Wir basteln uns warm…

Der Heizlüfter bringt im Schiff gerade so viel Wärme, dass wir die magischen 7 Grad zum Lackieren erreichen. So widmet sich Astrid der Bugkoje. Vor Weihnachten hat das Holz von ihr schon eine Lackschicht erhalten und nun folgt die zweite. So sitzt Astrid in meditationsverdächtigem Schneidersitz in der Bugkoje und schnüffelt Dämpfe, die das Orakel von Delphi zu historischen Höchstleistungen getrieben hätten, während sie mit sphärischer Eurythmik die Rolle über das Holz schweben lässt. Eines kann ich an dieser Stelle aber schon verraten: obwohl ich Astrid auf dem Höhepunkt ihrer Weissagungsmöglichkeiten die Lottozahlen für’s Wochenende entlocken konnte, müssen wir nach wie vor arbeiten. Vielleicht war es nicht ganz die richtige Lacksorte, so genau war das nicht mehr herauszufinden.

„Lacki Astrid rollt schneller, als Lucky Luke zieht."

„Lacki Astrid rollt schneller, als Lucky Luke zieht."

Dessen ungeachtet stürze ich mich kopfüber in den Motorraum. Dort wartet die zweite der vier Großbaustellen auf mich. Um dem Separ-Doppeldieselfilter Platz zu verschaffen, muss der Kühlwasserfilter des Motors auf die andere Seite. An unserem Bastelwochenende vor Weihnachten ging die Filterverlagerung auch solange gut, bis sich das Seeventil hartnäckig weigerte, sich zu lösen. Eigentlich sah zu diesem Zeitpunkt alles schon recht gut aus, aber wenn der Kühlwasserfilter auf die andere Seite wandert, dann muss auch die Schlauchtülle auf dem Seeventil in die andere Richtung gucken. Das wollte sie aber partout nicht tun und sie ließ sich auch mit nichts dazu überreden. So haben wir für dieses Wochenende etwas ganz Besonderes zum Überreden mitgebracht! Zwei 40mm Engländer! Höchstwahrscheinlich werden wir die beiden kaum noch ein zweites Mal brauchen, aber heute ist Überredungstag und danach kann Astrid die beiden noch gut als Selbstverteidigungsunterstützer beim Landgang in dubiosen Häfen nutzen.

„Alles abgebaut, aber das blöde Seeventil guckt noch verschämt nach links.“

„Alles abgebaut, aber das blöde Seeventil guckt noch verschämt nach links.“

Allerdings zeigt sich das Seeventil hartnäckiger, als wahrscheinlich ein möglicher Angreifer. Es bewegt sich ums Verrecken nicht einen Millimeter. In mir keimt der Gedanken an rohe und nackte Gewalt auf. Dem widerspenstigen Seeventil werde ich es schon zeigen. Aber manchmal hilft auch nachdenken und ich erinnere mich an unser Wunderwerkzeug. Wenn uns jemand vor 10 Jahren erzählt hätte, dass neben einem Akku-Schrauber ein Heißluftfön das meist genutzte Werkzeug auf unserem Schiff sein wird, hätten wir ihn für etwas durchgedreht gehalten. Aber seit vielen Jahren ist eben dieser Heißluftfön neben dem Akku-Schrauber das einzige elektrische Werkzeug, was uns an Bord immer begleitet.
So erwärme ich das Seeventil und die Schlauchtülle vorsichtig von allen Seiten. Im Winter hat das auch gleich den Vorteil, dass man immer etwas warme Luft für die eiskalten Hände abzweigen kann. Als das Seeventil dann rundherum schön warm ist, tun die beiden groben Engländer fast zärtlich ihre Arbeit. Der Rest ist ein Kinderspiel. Schnell ist das Seeventile wieder richtig herum eingebaut und der Doppeltfilter an seinem neuen Platz montiert. Nun fehlen nur noch eine neue Wandhalterung für den Kühlwasserfilter und die neuen Diesel- und Kühlwasserschläuche. Das kommt dann zum nächsten Bastelwochenende, dann ist hier alles fertig.

