La Gomera, Canaries (E) -> Ziel: Barbados (Carib)
bisher: 1.292,0 sm – to go: 1.484,6 sm – Gesamtdistanz 2025: 1.349,8 sm
Tag 6, Mittwoch 01.01. ab Mittag
Es geht zwar mit viel Wind weiter, aber nicht so heftig, wie in der letzten Nacht nach unserem Neujahrsspektakel befürchtet. Doch insgesamt haben wir bisher deutlich mehr Wind, als wir erwartet hatten.
Der Nachmittag vergeht angenehm und warm. Nach ihrer Dusche am Vormittag ist die Capitana auch schnell wieder getrocknet 😂. Die Temperaturen sind sommerlich, so wie wir das aus unserer Zeit vor zwei Jahren auf Cabo Verde auch in Erinnerung haben. Am Vormittag haben wir noch einmal Wetter geholt. Das Tief ist endlich nach Norden abgezogen und im Westen macht sich eine Hochdruckbrücke breit, die bis zur Karibik reicht. Wenn das wirklich so Bestand hat, würde für uns eine Trade-Wind-Autobahn entstehen. Wir dürfen nur nicht zu früh nach Westen abbiegen, um nicht in die Schwachwindzonen der Hochdruckbrücke zu kommen. Etwa 150 sm Süd sollten aber reichen, um einen guten Wind in Richtung Karibik zu erwischen. Dann geht es auf direkten Kurs nach Barbados.
Auf unserem ersten Crossing hatten wir nur Punktwetter über den Garmin InReach. Mit einem Grib-File, das im Nordosten von Portugal und im Südwesten bis nach Venezuela reicht, ist das eine ganz andere Sache. So können wir Stark- und Schwachwindbereiche aktiv umfahren bzw. es wenigstens versuchen. Solch große Grib-Files waren erst mit dem Iridium Go! exec möglich und waren ein echter Quantensprung. Doch das Quantum ist inzwischen ja schon weitergesprungen und wir haben diese rasante Entwicklung echt nicht vorhergesehen. Im Frühjahr 2023 haben wir auf Martinique das erste Mal eine Starlink-Antenne auf einem US-Katamaran gesehen. Heute sieht man diese Antennen auf 2/3 aller Fahrtensegler. Der Starlink mini hat noch einmal einen Schub gebracht, er ist nicht nur kleiner und verbraucht weniger Strom, sondern braucht auch keine 220V mehr und kann über einen Konverter mit 12V betrieben werden.
Hinsichtlich der Einsatzgebiete und damit auch auf der Kostenseite gibt es zwar große Fragezeichen, aber bisher berichten alle, dass die kontinentalen und auch landspezifischen Einschränkungen wohl nicht so ziehen, wie sie im Kleingedruckten stehen. Wahrscheinlich ein Marketing-Ding, um erst einmal die Markdurchdringung zu pushen. Was ja offensichtlich auch bestens funktioniert. In jedem Fall eröffnet der Starlink mini eine Kommunikationswelt, von der man bisher nur träumen konnte. Und kostenseitig ist er auch unschlagbar, solange es bei dem heutigen Status quo bleibt und nicht der Global-Maritime-Tarif verlangt wird, wie es leider auch im Kleingedruckten steht. So bleiben nur die politischen Aspekte rund um Herrn Musk, die sich wenigstens für uns nicht ganz so einfach wegwischen lassen.
Und mit einem Starlink hätten wir nun auch ausreichend Bandbreite, um online mal nach den Jetstream-Vorhersagen zu schauen. Dann könnten wir besser abschätzen, ob unsere Trade-Wind-Autobahn, die sich nun gerade für uns aufzutun scheint, auch längeren Bestand haben könnte. So hoffen wir mal, dass es so kommt, wie vorhergesagt und freuen uns auf eine weiterhin flotte Überfahrt.
Und abends zeigt sich endlich auch mal wieder der Sternenhimmel und wir segeln mit einem zunehmenden Mond in die Nacht. Nicht schnell, aber zügig genug und vor allem gelassen. Der zunehmende Mond wird uns nun bis zu unserer Ankunft auf Barbados begleiten. Auf uns warten hübsche Vollmondnächte und mit jeder Nacht wird der Mond noch etwas dicker und wird auch etwas länger bei uns bleiben. Heute Abend stand schon mal die dünne Sichel über dem westlichen Horizont, bevor sie schon bald wieder verschwand.
Um 22:35 knacken wir die 2.000 sm. Nur noch 1.999 sm to go.
