Unsere Entdeckung der Langsamkeit


hinter einer Schäre bei Västervik -> Sandhamn Start: 18:15 (04.09.) Ende: 18:50 (05.09.) Wind: ~N 0-15-4 kn Distanz: 119,8 sm Gesamtdistanz: 922,5 sm

„von der Västervik-Schäre -> nach Sandhamn“

„von der Västervik-Schäre -> nach Sandhamn“

(04.09. abends… nachdem der Heckankerfrust etwas verdaut wurde)

In dem neuesten Grib-File fällt der kräftige Nord, der eigentlich am Montagvormittag über uns herfallen sollte und mit dem wir dann in Richtung Süden sausen wollten, viel schwächlicher aus, als er gestern noch angepriesen wurde. Außerdem soll es auch schon viel früher wieder mit ihm zu Ende gehen. Das ist blöd, vor uns liegen noch rund 300 sm bis HHafen, da müssen wir jeden Wind, der mal nicht aus West oder Südwest kommt, ausnutzen.

„Enge Durchfahrten, leider steht die Sonne schon zu tief und alles liegt schon im Schatten.“

„Enge Durchfahrten, leider steht die Sonne schon zu tief und alles liegt schon im Schatten.“

Kurzentschlossen lichten wir am Sonntagabend noch den Anker und brechen auf. Die 5 sm aus den Schären schaffen wir gerade noch so bei Tageslicht und zum Sonnenuntergang fädeln wir uns in das freie Fahrwasser nördlich des Kalmarsunds ein.

„Langsam fahren wir aus dem Schärengürtel hinaus, während die Sonne alles in ein warmes Licht taucht.“

„Langsam fahren wir aus dem Schärengürtel hinaus, während die Sonne alles in ein warmes Licht taucht.“

Noch haben wir umlaufend nichts, aber das soll sich ja gegen Mitternacht ändern. Inzwischen ist unsere Nachtwachenroutine eingespielt. Diesmal beginnt Astrid um 20:00 und ich versuche, gegen das Brummen des Motors anzuschlafen, was mir aber nicht so richtig gelingt.

„Ein Licht, das süchtig macht.“

„Ein Licht, das süchtig macht.“

„Lieber Blog-Leser, ich weiß, es sind etwas viele Sonnenuntergänge, aber ich kann nicht anders!“

„Lieber Blog-Leser, ich weiß, es sind etwas viele Sonnenuntergänge, aber ich kann nicht anders!“

Zerknittert wie ein chinesischer Faltenhund übernehme ich um 23:00 mißmutig meine Wache. Um 23:30 haucht mir tatsächlich ein kalter Nord ganz zart in den Nacken. Sollte er tatsächlich jetzt schon kommen wollen? Uns soll’s recht sein, wir setzen die Segel, stellen den Motor aus und ich kann Astrid eine „ruhige“ Gute Nacht wünschen.

„Unten der Sonnenuntergang im Westen, oben im Osten. Und übrigens, die Knoblauchbrötchenverpackung hat exakt das zarte Blaulila aus dem oberen Bild.“

„Unten der Sonnenuntergang im Westen, oben im Osten. Und übrigens, die Knoblauchbrötchenverpackung hat exakt das zarte Blaulila aus dem oberen Bild.“

Inzwischen sind die Nächte ziemlich kalt geworden und wir beide verdrücken uns auf unseren Wachen immer gleich in den Decksalon. Da wir inzwischen ja auch fast nur noch mit den iPads (iSailor) navigieren, wird ein iPad auf den Salontisch gestellt und eines bleibt meist draußen unter der Sprayhood. Das ist super bequem, wir sitzen warm und trocken im Salon, gehen ab und zu mal raus, um einen Rundumblick zu wagen und müssen uns nicht den A… abfrieren.

„Nicht nur unserem Badeentchen ist kalt…..“

„Nicht nur unserem Badeentchen ist kalt…..“

Allerdings haben wir ein Energieproblem, das sich zunehmend verschärft. Unsere Batterien sind zwar erst 5 Jahre alt, aber schon nach der Entnahme von rund 10% der Gesamtleistung bricht die Spannung dramatisch ein. Tagsüber geht das, denn bisher hatten wir immer genug Sonne oder Wind, um diesen Einbruch zu kompensieren. Eine Nacht mit wenig Wind ist allerdings richtig blöd. Was das nun wieder soll und warum teure AGM-Batterien schon nach 5 Jahren ihren Geist aufgeben, werden wir gleich nächste Woche mal den Hersteller fragen. Irgendwie ist ja immer was, ich hoffe, dass wir irgendwann mal genug Lehrgeld gezahlt haben und alles einfach nur mal so funktioniert.

Langsam, aber kontinuierlich laufen wir durch den Kalmarsund in Richtung Süden. Rund 15 sm vor Kalmar dämmert aus Osten ein neuer Tag herauf. Wie schön wäre jetzt etwas Sonne! Nicht nur für die Batterien, sondern auch für meine kalten Knochen, denn die leeren Batterien mögen die Heizung nicht mehr anspringen lassen. Aber wir stecken genau unter einem Wolkenband, das ebenso schnell in Richtung Süden zieht, wie wir fahren. Im Süden und im Norden kann ich die Ränder mit viel warmer Sonne sehen, doch wir liegen genau in der Mitte unter der Wolkenmarkise ?.

„Die Brücke über den Kalmarsund.“

„Die Brücke über den Kalmarsund.“

„Obercoole schwedische Fährkapitäne... wir hatten noch 43,6 m Platz, das reicht für Schweden, aber nicht für Astrid. “

„Obercoole schwedische Fährkapitäne… wir hatten noch 43,6 m Platz, das reicht für Schweden, aber nicht für Astrid. “

„Das Schloss von Kalmar. Kalmar ist übrigens ein Revier für Navigationsneulinge, am Hafen steht in 5 m hohen Buchstaben der Stadtname, da kann nix schiefgehen.“

„Das Schloss von Kalmar. Kalmar ist übrigens ein Revier für Navigationsneulinge, am Hafen steht in 5 m hohen Buchstaben der Stadtname, da kann nix schiefgehen.“

Richtig schnell sind wir nicht. Im Schnitt bringen wir es auf knapp über 4 kn. Da sind Geduld und Gleichmut gefragt. Wir werden einfach so lange segeln, bis der Wind ganz und gar weg ist. Anders geht es nicht, denn wir müssen ja bis HHafen noch viele viele Meilen in uns hineinfressen. So schlimm ist das aber alles nun auch wieder nicht, so komme ich mal dazu, in Ruhe die letzten Bilder und Videos zu sichten, die restlichen Halogenbirnen gegen LEDs auszutauschen und natürlich wieder etwas zu bloggen. Der Kalmarsund ist bei dieser Windrichtung und -stärke nahezu wellenfrei und unser Kurs läßt uns zwar langsam, aber ruhig dahingleiten.

„Dann kommt doch noch die Sonne uns wir rauschen mit 4,5 Knoten dahin.“

„Dann kommt doch noch die Sonne uns wir rauschen mit 4,5 Knoten dahin.“

Gegen 18:00, wir haben gerade unser Etmal von 107,3 sm zusammen, schläft der Nord ein. Viel weiter kommen wir heute nicht, denn die nächsten 24 Stunden sollen nahezu windstill sein. Für den Abend bietet sich Sandhamn an. Vielleicht haben die dort auch Brötchen ohne Knoblauch, das wäre schön ?.

in Sandhamn
56° 05′ 39,0″ N, 15° 51′ 26,3″ E


2016.08_1_Estland_05.09.kml