Eigentlich werden Pläne ja nur deswegen gemacht, damit man sie dann wieder ändern kann. Wie grottenlangweilig wäre das Leben, wenn es nicht überall Pläne gebe, die man ändern, umwerfen oder schlicht und ergreifend so ignorieren kann, als hätte es sie nie gegeben.
Eigentlich wollen wir am Montag und Dienstag einen Kite-Surf-Schnupperkurs auf Fehmarn machen. Wir alle drei hatten uns das schon richtig cool ausgemalt. Türkises Wasser, brutal geile Sonne, höllische rasante Gleitfahrt und anschließend im warmen Licht der Abendsonne ein BBQ und ein so großes Bier, das es die müden Arme gerade noch heben können. Ok, Lin hätte eine Fanta bekommen, aber das hätte dem original-californian-hang-loose-beach-Feeling nicht geschadet.
Aber nun ist alles anders. Ganz anders als gedacht. Ein Sturmtief hat sich angekündigt und hat als Vorboten schon mal einigen Regen und einige Gewitter geschickt. Damit nicht genug. Die gesamte puckelige Verwandtschaft dieses Sturmtief trottet stumpfsinnig wie eine Herde Lemminge hinter ihm her, ohne auch nur eine einzige eigene Idee für eine andere Zugbahnen zu haben. So wird von denen einer nach dem anderen von Westen kommen dumpf und tumb über uns herüberstolpern und unser kalifornisches Gefühl mit nasskalten Füßen plattreten.
Der einzige, der an diesem Wetter wahrscheinlich seinen Spass hat, ist wohl unser Kite-Surf-Lehrer. Dies aber nur, weil er nun nicht mit uns im Wasser herumstehen muss, sondern bei dem angekündigten Sturm hemmungslos wir ein Irrer über das Wasser flitzen kann. Aber für uns ist der Wind dann doch vielleicht etwas viel. Mit etwas Glück wäre Lin ja über die Fehmarnsundbrücke geflogen, bei meiner Gewichtsklasse hätte es mich allerdings auf Höhe der ICE-Strecke hemmungslos in den Verstrebungen des Brückenbügels verheddert. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Bahn unvorsichtigerweise auch diese Strecke schon elektrifiziert hätte.
Aber am Abend keimen dann erste Zweifel an der Vorhersage auf. Es hat zwar mit einigen starken Böen gewittert und ordentlich geschüttet, aber alles in allem ist es doch eher ruhig. Da mehr als 40 kn Wind ja kein Kinderkram sind, haben wir am Nachmittag sogar eine zweite Heckleine quer über die Nachbarbox zum nächsten Dalben ausgebracht. Die hängt nun aber immer noch schlaff und lustlos im Regen herum. Seit Stunden guckt eine schwarze Wolkenwand vom Horizont im Westen zu uns herüber, macht aber keine Anstalten näher zu kommen. Um 23h verkriechen wir uns in den Kojen.
Gegen 2:00 bricht dann der Sturm los. Es kracht, scheppert und pfeift im ganzen Hafen. Nicht nur wir liegen ordentlich auf der Backe und werden kräftig hin und her geworfen. Bei diesen Windrichtungen ist unser Liegeplatz eher einer der ruhigsten im Hafen. Im fahlen Nachtlicht sehen wir, das die Nachtruhe auf einigen anderen Schiffen vorbei ist. Die Schiffe direkt an der Hafeneinfahrt tanzen wie wild hin und her, bei so einem Rodeoritt bleibt keiner in der Koje. Erst mit Sonnenaufgang wird es dann wieder ruhiger.
Mit dem Gedanken, dass unsere Entscheidung, den Kite-Surf-Kurs abzusagen und evtl. am Ende unseres Urlaubs einzubauen, richtig war, schlafe ich ein und jedes Schlagen und Klappern bestätigt unsere Entscheidung. Der Sch..sturm kann uns mal.
in Heiligenhafen / Ortmühle in unserer Heimatbox
54° 22′ 20,4″ N, 11° 00′ 15,7″ E