Kirkehamn (Hidra) -> Farsund Start: 8:10 Ende: 12:50 Wind: WNW – W 20 – 30 kn Distanz: 25,3 sm Gesamtdistanz: 605,9 sm
Nun sitze ich im strahlendsten Sonnenschein in Farsund auf dem Vorschiff und versuche, unseren Blogrückstand wieder etwas aufzuholen. Es ist wirklich Farsund, wo ich 1989 schon einmal war und so gerne wieder hinwollte. Vor 28 Jahren hatte mich diese kleine Stadt vollkommen fasziniert, weil sie mit ihren Häusern und Holzstegen direkt am Fjord so völlig anders war als alles, was ich bisher kannte. Es war eben meine erste Fjord-Stadt und so war sie irgendwie wie die erste Liebe in Norwegen. Natürlich verklärt sich das dann alles noch mit der Zeit in der Erinnerung, aber hübsch ist sie nach wie vor, obwohl sich viel verändert hat.
Wir haben hier einfach direkt längsseits vor der SpareBank festgemacht. Liegeplätze gibt es in Hülle und Fülle und man kann alles auswählen zwischen Citycenter und »etwas ab vom Trubel«. Wir liegen »etwas ab vom Trubel», sofern man hier überhaupt von Trubel sprechen kann. Es ist eher die Wahl zwischen »bisschen los« und »gar nichts los«.
Eigentlich stand heute Farsund gar nicht auf dem Programm. Eigentlich wollten wir in eine Ankerbucht bei Mandal. Nach dem nächtlichen Flautendesaster, dass uns dann ja ungeplant nach Kirkehamn auf Hidra gebracht hat, hat uns heute das ganze Gegenteil hier nach Farsund reingespült. Unsere Planungen für die Weiterfahrt von Kirkehamn hatten nur eine große Prämisse. Nicht schon wieder eine Flaute und nicht schon wieder Motor.
Also haben wir uns die nächste Wetterlage mit „irgendwie Nord“ ausgeguckt und beschlossen, dass die uns weiter nach Süden ums Eck vom Kap Lindesnes bringen soll. Das Grib-File zeigte uns zwar lauter kleine Windfahnen mit 2 1/2 Fiedern, aber erst gegen Mittag sollten daraus 3 ganze erwachsene Fiedern werden. Das ist zugegeben für das Kap ne ganze Menge Wind, aber auf Hidra haben wir auch endlich unser 3tes Reff für’s Groß fertig gemacht und nach dem heißen Ritt nach Stavanger wußten wir, dass wir das können.
Hier in Südnorwegen scheint der Wind eigentlich nur 3 Zustände zu kennen. Entweder es ist Flaute oder es bläst wir irre im oder gegen den Uhrzeigersinn um das südliche Ende von Norwegen herum. Wobei „wie irre“ noch die winterliche Steigerung »total irre« kennt, aber das ist uns egal, denn jetzt ist ja Sommer! Wir hatten also »gegen den Uhrzeigersinn« gebucht, was heißt, dass der Wind immer von achtern, wenigstens aus 120 Grad kommt und mit einem ums Kap dreht.
Nun gibt es aber in der Seekarte rund um die Küste Norwegens immer solche Kringel in denen steht „area of dangerous waves“. Durch solche Areas waren wir auch schon auf unserem Ritt nach Stavanger gebügelt, aber wirklich »dangerous« kamen uns die Wellen dort nun auch nicht vor. Das Wellenbild dort war chaotischer und die Burschen haben uns auch ordentlich durchgeschüttelt, aber tun wollte uns keine wirklich etwas.
Also fahren wir gegen 8:00 los, denn gegen Mittag sollen den Windfahnen ja weitere Fiedern wachsen. In der Nacht, so gegen 2:00 hört auch das Plätschern am Heck auf, also hatte der Wind auf Westnordwest gedreht und wir lagen nun in der totalen Abdeckung. Diese Abdeckung machte uns auch den Start einfach und ließ und erstmal gar nicht an ein Reff denken. Das änderte sich allerdings recht zügig mit dem ersten Blick auf die offene See und das erste Reff schwubste ruckizucki ins Groß. Auch die Genua wurde stetig immer etwas kleiner und so bügelten wir mit mehr als 7 Knoten um die erste Ecke am südlichen Eingang zum Flekkefjord, etwas nördlich von Lista. Was für ein Rauschefahrt! Die Segel stehen 1a, wir sitzen entspannt im Cockpit und alles rauscht nur so um uns herum. Herrlich! Großartig! Einfach klasse so eine Nichtflaute!
Als wir Lista mehr oder weniger querab haben, wird unsere Rauschefahrt von einem häßlichen Gegenstrom gebremst. Teilweise steht jetzt nur noch eine 5,0 auf den Logge. Die 5,0 war aber das kleinere Übel, denn nun arbeitete der inzwischen recht kräftige Wind gegen einen ebenfalls recht kräftigen Strom und uns dämmerte langsam, was der Norweger uns mit der Anmerkung »Caution: dangerous waves« sagen wollte. Im Anschluss schauten dann bei uns recht prächtige Exemplare dieser »dangerous waves« vorbei. So große Wellen hatten sich bei uns bisher noch nicht vorgestellt. Da nehmen wir dann doch lieber mal das Vorsegel ganz weg, was mehr Ruhe in Schiff bringt, aber keine nennenswerten Einbußen bei der Geschwindigkeit. Der Autopilot machte seine Sache im Großen uns Ganzen recht ordentlich, die Halse fahren wir dann doch lieber als Q-Wende, denn der Wind hatte schon frühzeitig seine neuen Fiedern angelegt und rief aus vollen Hals „mehr als 30 Konten, jippi“, während die PINCOYA mit dem achterlichen Wind mit mehr als 6 Knoten durch die immer steileren Wellen schoß, ob wohl der Gegenstrom sich eigentlich vorgenommen hatte, sie zu bremsen.
Dies war ungefähr der Moment, als Astrid und ich unabhängig, aber zeitgleich beschlossen, doch mal in Farsund reinzuschauen, vielleicht war Farsund ja doch die kleine Fjord-Stadt, die ich von 1989 noch immer in so guter Erinnerung hatte.
Und nun sitze ich beim Blogschreiben auf dem Vorschiff und eigentlich liegen wir ganz gut in der Abdeckung hinter der SpareBank. Aber ab und an verirrt sich doch immer mal wieder eine dieser bösen Böen und versucht mein Notebook zuzuklappen und meine Bierdose über Bord zu blasen.
Am Nachmittag bummeln wir durch Farsund. Die Wetter- und Windlage hat uns ja einen frühen Stopp beschert.
Auf unserem Spaziergang lernen wir dann auch, dass der offizielle Gjestehavn doch etwas kleiner ist und nicht die ganze Stadt umfasst. Aber uns verjagt vor der SpareBank niemand und so bleiben wir dort auch einfach liegen und gehen am nächsten Morgen eben ein Stückchen zu Fuß zu den Duschen.
in Farsund
58° 5′ 35,6″ N, 6° 48′ 26,2″ E