Es ist bitterkalt und unser zweites Bastelwochenende steht vor der Tür. Wir haben den Freitag und Montag dazu genommen, damit wir etwas mehr schaffen. So stehen uns 4 Tage Bastelei in der Kälte bevor. Die PINCOYA steht zwar in der Halle, aber 2 Grad Halle machen zu 0 Grad draußen auch keinen echten Unterschied mehr.
Kollegen, Freunde und Familie, egal wer, alle halten uns ausnahmslos für völlig bekloppt. Betrachtet man das mit etwas Abstand, müssen wir zugeben, dass da durchaus etwas dran sein könnte. Unsere Erklärungsversuche fruchten nicht, vielleicht sind wir selbst nicht richtig überzeugend. Würden wir nicht so stur und starrköpfig an unserem Krantermin Ende März festhalten, würden wir jetzt ganz sicher eine passende Ausrede für uns finden.
Es ist aber auch wirklich wie verhext! Zur traditionellen Grünkohlwanderung vor 2 Wochen war fast T-Shirt-Wetter, und nun überschlagen sich die Meteorologen im Freudentaumel, den nahenden Wintereinbruch zu verkünden. Hosianna! In Burg auf Fehmarn klettert die Höchstemperatur auf satte 1°C und nachts herrscht elender Frost. Das alles wird garniert mit Schnee- und Graupelschauern bei einem erbärmlichen Nordwest, der die gefühlte Temperatur auf Nowosibirsk-Niveau schrumpfen lässt.
Freitag früh brechen wir im dicken Schneeregen auf. Die Felder neben der Autobahn sind weißgrau und wir klammern uns an den heißen Kaffee aus dem letzten Mc-Drive kurz vor der Autobahn.
Unsere diesjährige Arbeitsliste ist lang und am 28.03. wollen wir auf jeden Fall wieder ins Wasser. Also müssen wir ran, egal wie saukalt es ist. In diesem Winter haben wir drei große “Es-geht-kein-Weg-drum-herum-Themen”. Die geben den Takt vor. Die neue Ankerwinde, das neue Seeventil für’s Klo und der Separ-Doppelfilter für den Diesel. Daneben gibt es einige Instandhaltungsmaßnahmen, die nun auch mal notwendig sind. Immerhin feiert die PINCOYA dieses Jahr ihren 20zigsten Geburtstag. Da ist der Lack zwar noch lange nicht ab, aber die Bugkoje und das Bad können ein Refresh gebrauchen.
Die Geschichte mit dem Seeventil für’s Klo ist ärgerlich. Vor 5 Jahren haben wir es tauschen lassen, aber man hat uns billigen Mist eingebaut. Zu der Zeit haben wir uns noch nicht an alles rangetraut und waren noch der Meinung, dass Profis es immer besser machen als wir. Nun ist es vergammelt und bewegt sich kein Stück mehr. Ein Lehrstück zu dem Artikel „Borddurchlässe“ aus der Palstek 4/13. Wenn man so einen Artikel liest, dann ist das ja wie von Krankheiten anderer zu hören. Klar, das ist alles schlimm, aber bei uns ist ja Gott sei Dank alles in Ordnung! Und etwas schulmeisterlich hören sich solche Artikel ja sowieso immer an. Man kann sich ja auch Probleme zusammenreden. Und dann bewegt sich so ein Ventil nur noch eingeschränkt, bis es sich gar nicht mehr bewegen will. Da scheint sich dann etwas verklemmt zu haben, aber beim Krantermin für’s Winterlager ist auch mit Taschenlampe von außen nichts zu entdecken. Danach kramt man zuhause den Artikel heraus, denkt, “…. hmmm ja…”, und beginnt, Ersatzteile zu suchen.
Das Internet ist ja für Yachtbastler ein wunderbarer und großartiger Segen. Anders kann man es nun wirklich nicht sagen. Nicht nur alle namhaften und weniger namhaften Schiffsausrüster liegen dort nur einen Klick auseinander, sondern auch so viele andere Lieferanten und industrielle Hersteller, auf deren Web-Seiten ganz oben nicht “Segelzubehör” steht und bei denen man deswegen oft so viele Euros sparen kann.
Das Internet hilft uns nicht nur, viel Geld zu sparen, es macht auch das Vergleichen einfach. So suchen wir nach Seeventilen, die ausdrücklich als „seewasserbeständig“ (CR corrosions resistent) gekennzeichnet sind. Der Artikel aus der Palstek ist echt eine große Hilfe, zusammengefasst werden dort sogar die verschiedenen Legierungen aufgeführt, die ärgerfreien Seeventilspass für die kommenden Jahrzehnte versprechen. Allerdings bietet kaum einer der Yachtausrüster Kugelkopfventile mit ausdrücklicher Klassifizierung der Seewasserbeständigkeit, geschweige denn mit Angabe der Legierung an. Wir sind einigermaßen ernüchtert. Völlig unverständlich bleibt uns dabei, warum ein namhafter Ausrüster zwar Kugelventile mit ausdrücklicher Seewasserklassifizierung und Materialangabe anpreist, aber die ebenfalls notwendigen Fittinge, Bögen und Schlauchtüllen aus irgendwelchen fragwürdigen Materialien ohne jede Angabe bestehen. Warum ist es so schwer, wenn man als Zubehörlieferant schon die Notwendigkeit von Seewasserbeständigkeit verstanden hat, auch gleich alle Teile aus eben diesen Materialien anzubieten. Das ist einfach nur ärgerlich und schlampig. Die wirklich einzige (!) rühmliche Ausnahme ist Toplicht aus Hamburg und dort haben wir dann auch bestellt.
Das Tauschen von Seeventilen ist an und für sich einfach und gar nicht so schlimm. Das Verlegen von neuen Sanitärschläuchen, speziell bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, ist die Höchststrafe in der Yachtbastelei. Da poliert man freiwillig schon lieber eine 60 Fuss Yacht im Dauerregen.
Wenn das Messer in der Nutella abzubrechen droht und die Nussnugatcreme die Konsistenz von Blockschokolade hat, dann ist definitiv kein Wetter für Sanitärschlauchbastelei. Dies ist ein einfacher Test, den man schon vorher auf dem heimischen Balkon ganz leicht selbst machen kann.
Trotzdem haben wir beschlossen, weil wir ja gerade so praktisch „in der Sanitärschlauchecke“ am Basteln sind, auch noch gleich einen Schwanenhals für das Klospülwasser zu legen. Warum der seinerzeit werftseitig nicht gelegt wurde, wissen wir nicht, aber Sinn macht so ein Schwanenhals ja schon. Also machen wir das nun selbst. Und wenn wir dort sowieso gerade am Seewasserzulauf sind, dann… ja dann, dann bauen wir eben noch schnell eine Deckwaschpumpe und eine Seewasserfußpumpe in der Pantry ein. Das wollten wir sowieso schon länger haben und nun ist die Gelegenheit günstig. So läppert sich peu à peu ein ganz ansehnlicher Haufen Arbeit zusammen. Verstehen muss man das alles nicht, denn wir fahren ja auch mit Begeisterung für vier Tage in eine 0 Grad warme Halle, nur um echten unverfälschten Bastelspass zu haben.