„So soll es sein. Der Doppelfilter an seinem Platz. Endlich.“

„So soll es sein. Der Doppelfilter an seinem Platz. Endlich.“

Die erste Runde in der Disziplin “Zweikampf mit Sanitärschlauch” geht an den Sanitärschlauch. Astrid hat aufrichtiges Mitleid und fragt mehrmals, ob sie irgendwie helfen kann. Dies würde ihr aber nur gelingen, wenn sie, bevor ich mich kopfüber mit Armen und Brust in den Waschschrank zwänge, ihrerseits darin schon vorher verschwindet. Bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt hat so ein Sanitärschlauch die Flexibilität eines Stahlträgers und ist auch mit Heißluftfönunterstützung nicht von dem Y-Stück herunterzubekommen. Dort muss er aber runter, weil das neue Seeventil größer ist und die Schlauchtülle nun mit 45° in Flussrichtung zeigt. Der Schlauch muss anders, eben höher verlegt werden. Er muss über den anderen Schläuchen liegen. Biegen, Drücken und Drehen hilft da nichts, der Schlauch ist flexibel wie ein Laternenpfahl.
Inzwischen steckt Astrid über mir im Wandschrank und ich unter ihr im Waschtisch. Der Astrid zerrt in der dritten Runde am Y-Stück und ich unten am Schlauch. In der vierten Runde wechseln wir. Die 2° im Schiff fühlen sich inzwischen an wie 25°. Das Ringen mit dem Sanitärschlauch erfordert alle Kräfte. Sweatshirt und Pullover fliegen in die Ecke und der Kampf tobt mit unverminderter Härte weiter. Dann ein erstes Rucken am Y-Stück. Kein Zweifel, es war deutlich zu spüren. Der Schlauch zeigt Schwächen. Schnell noch etwas Heißluftfön und ein vorsichtiger Schnitt dort, wo der Schlauch auf der Tülle sitzt. Zuviel schneiden dürfen wir nicht, sonst wird er zu kurz und das würde ich heute nervlich nicht mehr verkraften. In der fünften Runde können wir den Kampf für uns entscheiden. Mit einem Ruck rutscht der Sanitärschlauch vom Y-Stück runter und ich haue mit dem kalten Daumen auf die sehr unnachgiebige Schrankrückwand. Sch…., egal, Hauptsache, er ist ab.

„Kloventil, Schwanenhals für die Spülung und sehr wenig Platz.“

„Kloventil, Schwanenhals für die Spülung und sehr wenig Platz.“

Man gut, dass wir unser Bastelwochenende mit dem Freitag und auch dem Montag verlängert haben. Alles dauert doch immer viel länger, als wir eigentlich wahr haben möchten. Egal wie gut wir uns zuhause alles überlegen und anhand der Notizen vom letzten Mal vorbereiten, irgendetwas ist doch immer wieder anders oder passt nicht so, wie gedacht. Es ist echt schwierig, in Hannover ein Bastelwochenende auf Fehmarn richtig gut vorzubereiten. So passt das zuhause vormontierte Seeventil für’s Klo natürlich nicht auf Anhieb. Obwohl ich alles so schön gemessen hatte, hat sich die Schlauchtülle ganz offensichtlich dann doch noch mal nachts klammheimlich verdreht. Das ist hinterhältig, solche Spontanveränderungen geschehen aber immer wieder und rauben mir die Nerven. Jetzt guckt der Schlauchanschluss jedenfalls in die falsche Richtung. Also wieder Heißluftfön, alles demontieren und wieder neu und dann richtig zusammensetzen und ausrichten. Die Montage des Schwanenhalses für die Spülung und den Zulauf für die Deckwasch- und die Fußpumpe in der Pantry geht schnell, nachdem wir uns ein passendes Eckchen ausgeguckt haben. Der Wasserfilter für die Pumpen verschwindet hinter dem Wandschrank im Bad oberhalb der Wasserlinie und bekommt eine Revisionsklappe. Bei der Wiedermontage ist der Sanitärschlauch zwar etwas zickig, aber das ist kein Vergleich zu dem Theater, den er bei der Demontage gemacht hat.

Alles in allem sind wir dann Sonntagabend mit der Sanitärecke bis auf einige Kleinigkeiten fertig. Der Wasserfilter für die Pumpen muss noch befestigt werden und die Pumpen müssen noch gekauft und eingebaut werden. Aber das ist alles nicht so schlimm, wie das, was gerade hinter uns liegt. Und…. es muss noch alles dicht sein, aber das sehen wir dann am 28.03. …