Bremerhaven -> Lauwersoog


Bremerhaven (D) -> Lauwersmeer (NL)
Distanz: 119,0 sm Gesamtdistanz 2024: 232,6 sm

Nach 7 1/2 Monaten Landleben sind wir vor unserem ersten Schlag schon etwas nervös. Die beiden allerersten Transitschläge nach Bremerhaven zählen da nicht so richtig, denn nun soll es ja wirklich losgehen. Doch so einfach scheint uns Deutschland nun doch nicht loslassen zu wollen. Seit mehr als einer Woche muckert einer meiner Backenzähne herum, aber der Zahnarzt konnte trotz Röntgenaufnahme nichts finden. Und nun hat es in der Schleuse des Neuen Hafens eine Havarie gegeben. Erst wurde der Schleusenbetrieb ganz ausgesetzt und nun kann +/- 1,5 Stunden zu Hochwasser nicht mehr geschleust werden, weil sonst der eine Schwimmsteg absäuft. Außerdem meint ECMWF, dass sich das Tief aus dem Ärmelkanal richtig böse verstärken soll, was unseren Plan, über Nacht bis nach Lauwersoog zu kommen, nach hinten eine echte Deadline setzt. Das Ostwind-Wetterfenster, auf das wir all unsere Hoffnungen gesetzt haben, wird nun vorn durch die Schleusenhavarie kleiner und hinten durch das blöde Tief. Es ist zum Mäusemelken! Wir sind gespannt, wann wir mal wieder von einem entspannten Segeltag berichten können. Im Augenblick holpert es noch etwas im Segelsystem.


Am Montag ist um 8:08 Hochwasser. Die Option »noch einmal Zahnarzt« opfern wir dem Wetterfenster und der Aussicht auf Ostwind ab Mittag. Es kommt selten genug vor, dass man aus Bremerhaven nicht nur gut wegkommt, sondern auch noch die Aussicht hat, unter Segeln nach Westen voranzukommen. Mit dem Plan, mit dem ersten ablaufenden Hochwasser rauszugehen, sind wir allerdings nicht allein, denn heute passen Wind und Wetter mal für alle. Egal, ob man in die Elbe, nach Helgoland oder wie wir nach Westen will. Ab 6:30 meldet sich die Schleuse regelmäßig mit einem Sammelruf auf Kanal 69. Alle sollen mal schön geduldig bleiben, so gegen 9:30 würde es dann bestimmt mit dem Schleusen weitergehen.

„Endlich geht's los. Es waren immerhin noch einmal 4 Wochen Bremerhaven.“

„Endlich geht's los. Es waren immerhin noch einmal 4 Wochen Bremerhaven.“

Die Option, schon kurz nach 6:00 rauszugehen, haben wir verworfen, weil wir sonst zu früh bei Wangerooge nach Westen hätten abbiegen müssen und der Wind erst am frühen Nachmittag auf Ost drehen soll. Der Kompromiss aus ablaufendem Hochwasser und Winddrehung über Nord gegen Mittag hätte mit einem Start um 8:00 noch am besten gepasst. Es sind ja immerhin fast 30 sm bis ans Eck, und die wollen selbst mit einem kräftigen ablaufenden Hochwasser auch erst einmal gesegelt werden.

Um 9:15 kommt der erlösende Sammelruf von der Schleuse und mit einem Mal ist Leben in der Marina. Fast zeitgleich werden ungefähr 20 Motoren gestartet und aus jeder Boxengasse reiht sich nicht nur ein Segler oder Motorbootfahrer in den Strom der Aufbrechenden ein.

„Vollgestopft!“

„Vollgestopft!“

Wir liegen eher etwas hinten und rechnen nicht mehr damit, in der ersten Schleusung dabei zu sein. Aber ein Schiff nach dem anderen verschwindet in der Schleuse. Wir fahren als 12te ein und hinter uns wird noch ein letzter Segler reingequescht. Alle fassen mit an, drücken und schieben, aber dann ist die Scheune auch wirklich voll. Wir hätten nie gedacht, dass 13 Schiffe in das kleine Schleusenbecken passen. Die Dreier- und Viererpäckchen reichen von der einen zur anderen Seite. Die Schleusung selbst geht schnell, es herrscht ja fast Gleichstand. Dann löst sich das Schleusenpäckchen ebenso schnell wieder auf und es geht raus auf die Weser. Wir fackeln nicht lange, setzen Groß und Genua und schon geht die wilde Fahrt los. Das ablaufende Hochwasser macht schon ordentlich mit.


