Der Countdown läuft


Nur noch 1,5 Arbeitstage und eine gebrochene Ankerhalterung liegen zwischen uns und unserem Estland-Trip. Die Ankerhalterung macht mir mehr Sorgen als die Arbeitstage, aber nicht so viele Sorgen, wie die Wetterprognose für die kommende Woche. Pünktlich zu unserem Urlaubsbeginn tauschen das Hoch im Süden und das Tief im Norden ihre Plätze und damit wird aus dem vorherrschenden West ein blöder Nordost. Das wäre alles nicht so schlimm, wenn man nicht von Heiligenhafen genau nach Nordosten gucken müsste, um Estland hinter dem Horizont zu sehen. Wir checken seit Tagen die Vorhersagen und trösten uns damit, dass Langfristvorhersagen ja eh nie stimmen. Aber seit Dienstag letzter Woche bleiben alle Modelle dabei, dass die beiden genau zum 17.08. ihre Plätze tauschen und der Wind dann eben genau von dort kommt, wo wir hin wollen.
Es ist zum Heulen, eigentlich leben wir hier in Norddeutschland in der Westwinddrift und nur an wenigen Tage weht es eben mal nicht aus Westen. Und wieso tut es das nun ausgerechnet zu unserem Estland-Urlaub? Norwegen und Oslo sind auch keine Alternative für eine spontane Planänderung, das sich nach Süden verdrückende und auch noch vertiefende Tief sorgt im Skagerrak/Kattegat für einen lustigen Nord. Und wo liegen nun Norwegen und Oslo? Ja genau, im Norden! Wo auch sonst.

Nachdem am Samstag die Wetterlage gecheckt ist und sich wieder keine wirklichen Änderungen abzeichnen und wir wieder einmal weitere 6 Stunden bis zur nächsten Modellberechnung warten müssen, beschließen wir uns erst einmal der Ankerhalterung und dem Einkauf zu widmen. Denn egal wie das Wetter so wird und egal wie sich der Wind so dreht und egal wo wir am Ende hinfahren, wir haben ab Dienstag 3 1/2 Wochen Urlaub! Da brauchen wir einiges an Proviant und die Ankerhalterung muß wenigstens provisorisch wieder repariert werden.

„Die Steuerbordseite hält gerade noch so, die Backbordseite ist ab. ?“

„Die Steuerbordseite hält gerade noch so, die Backbordseite ist ab. ?“

Also mache ich mich an die Ankerhalterung und Astrid fährt zum Einkaufen. Mitte September werden wir den lange geplanten Bugspriet für die Kutter-Besegelung bekommen und damit auch eine ganz neue Ankerhalterung. Deswegen hatten wir ja auch schon den neuen Vulcan-Anker gekauft, damit der Bugsppriet und die Halterung speziell auf diesen Anker abgestimmt werden können. Gleich nach unserem Urlaub geht es damit los. Die blöde alte und inzwischen total verbogene Ankerhalterung hätte also nur noch 4 Wochen durchhalten müssen und dann hätten wir sie eh auf immer Wiedersehen abgeflext. Aber nein, am letzten Wochenende, als Johanna, Luiz und Leonard hier waren, musste sie brechen. So wackelt sie nun einarmig und flügellahm am Bug herum. Das geht natürlich nicht für unseren Urlaub, denn wir wollen ja wieder so oft ankern, wie es irgend geht.

„Das sollte für den Estlandurlaub erst einmal halten.“

„Das sollte für den Estlandurlaub erst einmal halten.“

Also steht die Ankerhalterungsurlaubsreparatur unter dem Motto: maximale Stabilität mit geringst möglichem Aufwand! Um die flügellahme Halterung zu „schienen“, haben wir uns im Bauhaus 4 feuerverzinkte Lochplatten und eine Hand voll 8er Schrauben geholt. Auch diese Materialen sollten vier Wochen Seewasser aushalten, denn danach geht es eh gleich auf den Schrott. Aus dem Keller kommen dann noch einige neue Stahlbohrer, der Makita-Akkubohrer, 3 Zwingen, ein dicker Mottek und die Flex mit. Nach 4 Stunden echter unverfälschter Hufschmiedarbeit haben beide Seite der alten Ankerhalterung eine robuste Doppelschiene bekommen. Ich habe gebogen, gedengelt, geflext und gebohrt, was das Zeug hält. Und nun…. passt, wackelt nicht und Luft ist schon gar nicht mehr. Der ankertechnische Teil unseres Urlaubs ist gesichert.

Auch der verpflegungstechnische Teil unseres Urlaubs hat sich unterdessen gut entwickelt. Auf 3 Einkaufstouren hat Astrid alles herangeschleppt, was unser Überleben auf See nicht nur sichert, sondern auch recht angenehm macht. Davon ist allerdings unter Deck schon bald nichts mehr zu sehen, denn im Handumdrehen ist auch alles verstaut. Die Staumöglichkeiten in unserer PINCOYA sind schon gewaltig und rufen eigentlich nach einem viel längeren Urlaub.

Zwischendurch werden wir immer wieder von kräftigen Schauern unter Deck gescheucht. Das ist aber gar nicht so schlimm, denn die Schauer kommen am Samstag und am Sonntag pünktlich zur Mittagszeit. Gerade recht für ein kleines Schläfchen. Die Ersatzteile für unsere beiden Winschen passen leider nicht. So viel Recherche und so viele Mail mit Andersen / Rostan in den USA und der Vertretung hier in Deutschland. Dumm gelaufen. Wir machen nochmal Photos von allen Details und Seriennummern und schicken die der Deutschlandvertretung. Mal sehen, irgendwann finden wir bestimmt die richtigen “disk springs”. Bis dahin lebt mein Provisorium weiter, geht ja auch…

„Es soll noch alle Ersatzteile geben, doch die richtigen wollen erst noch gefunden werden.“

„Es soll noch alle Ersatzteile geben, doch die richtigen wollen erst noch gefunden werden.“

Und ganz zum Schluß montieren wir noch die Einpickpunkte für’s Cockpit, die wir schon 2012 auf der Hanseboot gekauft haben und seitdem spazieren fahren. Nun können auch böse Nachtfahrten kommen. So langsam werden wir tatsächlich fertig.

„Endlich kommen die auch mal dran...“

„Endlich kommen die auch mal dran…“

„…hält auch!“

„…hält auch!“

in Heiligenhafen / Ortmühle in unserer Heimatbox
54° 22′ 20,4″ N, 11° 00′ 15,7″ E