Um 23:59 loggen wir unser 5. Etmal mit 142 sm. 1.992 sm to go.
Tag 7, Donnerstag 02.01.
Endlich mal! Eine wunderbar ruhige Nacht liegt hinter uns. Der Strom mit ist nun leider weg, aber wir segeln weich und schön, so wie wir uns das gewünscht haben.
Irgendwann im Laufe des Tages werden wir so langsam auf »mehr West« einschwenken. Wir dürfen dem Kern des Hochs mit seiner Flaute allerdings nicht zu nah kommen. Mit 13 bis 17 Knoten Wind ist das Segeln ein Traum. Für den reinen Vorwindkurs, der nun bald vor uns liegt, wünschen wir uns etwas mehr, dann wäre es perfekt, um nur mit dem Groß zu segeln. Wenn man der Vorhersage glaubt, könnten wir das bekommen, wenn wir nicht zu früh abbiegen.
Die Sonne scheint von einem fast wolkenlos blauen Himmel, der Wind streichelt weich und warm durchs Cockpit und über unsere Haut, als wir etwas Sonne tanken. Was für ein 2ter Januar! An das Wetter zuhause wollen wir lieber gar nicht denken. Die Wellen halten sich in Grenzen. Sie sind länger geworden und nicht mehr so elend ruppig wie die letzten Tage.
Abends kochen wir mal richtig. Nicht nur einfach mal schnell so. Geschnetzeltes mit der letzten Tortilla. Die frischen Sachen werden merklich weniger, doch noch haben wir Kartoffeln, Zwiebeln, einen Blumenkohl, Möhren und einen Weißkohl, aber der Grünzeug- und Obstvorrat schrumpft. Wir sind nun den siebten Tag auf See und wenn wir den Stopp auf La Gomera und Weihnachten hinzurechnen, liegt unser letzter Einkauf nun schon elf Tage zurück. Doch verhungern werden wir nicht, wir haben noch genug Dosenfutter und auch viele Vorräte, die eigentlich für die Karibik gedacht sind.
So einen Tag wie heute hätten wir nun gerne noch weitere vierzehn- oder vielleicht fünfzehnmal. Ein Traumsegeltag auf der Barfußroute! Was kann man sich mehr wünschen?
Und übrigens sind nun auch die fliegenden Fische wieder da bzw. wir sind zurück bei ihnen 😂. Auch so ein untrügliches Zeichen für die Barfußroute.
Um 23:59 loggen wir unser 6. Etmal mit 154 sm. 1.808 sm to go.
OpenCPN ist gegen 23:00 auf den WP nördlich von Barbados umgesprungen. Deswegen der Sprung im »to go«. Im Laufe des nächsten Tages schwenken wir ganz ein, sodass die verbleibenden Seemeilen nun wirklich mal unseren Abstand zu unserem Ziel widerspiegeln.
Tag 8, Freitag 03.01.
Der Umstand, dass wir segelnd unterwegs sind, ist inzwischen unbemerkt in den Hintergrund getreten. In den ersten Tagen hat noch das kräftige Wetter vieles überdeckt und unsere Anspannung hat sich in den Vordergrund gedrängelt. Seitdem es nun ruhiger läuft, macht sich das »Gefühl des Unterwegsseins« wieder breit. Der große Unterschied zwischen Day Sailing und Cruising ist ja, dass sich beim Day Sailing alles ums Segeln dreht und erst, nachdem man angekommen ist, wieder das »normale Leben« stattfindet. Beim Cruising hingegen verliert das Segeln seinen Stellenwert und findet unter all den anderen alltäglichen Dingen seinen Platz im Bordalltag.
So erwischen wir uns ab und zu, dass wir die Tatsache zu segeln gar nicht mehr als eigenes Ding wahrnehmen, während die PINCOYA eine Seemeile nach der anderen in ihrem Kielwasser lässt. Auch das Ankommen hat seinen Stellenwert verloren, es ist mit dem Ziel hunderte von Seemeilen voraus hinter dem Horizont verschwunden.
So sind wir seit zwei oder drei Tagen nun auch wieder gefühlt »einfach so unterwegs«. An diesem Langfahrtmodus haben wir das erste Mal 2022 auf unserer Überfahrt von den Azoren zurück nach Portugal geschnuppert. All unsere Überfahrten bis dahin waren einfach zu kurz, um in ein echtes Gefühl des »Unterwegsseins« zu kommen. Denn auf kurzen Überfahrten geht das Gefühl des Aufbrechens direkt in das Gefühl des Ankommens über. Ein oder zwei Tage braucht man immer, um sich einzuschwingen, und dann liegt schon das Ziel in weiteren ein oder zwei Tagen vor einem. Da bleibt gar keine Zeit für dieses entspannte Gefühl des Unterwegsseins, in dem ja auch unglaubliche Möglichkeiten auftauchen. Im Grunde genommen kann man ja einfach überall hinfahren, es dauert nur meist etwas 🙂.