„Raus auf die Weser.“

„Raus auf die Weser.“

2019 hatten wir etwas Pech und damals hat uns nur das ablaufende Hochwasser voran gebracht. Diesmal haben wir rund 12 Knoten Wind aus Südwest und plötzlich segeln wir mit 8 kn und mehr über Grund. Cooler kann es gar nicht beginnen! Unsere vollbeladene, dicke Erna hält mit den anderen richtig gut mit, nur eine Rennziege lässt alle hinter sich. Glücklich lehnen wir uns zurück und genießen diesen wundervollen Start. Es läuft!

„Und dann gleich volle Pulle!“

„Und dann gleich volle Pulle!“

Allerdings beginnt der Wind schon kurz hinter Mellum zu drehen. Es ist echt blöd, wenn eine Vorhersage gerade dann recht behält, wenn es gar nicht schlimm wäre, wenn sie mal nicht recht hätte. Auf den Sänden rekeln sich schon einige Robben und etwas daneben stehen drei Möwen nur noch bis zum Knie im Wasser. Es wird Zeit für die ein oder andere Wende. Der Wind kommt immer nordwestlicher rein.

Durch die Winddrehung läuft der ausgehende Ebbstrom nun doch etwas mehr gegenan. Außerdem nähern wir uns der Nordsee mit ihrem alten Schwell aus den Vortagen. Die Wellen nehmen zu und es wird ungemütlich. Auf unseren Schlägen nach Nord kommen uns die Wellen nun fast direkt entgegen und bremsen uns aus. Gegen 14:00 kentert die Tide. Der Wind kommt aus Nordwest, dreht weiter auf Nord und wird schwächer. Der wenige Wind und das nun wieder auflaufende Wasser lassen uns nur noch zäh vorankommen, doch in sechs Stunden geht es ja wieder anders herum und dann soll auch der Wind schön östlich und vor allem stärker reinkommen.

„Der Leuchtturm Hohe Weg“

„Der Leuchtturm Hohe Weg“

Gemütlich sind die nächsten Stunden nicht. Auch ein leichter Wind so halb gegen den Strom sorgt schon für ausreichend Unruhe. Und die Nordsee ist ja ohnehin nicht die Ruhe selbst. Da wird es dem Schiffsjungen schon mal etwas flau in der Magengegend. Zu viel Land tut nicht gut.

Obwohl es zunächst so aussah, sind wir nicht die einzigen auf Westkurs und von Helgoland kommt eine ganze Armada von Westfahrern herunter. Wir checken die Vorhersagen und versuchen abzuschätzen, ob wir es noch vor dem Starkwind und der Drehung über Süd bis Lauwersoog schaffen könnten.

„Erst umlaufend, dann über Nacht ok, aber am Dienstag schon wieder aus der falschen Richtung.“

„Erst umlaufend, dann über Nacht ok, aber am Dienstag schon wieder aus der falschen Richtung.“

Viel Puffer nach hinten haben wir nicht, aber ab 20:30 beginnt es wieder zu laufen. Die Tide ist abermals gekentert und nun wieder mit uns. Auch der Wind hat ordentlich aufgefrischt und kommt nun fast direkt aus Ost. D.h. er kommt für uns direkt von achtern. Einige unserer Mitstreiter versuchen vor dem Wind zu kreuzen. Wir probieren auch herum, segeln dann aber Stunde um Stunde im Butterfly auf direktem Kurs. Das geht so leidlich, scheint uns aber immer noch besser voranzubringen als eine der anderen Strategien. In den nun achterlich einlaufenden Wellen rollen wir heftig, was die Genua immer wieder aus dem Takt bringt. Das nervt! Doch irgendwann hat der Wind soweit zugelegt, dass wir die schlabbernde Genua endlich wegnehmen können und nur noch unter Groß weiter segeln. Unsere Lieblingsbeseglung. Nun rauschen wir schwankend, aber vollkommen ruhig dahin. Wunderbar!

„Wir fahren in unsere erste Nacht.“

„Wir fahren in unsere erste Nacht.“

Von einer ruhigen Nacht kann allerdings keine Rede sein, es ist erstaunlich viel los. Einige unserer segelnden Mitstreiter zaubern vor uns das ein oder andere unkonventionelle Manöver in die Nordsee und überraschen mit Kursen, mit denen wir nicht gerechnet hätten. Die Capitana ist überzeugt, dass es sich um zwei oder drei Trainingstörns handeln muss, auf denen jedes Manöver und jede Segelstellung mal gefahren und ausprobiert werden muss.

