So langsam kehrt wieder Normalität ein. All die großen Arbeiten für das Kranen sind erledigt und auch die großen Sorgen haben sich inzwischen verdrückt. Alles, was wir über den Winter so ein- und umgebaut haben, funktioniert nun so, wie wir es wollen. Die neue Ankerwinde wartet zwar noch auf ihren Einbau und die Kabel hierfür hängen noch anschlusslos unter Deck herum, aber das kommt eben später. Nun ist erstmal das Gröbste geschafft.
Unter Deck sieht es immer noch nach großer Baustelle aus, aber das Chaos läuft nicht weg, das hat es noch nie getan. Den Sonntag vormittag vertrödeln wir in dem schönen Gefühl, noch ganz am Anfang unserer 8 Tage Urlaub zu stehen. Das Wetter ist erstaunlich freundlich, vielleicht wird es ja wirklich einmal besser als vorhergesagt. So peu á peu wird es bei uns auch immer wohnlicher. Die Heizung läuft und warmes Wasser haben wir auch schon wieder. Abends sitzen wir dann noch lange mit Ute und Peter auf der Ruby Tuesday zusammen.
Als kurz vor 1:00 die Ruby Tuesday zu schaukeln beginnt, lassen wir uns aufrütteln, um zurück auf die PINCOYA zu gehen. Noch bevor wir uns noch richtig verabschiedet haben, beginnt die Ruby Tuesday ordentlich in ihren Festmachern zu rucken, Regen platscht auf das Deck und in der Takelage pfeift der Wind. Von jetzt auf gleich bläst es mit über 30 kn und der Regen peitscht waagerecht in die Kuchenbude der Ruby Tuesday. Astrid und ich hangeln uns auf die PINCOYA. Es ist ein Eiertanz im Stockfinsteren, um von Reeling zu Reeling auf die PINCOYA überzusteigen. Wir müssen unser Bimini retten. Der Regen peitscht uns nun mit Böen bis 42 kn ins Gesicht. Jeans und Pullover sind in Sekunden triefnass. Das Bimini droht wegzufliegen, Astrid kann ihre Seite kaum halten. Was zum Teufel ist hier nun los? Notdürftig binden wir das Bimini zusammen, nicht schön, aber sturmfest. Egal! Auf den Festmacher erklingt das hohe „C“. Upps, ganz schön gespannt. Inzwischen ist auch Peter an Deck. Ich ziehe mir schnell einen neuen Faserpelz und eine wasserdichte Jacke an. Zu mehr ist keine Zeit, der 3 Grad kalte Regen läuft aus der Hose und den Schuhen. Der Windmesser zeigt nun schon 45 kn. Ja ist denn hier Kap Horn? Wir sind doch zum Osterurlaub hier!! Peter und ich sichern unsere Schiffe mit immer mehr Festmachern. Während der Herumturnerei auf den tanzenden Schiffen und dem schmalen Seitensteg kommt mir der Gedanke, dass unter Umständen eine Schwimmweste auch nicht schlecht wäre. Der Wind bläst so, dass man sich echt vorsehen muss. Im fahlen Licht sehe ich zum ersten Mal Wellen über den Außensteg brechen. Wir haben hier schon viel Scheißwetter erlebt, aber so etwas noch nicht. Die Wellen können sich sehen lassen, sie sind ordentlich hoch, obwohl sie aus Westen kommend von Heiligehafen bis hierher nur rund eine halbe Seemeile Anlauf nehmen können.
Gegen 2:00 sind Peter und ich soweit fertig, dass wir uns unter Deck verdrücken können. Astrid wartet schon mit einem Handtuch auf mich, ich bin triefnass und tiefgefroren wie ein Fischstäbchen.
Die ganze Nacht pfeift und rumpelt es. Der Wind hat nur etwas nachgelassen. In der ersten Morgendämmerung peilen wir die Lage. Alles gut. Wir verkriechen uns wieder in der Koje unter den warmen Decken. Der kalte Wind kann uns mal.
Zum Frühstück, gegen 12:00, zeigt der Wind noch mal, dass er auch anders kann, dann geht ihm langsam die Puste aus. Die Entscheidung schon am Freitag zu kranen, war wohl doch gar nicht so schlecht. Der Wind am Montag hätte uns in Burg festgehalten. Der Wetterbericht besteht zwar immer noch auf einem “ordentlichem Schietwetter” für die nächsten Tage ….
…. aber die letzten schweren Böen sind durch und wir machen uns erst einmal einen Berg Nudeln, denn Wind macht hungrig und müde.
Immer noch in Heiligenhafen / Ortmühle 54° 22′ 20,4″ N, 11° 00′ 15,7″ E