Dieses Gefühl des Unterwegsseins macht große Distanzen viel entspannter. Wie nervig wäre es, mit seinem Gedanken immer irgendwo in der Zukunft beim Ankommen herumzuhängen. Natürlich ist das kein Garant dafür, dass alles bestens läuft, aber dennoch ein Garant dafür, dass man entspannt seinen Alltag auf See genießen kann, wenn mal kein aufregendes Wetter alle Aufmerksamkeit auf sich zieht.
So segeln wir einfach mal weiter vor uns hin und sind nun nur mal »unterwegs«.
Um 12:00 kreuzen wir den Track unseres ersten Crossings aus dem Januar 2023. Ein großer Kreis schließt sich damit.
Kurz vor Sonnenuntergang halsen wir und gehen auf Kurs Westnordwest. Mehr gibt der Wind gerade nicht her, aber nun kommen die Wellen nicht mehr von der Seite, sondern mit ihrem langen Schwell achterlich rein. Unsere alte Dame läuft nun sehr schön ruhig. Etwas ungewohnt ist in den ersten Stunden allerdings, dass sie nun nach Backbord krängt. Das ist nach so vielen Tagen, an denen wir auf dem anderen Bug gesegelt sind, schon etwas merkwürdig.
Dieser Tag war eine echte Entschädigung für den ruppigen Anfang. So kann es gerne noch bis Barbados weitergehen. Bis jetzt ist es bei unserer Trade-Wind-Autobahn geblieben. Der Wind kommt in Variationen aus Nordost bis Ost, so werden wir leicht vor dem Wind kreuzen und vielleicht morgen mal den Parasailor nehmen. Es ist ein phantastisches Segeln, das haben wir jetzt aber auch mal verdient.
Astrid hat inzwischen damit begonnen, für uns einen »Insel-Hopping-Zeitplan« zu erstellen. Die Vorfreude wächst und die letzten beiden Tage sind eine wunderbare Einstimmung auf das, was nun vor uns liegt. Wie man an diesem Blog sieht, ist das rein »Seglerische« tatsächlich etwas in den Hintergrund getreten. Es läuft und wir müssen nur schauen, dass wir den Wind gut nehmen und irgendwelchen Flautenbereichen ausweichen.
Auf AIS haben wir heute zum ersten Mal zwei andere Segler gesehen. Für eine Sichtung in natura hat es allerdings nicht gereicht, beide waren zu weit entfernt. Es ist immer wieder erstaunlich, dass man bei der Menge an Schiffen, die nun gerade in die Karibik segeln, so gar keinen sieht. Doch das zeigt auf der anderen Seite ja auch nur, wie groß der Atlantik wirklich ist. Es hört sich vielleicht komisch an, aber wir genießen diese Einsamkeit in vollen Zügen.
Um 23:59 loggen wir unser 7. Etmal mit 137 sm. 1.701 sm to go.
Tag 9, Samstag 04.01.
Seitdem wir uns nicht mehr ständig um irgendwelche Kapriolen des Wetters kümmern müssen, ist unser Bordalltag recht einfach geworden. Hier auf dem Atlantik beschränkt sich die Navigation ja im Wesentlichen sowieso auf irgendwelche »wettertechnischen Dinge«. Etwas anderes ist navigatorisch auch gar nicht zu tun. Ganz selten sieht man auf AIS mal die ein oder andere Berufsschifffahrt und noch seltener andere Segler. In natura haben wir seit 9 Tagen nicht ein einziges Schiff mehr gesehen. Und irgendwelchen anderen navigatorischen Kram, der einen anderswo immer so auf Trapp hält, gibt es hier gar nicht. Irgendwann kommen im Westen die kleinen Antillen, aber das ist ja noch lange hin.
So segeln wir auf der Trade-Wind-Autobahn so vor uns hin und alles dreht sich nur um die Frage, wo der Wind günstig ist und wie man den Wind mit welcher Beseglung am besten nimmt. Doch auch das hält einen nicht ständig in Atem, wenn der Wind so beständig bläst, wie er das gerade für uns tut. So sind Segelmanöver eher selten und an manchen Tagen muss man auch gar nichts machen.