„Das schlechte Wetter schickt seine Vorboten.“

„Das schlechte Wetter schickt seine Vorboten.“

Unsere dicke Erna können wir so nicht einfach laufen lassen und mal ein Nickerchen machen, wir müssen alles ständig irgendwie im Auge behalten. Obwohl bis Mitternacht alle Segler entweder nach Norderney oder Borkum abbiegen, wird es ab der niederländischen Grenze nicht ruhiger. Nun kommen etliche Fischer hinzu, Piloten sausen hin und her und der Windpark scheint auch nachts umsorgt werden zu müssen. So langsam quietschen unsere Augen, von einer Nachtfahrtroutine sind wir Lichtjahre entfernt.


Gegen 4:00 sind wir an der Einfahrt nach Lauwersoog. Es bläst inzwischen mit rund 20 kn aus Ost. Das sind nicht die besten Bedingungen, um nach Lauwersoog reinzufahren. Weiterfahren ist aber auch keine Option, im Westen sehen wir schon das Wetterleuchten des heraufziehenden Tiefs. Es wird höchste Zeit sich zu verdrücken. Inzwischen läuft das Wasser ja auch schon wieder auf und d.h., dass die Gezeit nun auch wieder ziemlich direkt gegen den Wind läuft. Das steilt die Wellen auf. Ein ums andere Mal stechen wir stumpf in diese hässlichen Wellen und auf dem nächsten Kurs legen sie uns heftig auf die Seite. Zwischen den Sänden hat sich die Einfahrt gegenüber unseren Seekarten sehr stark verändert. Nur die Karten von OpenCPN sind erstaunlicherweise korrekt. Eigentlich ist die Einfahrt gut beleuchtet, doch es ist schwierig auszumachen, welches nun das nächste Rot-Grüne-Pärchen ist. Überall blinkt und blinkert es rot-grün. Die Frage, welches Pärchen nun weiter vorn und welches weiter hinten liegt, ist essenziell, denn direkt daneben lauern die Sände.

Die Einfahrt nach Lauwersoog ist lang und wir sind teilweise sehr langsam. Erst kurz vor sieben laufen wir in den Hafen von Lauwersoog ein und legen uns vor die Schleuse. Wir wollen ins Lauwersmeer, um dort zu ankern und um das nächste Wetterfenster abzuwarten. Ab 8:00 können wir schleusen, die Schleuse zeigt noch Doppelrot. Also wollen wir noch schnell ein halbes Stündchen schlafen, aber unser Motor lässt sich nicht mehr ausschalten. 😧

Gestern hatte er schon einmal etwas gemuckt, aber dann war alles wieder gut und wie immer. Doch nun läuft und läuft und läuft er. Während der Schiffsjunge gleich mal das Motorpanel aufschraubt, vielleicht ist ja das Zündschloss hin und wir können die Stoppschaltung überbrücken, schnappt sich die Capitana die Bedienungsanleitung unseres alten Volvo Pentas. Wo Schiffsjungen erst einmal schrauben 😳, scheinen Capitanas doch eher die Recherche vorzuziehen 😂.

“Du guck mal, da muss es einen Notaushebel geben! Aber wo?” ruft es von unten, als gerade eine der Schrauben sich in den Gulli des Cockpits verdrücken will. Mit unserem Motor haben wir uns bisher nur halbherzig beschäftigt, er hat’s ja auch immer einfach so getan, wenn man mal von kleineren Undichtigkeiten und anderen kleinen Wehwehchen absieht. Doch so ein Notaushebel kann sich ja eigentlich nur an der Einspritzpumpe befinden. Das Prinzip ist einfach, Diesel weg, Motor aus. Nun liegt die Einspritzpumpe aber leider auf der Seite des Motors, die nahezu unzugänglich ist. Also lunzen wir mit dem Rasierspiegel des Schiffsjungen um die Ecke und finden an der Einspritzpumpe tatsächlich einen Hebel, der es sein könnte. Mit einem klein Ruck lässt er sich bewegen und schon ist der Motor aus. Uff … Wir sehen uns an, 👍, ein voller Erfolg! Allerdings wird der Erfolg nun fast sofort schon wieder durch den Gedanken getrübt, ob der Motor auch wieder anspringt und wir das ganze Prozedere noch einmal wiederholen können. 🤨

Also Schlüssel gedreht – brumm – und Hebel gedrückt – aus. 🥳 Ein absolut voller Erfolg 🥳, auch wenn dem Schiffsjungen schon schwant, welche Aufgabe nun im Lauwersmeer auf ihn wartet. Die Capitana hat schließlich den Hebel gefunden, nun muss der Schiffsjunge nur noch den Fehler finden.

