Leicht gefallen ist uns die Entscheidung nicht, aber in den Jahren haben wir uns mehr und mehr auseinander gelebt. Rational betrachtet lag’s schon seit einiger Zeit auf der Hand, doch eine emotionale Bindung aus den ersten Tagen wiegt schwer. Einfach war’s nicht und Astrid fiel es noch etwas schwerer als mir. Eine merkwürdige Wehmut ließ uns lange zögern, doch am Ende haben wir uns dann doch von unserem Innensteuerstand getrennt.
Als wir 2009 nach einem passenden Schiff suchten, war ein Decksalon das Muss und der Innensteuerstand die Selbstverständlichkeit darin. Und die PINCOYA hatte soviel von beiden, dass uns ganz warm ums Herz wurde und wir gleich ja sagten. Gleich auf der Überführung nutzten wir ihn das erste Mal. Es war Ende März und wir brummten Stunde für Stunde und Kilometer für Kilometer über die gerade wieder eisfreien Kanäle vom Rhein in die Ostsee. Es war schweinekalt und einige Schneeregenschauer machten es auch nicht gemütlicher. Die Dieselheizung versuchte, den Motor im Verbrauchswettkampf zu schlagen, und wir schmunzelten im T-Shirt über dick verpackte Segler, die teilweise unter ihrer Kuchenbude versuchten, dem tollen Wetter zu trotzen. Das war im Frühjahr 2010.
Unser zweites Innensteuerstanderlebnis hatten wir 2014. Wir hatten gerade in Hvide Sande abgelegt, als biblische Sintfluten über uns herfielen. Herr Noah mit seiner Arche hätte alle Freude daran gehabt, allerdings kamen die Wassermassen dieses mal so überraschend, dass er höchste eine Handvoll Kleintiere hätte noch verladen können. Glücklich, einen schwimmenden Untersatz zu haben und kein Ferienhaus von Dansommer gemietet zu haben, verkrochen wir uns zum 1000sten Mal im Decksalon, aber steuerten nun auch zum zweiten Mal vom Innensteuerstand aus. Das war im Sommer 2014.
Wir wollen ja nicht ungerecht sein, vielleicht gab es ja auch noch ein drittes oder viertes Mal, aber in 7 Jahren sind selbst 4 Mal nicht wirklich viel. Auf der anderen Seite haben wir unzählige Stunden, Schauer, Gewitter oder ganze trübkalte Etappen im Decksalon verbracht, während der Autopilot tapfer Kurs hielt. Und wenn wir nach 7 Jahren Decksalon und Innensteuerstand ein Fazit ziehen, dann müssen wir sagen, einen Innensteuerstand brauchen wir nicht. Traurig, aber wahr, und manchmal kommt die Erkenntnis eben erst mit der Nutzung und der Realität und die stellt dann die Theorie ins Abseits.
Am Ende läßt sich das so zusammenfassen:
(a) wenn’s eng ist und man selbst steuern muss, dann machen wir das eh von draußen, denn von innen hat man nicht genug Überblick
(b) wenn Platz ist und man nicht den direkten Überblick braucht, dann steuert bei uns der Autopilot
(c) wenn es total cooles Wetter ist und wir total gut drauf sind und total cool selbst steuern wollen, dann machen wir das auch draußen
(d) und wenn wir mal wieder einen Kanal fahren und es total blödes Wetter ist, dann erinnern wir uns an unseren Innensteuerstand, kochen ‘nen heißen Tee und schreiben in unser Logbuch, dass Kanalfahrten total ätzend sind.
Deswegen haben wir uns nun von unserem Innensteuerstand getrennt und investieren lieber in einen Autopiloten der neusten Generation. Am Rande hat dies auch den netten Nebeneffekt, dass unsere gesamte Steuerungsmechanik sich doch ganz erheblich vereinfacht. Und einfach ist sicherlich nicht immer die schlechteste Wahl, wenn man mal dorthin möchte, wo der ADAC nicht so schnell hinkommt.