht man auch am Wasser, hier schwimmt deutlich mehr Müll herum.

„Na? Welches Wetter liegt voraus?“

„Na? Welches Wetter liegt voraus?“

Das Azorenwetter kennen wir ja schon vom letzten Jahr. Da machen wir uns nicht allzu große Hoffnungen. Was allerdings wirklich toll ist, ist, dass die Tage nun wieder deutlich länger werden, je weiter wir in den Norden kommen. Und darauf freuen wir uns tatsächlich sehr. Auf diese langen Sommertage mit den langen Dämmerungen und diesem weichen Licht. In der Karibik wird ja ganzjährig einfach nach 12 Stunden der Schalter umgelegt und wumms ist es wieder für 12 Stunden dunkel. Einem norddeutschen Seelchen fehlen schon diese Sommernächte.


Dann schnell eine Wende. Hurra, Kurs Horta liegt an. Der Spaß dauert allerdings nur eine Stunde, dann geht es genauso weiter wie zuvor. Es ist fast egal, in welcher Richtung wir fahren, die Wellen krachen immer ziemlich brutal in uns hinein. Der Nordkurs ist dennoch etwas besser, auch deswegen fahren wir wieder Kurs Nord. Nicht nur weil in der anderen Richtung gerade die Kapverden anliegen. Es ist zum … 🙄 !

„Immer hart dran ..“

„Immer hart dran ..“

Am Donnerstag um 0:00 hatten wir noch 305 sm bis Horta, nun – 2 Tage und 8 Stunden später – sind es noch 205 sm. Die Ausbeute von 56 Stunden ist nicht so wirklich üppig.
Ab Mittag wird es etwas ruhiger und auch die Wellen scheinen etwas kleiner geworden zu sein. Der Wind, den wir haben, hat mit den blöden Wellen nichts zu tun. Die kommen aus dem Windfeld weiter im Osten. Deswegen passt das auch alles gar nicht so recht zusammen und der Gegenstrom macht dem, was dann gerade noch so geht, zuverlässig den restlichen Garaus.


Es gibt anscheinend eine eiserne Regel …
»Keine Überfahrt ohne Überraschungen und Reparaturen!«
Irgendwann im Laufe des Tages stirbt unsere Frischwasserpumpe. Wir haben wohl nicht rechtzeitig gehört, dass sie aufgrund der Lage Luft zieht und im Dauerlauf ist. Das hat dann wohl die Pumpenmembran zerbröselt. Sie pumpt zwar noch eifrig, aber es kommt kein Wasser mehr. Doch kurz nachdem wir die PINCOYA gekauft hatten, hat die Capitana darauf bestanden, dass wir eine Ersatzfrischwasserpumpe kaufen, weil die alte ja schon 16 oder 17 Jahre auf dem Buckel hatte. Nun hat sie nach 28 Jahren tatsächlich ihren Geist aufgegeben. woran wir allerdings wohl auch nicht ganz unschuldig sind. Doch wir fahren ja seit 11 Jahren diese Ersatzpumpe spazieren. Der provisorische Einbau geht schnell, auch wenn es uns schon reichlich durchschaukelt. Wären wir nicht schon Monate unterwegs, hätten wir wohl mehrmals über der Reling gehangen. Nach einer Stunde läuft das Wasser wieder.

„Einbau der neuen Frischwasserpumpe.“

„Einbau der neuen Frischwasserpumpe.“

Eine andere Sache macht uns allerdings mehr Sorgen, weil wir noch nicht wissen, wie weitreichend der Schaden ist. Am Mastkabel für unsere Funke ist oberhalb des Steckers der Decksdurchführung die Isolierung auf wenigstens 4 cm aufgeplatzt und weggebröselt. Ins Kabel konnte Seewasser eindringen und hat dort für einen Kurzschluss gesorgt. Bemerkt haben wir das, als wir einen Frachter bitten wollten, etwas mehr Abstand zu halten. Nun ist zwar die Ursache klar, warum uns über das Hauptgerät keiner mehr hört, aber wir wissen noch nicht, wie weit sich der Schaden im Kabel fortsetzt. Wir haben zwar etwa 25 cm Luft im Kabel drin, aber vielleicht reicht das gar nicht. Dann müssten wir das Mastkabel austauschen, was schon sehr ärgerlich wäre.
Wie eine Isolierung so wegbröseln kann, ist uns nicht ganz klar. Nach der Reparatur werden wir sicher einen Schlauch als UV-Schutz darüber ziehen.


Zwischendurch versuchen wir noch einmal etwas Ost zu machen, aber der Kurs ist echt eine Katastrophe. Unsere dicke Erna kracht ein ums andere Mal so in die Wellen, dass das Geschirr in den Schapps scheppert. Wir halten es eine Weile aus, aber so geht das überhaupt nicht. Nicht für die PINCOYA und auch nicht für uns. Also zurück auf unseren Nordkurs.
Einiges an Nord müssen wir eh noch machen, dann können wir das auch noch vor dem Ost machen, von dem wir auch noch jede Menge brauchen. Etwas Ost wäre nur psychologisch schön gewesen.
Uns würde wirklich mal interessieren, wie Katamarane mit solchen Bedingungen klarkommen. Seit Tagen um die 40° am Wind, erst mit sehr wenig Wind und nun mit etwas mehr. Wenn man sich die großräumigen Wettervorhersagen so ansieht, schlechter hätte es die ARC Europe gar nicht treffen können, die nun von den Bermudas zu 1.800 sm Ostkurs aufbricht. Na danke, uns reichen unsere 300 schon voll und ganz.
Unser Kurs nach Norden wird aber dennoch zusehends ruhiger. Nur noch ab und zu haut so ein Wellenquerschläger noch mal richtig rein. Aber ansonsten läuft es.

Um 23:59 loggen wir unser 21. Etmal mit 112,0 sm. 177,0 sm to go.

Eigentlich sollte der siebte Blog auch der letzte dieser Überfahrt sein, aber nun wollen immer noch 177 sm gesegelt werden. Es sieht ganz danach aus, dass wir zum nächsten Wachwechsel auf Kurs Ost gehen können und dass daraus dann auch ein Kurs Horta wird, sofern der Wind so dreht wie vorhergesagt. Und deswegen ist dieser Blog nun nicht der finale Blog, sondern sozusagen pre-final, also der »fast-schon-da,-aber-eben-noch-nicht-ganz-Blog«.

Unsere Position am 20.05 um 23:59
38° 45′ 11,3″ N, 032° 22′ 54,1″ W