„Mit wieder laufendem Motor geht's aus der Robbengatsluis.“

„Mit wieder laufendem Motor geht's aus der Robbengatsluis.“

Inzwischen ist noch ein weiterer Segler angekommen und die Lichter an der Schleuse sind auf Einfachrot umgesprungen. Der Schleusenwärter scheint schon früher zum Dienst erschienen zu sein. Eigentlich soll es ja erst um 8:00 losgehen, aber wir fragen einfach mal, ob schon was geht. Na klar, schallt es aus der Gegensprechanlage und schwupps geht das Tor auf und die Schleuse leuchtet grün. Unser Motor springt ein weiteres Mal an und wir fahren in die Schleuse. Um kurz vor acht fällt unser Anker im Lauwersmeer etwas nördlich von Oostmahorn. Der Hebel wird umgelegt und es kehrt Ruhe ein. Endlich mal schlafen, später werden wir weitersehen.

„Im Lauwersmeer“

„Im Lauwersmeer“


Was nun als erstes?
Nachdem wir wenigstens etwas geschlafen haben, checken wir das kommende Wetter. Für die anstehenden Reparaturen haben wir genug Zeit, es kann frühestens am Freitag weitergehen.

„Vor Anker nördlich Oostmahorn.“

„Vor Anker nördlich Oostmahorn.“

Dienstagnachmittag widmen wir uns erst einmal der Frage, warum unsere Funke nun keine Position mehr erhält, obwohl die mit dem neuen Furuno schon einmal so schön da war. Stunde um Stunde checken wir die Verkabelung, versuchen irgendwelche Hinweise im Internet zu finden, bauen unsere Verkabelung zurück und wieder auf, aber nichts hilft. Für die Farbcodes einer NMEA 0183 Verkabelung gibt es erstaunlich unterschiedliche Interpretationen der verschiedenen Hersteller. Immerhin sollen ja der Furuno, die Nasa Tochteranzeige und das ICOM Radio gemeinsam Musik machen. Am Ende befreien wir die drei von aller gemeinsamer Verkabelung und stecken alles wieder neu zusammen. Und was sollen wir sagen, es funktioniert. Ungläubig schalten wir die Instrumente mehrmals aus und wieder ein und schauen auch am nächsten Tag noch einmal ungläubig nach, aber alles funktioniert weiterhin. Was wir am Ende verändert haben, wissen wir nicht so richtig, wir sind der Meinung alles wieder genauso verkabelt zu haben, wie es vorher war, allerdings vielleicht etwas übersichtlicher. Vielleicht hat das dem Datenstrom ja am Ende geholfen 😇 seinen Weg wieder richtig zu finden 😂.

Das Motorproblem lassen wir zunächst ruhen, dafür müssen wir Zeit haben und vorher erst einmal richtig recherchieren, das Werkstatthandbuch lesen und die Schaltpläne studieren.


Das volle Messprogramm
Gleich am Mittwoch beginnen wir zu recherchieren und verschiedene Foren zu durchforsten. Die deutschen Foren drehen sich allerdings zu oft immer wieder in derselben Schleife. Eine Frage wird gestellt und in der ersten Antwort steht gleich, dass der Ratgeber zwar den Motor nicht kennt, aber warum denn der Fragesteller überhaupt auf diesen Motor hereingefallen ist, woraufhin unverzüglich die Vorzüge des eigenen Motors ausgiebig angepriesen werden. Frei nach dem Motto, ich kann zwar nichts zu deinem Problem sagen, aber ich weiß was anderes und will nun auch mal was sagen. Und schon driften die Antworten in beliebige Richtungen ab und der Fragesteller bleibt mit seinem Problem allein zurück. Doch alle anderen unterhalten sich bestens. Das ist ja auch schon mal was.