Natürlich muss man dennoch aufpassen, aber die Anspannung hält sich dort, wo nicht viel passiert, auch eher in engen Grenzen. Alle 1 1/2 Tage holen wir Wetter, einmal morgens und dann am nächsten Tage wieder abends, doch die letzten Male haben sich auch dadurch keine Änderungen ergeben und alles ist so geblieben, wie vorhergesagt.
Bleibt also der Rest und der Rest erschöpft sich mit einem normalen Alltag, wie man ihn auch zuhause haben könnte. Essen, lesen, schlafen und sonnenbaden, wobei das mit dem Sonnenbaden wohl gerade zuhause eher entfällt 😂. Und natürlich schreibe ich Blogs, wie diesen hier, und bearbeite die Unmenge unserer Photos und erstelle Panoramen. Und die Capitana geht zwischenzeitlich voll in ihrer Leidenschaft als Reiseorganisatorin auf. Ein Revierführer nach dem nächsten kommt aus den Schapps hervor und auf dem Notebook gespeicherte Artikel und Informationen werden durchforstet. Und mit der Verlässlichkeit eines Schweizer Uhrwerks verkündet die Capitana: “Ich hab’s, so machen wir’s!” Oder “Schau mal, da müssen wir hin!” Da ist der Schiffsjunge in guten Händen.
So bleibt nur noch unser Wachplan in unserem Tagesablauf. Tagsüber haben wir keinen festen Plan und machen beide zusammen oder allein eben das, was gemacht werden muss. Doch nachts haben wir für 12 Stunden unseren 3-Stunden-Rhythmus. Abwechselnd beginnen wir abends mit einer 3-Stundenwache und so wechseln jede Nacht auch die Zeiten, zu denen man wach ist und aufpassen muss. Das hört sich schlimmer an, als es ist, man hat sich sehr schnell an diesen Rhythmus gewöhnt. Und klar reichen sechs Stunden Schlaf pro Nacht nicht aus, aber derjenige, der die letzte Freiwache hat, darf so lange ausschlafen, wie er will. Ansonsten holen wir die restlichen Stunden Schlaf tagsüber auf Bedarf einfach nach.
Dieser 3-Stunden-Rhythmus hat sich bewährt, denn er ist für den Wachhabenden nicht zu lang und für den Schlafenden nicht zu kurz. Viel ist natürlich nachts auch nicht zu tun, aber seitdem wir wieder auf der Barfußroute segeln, sitzt man gerne auch mal etwas länger im Cockpit, schaut einfach in den Sternenhimmel und lässt die Seele baumeln. Das ist Erholung pur und fast so gut wie eine Stunde Schlaf mehr.
Doch zurück zu unserem Tag 9. Seit gestern Abend segeln wir nun mit 16 bis 21 Knoten Wind mal mehr oder weniger genau auf unser Ziel Barbados zu. Wir sind schnell unterwegs. Seit Mittag wieder mit 6 bis 7 Konten. Der Wind ist noch etwas böig und immer wieder sorgen einige 20-plus-Böen für ordentlich viel Vortrieb. Doch das soll sich legen und unsere Trade-Wind-Autobahn soll gleichmäßiger werden. Heute Abend holen wir noch einmal Wetter, mal sehen, ob sich der gute Trend bestätigt.
Um 23:59 loggen wir unser 8. Etmal mit 150 sm. 1556 sm to go.
Tag 10, Sonntag 05.01. vormittags
Und der gute Trend hat sich bestätigt. Bisher hatten wir noch kein Etmal unter 120 und das aus der letzen Nacht war sogar schon das vierte Etmal über 150. Es geht schnell voran und wie es aussieht, wird es auch so bleiben. Im Laufe des Tages werden wir uns wieder etwas mehr nach Süden halten, um einer Schwachwindzone der Hochbrücke nicht zu nahe zu kommen und in dem Bereich von 15 bis 20 Knoten Wind zu bleiben.
Doch schon am Morgen dreht der Wind etwas ungünstig auf Ost bis Ostsüdost. Da es weiter beständig mit 16 bis 19 Konten weht, nehmen wir die Genua weg und gehen nur mit Groß direkt vor den Wind auf Kurs. So büßen wir zwar etwas Geschwindigkeit ein, aber dafür segeln wir nun fast auf direktem Kurs.
Ansonsten passiert nicht viel, es segelt so vor sich hin.
Unsere Position am 05. Januar 12:00
16° 42′ 36,0″ N, 034° 23′ 42,1″ W