Englischsprachige Foren sind da meist ergiebiger, aber da hapert es bei uns an den englischen Fachbegriffen, die man in die Suchschale werfen kann. Glücklicherweise haben wir inzwischen ein englischsprachiges Workshop Manual und einen Parts Catalogue für unseren alten MD22 ergattert. Das hilft ungemein bei den richtigen Schlüsselworten. Mit »ignition switch« und »stop solenoid« arbeiten wir uns voran. Beides Begriffe, die nicht wirklich zu unserem Umgangsenglisch gehören. Stück für Stück wird uns nun der elektrische Aufbau unseres MD22 klarer und etwas erstaunt hören wir zum ersten Mal, dass der Bursche »ground isolated«, also Masse frei ist. Vielleicht haben sich die Volvo-Ingenieure das ja für all ihre Motoren einfallen lassen, wir wissen es nicht, wir wenigstens hören zum ersten Mal etwas davon. Doch nun ja, die Elektrik unseres alten Perkins Treckermotors ist simpel, wenn man erst einmal das Prinzip und die Idee dahinter verstanden hat. Elektronik kann man dazu beim besten Willen nicht sagen, alles Elektrische ist noch rein »mechanisch«. Das ist ja auch gut so, denn aller elektronischer Tüddelkram birgt Risiken. Da ist es uns schon recht, wenn unser alter Motor etwas laut ist, nicht so rund wie ein moderner Common Rail Motor läuft und qualmt.

„Motorakkrobatik!“

„Motorakkrobatik!“

Dann geht’s ans Durchmessen. Irgendwo müssen die 12V zum Stoppen des Motors ja auf der Strecke bleiben. Wir kriechen von einer Ecke in die nächste und suchen die entsprechenden Messpunkte. Leicht macht es uns der Einbau unseres Motors nicht und allein wäre es vollkommen unmöglich, weil einem wenigstens zwei Arme und Hände fehlen und es uns immer noch nicht gelungen ist, an zwei Plätzen gleichzeitig zu sein. Ein ums andere Mal macht die Capitana die Messdienerin und schaltet auf Zuruf am »ignition switch« durch die verschiedenen Schlüsselstellungen.

Irgendwo in der BlackBox mit den drei Relais klickt es auch, aber am Ende kommen von den 12,4 V nur noch traurige 11,4 am »stop solenoid« an. Eigentlich noch ausreichend, um sich zu bewegen, aber es schaltet nicht. Das ist solange frustrierend, bis wir im Blog eines Amerikaners den Hinweis auf eine sogenannte »ground fuse« finden. Im Schaltplan ist die auch zu sehen, aber irgendwie hat sie bisher von uns keine Aufmerksamkeit bekommen. Demnach muss sie auch irgendwo bei uns sein, aber wir finden sie erst, als wieder einmal eines der wichtigsten Utensilien für Fahrtensegler zum Einsatz kommt. Der Rasierspiegel. Noch nie wurde in einer Segelzeitschrift über die absolute Notwendigkeit eines Rasierspiegels an Bord berichtet. Der Rasierspiegel bleibt wohl für immer ein vollkommen unterschätzter Ausrüstungsgegenstand.

„Der Schiffsjunge steckt fest!“

„Der Schiffsjunge steckt fest!“

Und in der Tat finden wir die »ground fuse« versteckt in der hintersten Ecke und sie scheint tatsächlich hin zu sein, denn eine Messung bestätigt ihr einen 100%igen Widerstand. Leider hat sich Volvo auch bei dieser Sicherung nicht mit Ruhm bekleckert, denn sehen kann man nicht, ob sie nun durchgebrannt ist oder nicht. Dafür kann man schon für 29,95 € eine neue bestellen. Da wir aber gerade im Lauwersmeer liegen, entschließen wir uns, diese Sicherung durch eine handelsübliche MINI-ANL für 90 Cent zu ersetzen.

Und siehe da, schon startet der Motor nicht nur, sondern stoppt auch wieder. Große Suche, kleine Ursache, große Wirkung. Der Tag ist zwar futsch, dahingegangen mit Recherche und Messerei, aber immerhin hat es gestürmt und immer mal wieder geregnet und wir haben noch zusätzlich viel dazugelernt.


Und nun?
Dem Schiffsjungen bereitet es nun schon etwas Kopfzerbrechen, dass jetzt keine echten Reparaturen mehr anstehen! 🧐 Sollte morgen nun wirklich dieser eine Tage im Jahr kommen, an dem nichts zu reparieren ist? 😳 Ungläubig sitze ich im Cockpit 😥 und überlege, was es vielleicht doch noch nun zu tun gäbe, und was zu tun ist, wenn es wirklich nichts zu tun gibt, und wie ich das um Himmels Willen alles nun auch noch verkraften soll. Immerhin soll es morgen ja sonnig und warm werden. Sonnig und warm und nichts zu reparieren, ein komisches, ein neues Gefühl macht sich breit…

„Ein Ruhetag, der Wind macht mit.“

„Ein Ruhetag, der Wind macht mit.“

Lauwersmeer, Oostmahorn (NL)
53° 23′ 23,6″ N, 006° 09′ 35,7″ E