Bastelzenit ist, wenn wieder mehr zusammen als auseinander gebaut wird. Jedes Winterbastelprogramm hat seinen Zenit, erst danach tritt Besserung ein. Vier Wochen vor unserem Krantermin versteckt sich unser Bastelzenit noch hartnäckig und schaut nur ab und zu mal kurz bei uns vorbei, um sich dann wieder mit dem nächsten Problem zu verdrücken. Das zerrt schon etwas an unseren Nerven, denn es sind nicht irgendwelche großen Dinge, die man ja theoretisch auch beauftragen könnte, wenn man denn das Vertrauen zu einer Werft hat, nein, es sind die vielen kleinen Dinge, die schiere Unmenge von unwägbarem Kleinscheiß macht am Ende einen ziemlich großen Haufen Mist. Und hinterläßt bei uns doch so langsam ein blödes Gefühl in Magengegend.
Am Samstag ist wieder so ein Tag. Und wieder geht es um die Hochleistungsarbeiten der Werft, die seinerzeit den Autopiloten und den Innensteuerstand eingebaut hat. Genauer gesagt um den letzten Punkt, den wir noch nicht „behandelt“ haben. Alles begann damit, dass es beim Autopilotieren klackerte. Den Fehler hatten wir recht schnell in der zu losen Montage des Kopfgelenks auf dem Bolzen am Ruderquadranten lokalisiert. Nicht gleich gesehen hatten wir, dass diese individuelle Montage ihren Grund hat, denn die Befestigung am Ruderquadranten konnten die Hochleistungsmonteure der Werft seinerzeit gar nicht besser montieren, denn sie hatten den Hydraulikzylinder am anderen Ende mit seiner Befestigung am Schiff rund 6cm zu hoch montiert. So stimmte der Winkel zu dem Ruderquadranten nicht mehr. Und damit es dann überhaupt noch ansatzweise funktionieren und man dem ahnungslosen Voreigner eine schöne Endrechnung schreiben konnte, löste man kurzer Hand das Kopfgelenk auf dem Bolzen am Ruderquadranten etwas. Damit hatte der Kopf gut 3 – 4 mm Spiel und es klackerte bei Autopilotieren. Wenn man nicht viel mit dem Autopiloten fährt, dann kann man darüber hinwegsehen, obwohl das so natürlich einen erhöhten Verschleiß bedeutet. Wenn man allerdings gerne unter Autopilot auch mal Tage und Nächte durchfährt, dann nervt das Klackern total und ein baldiger, größerer Schaden ist vorprogrammiert.
Also blieb uns nichts anderes übrig, als das zu ändern und richtig zu machen.
Nun ja, und was soll ich sagen, es gab natürlich auch einen Grund, warum man die Befestigung des Kolbens 6 cm zu hoch montiert hat und dieser Grund hat wieder einmal den Namen „Bequemlichkeitspfusch“. Hätte man es seinerzeit richtig gemacht, dann hätten die unteren Schrauben der Kolbenhalterung genau auf Höhe des Zwischenbodens der Backskistenunterteilung gesessen. Das Ganze dort zu befestigen ist wirklich eine elende Fummelei, die mich den ganzen Samstag beschäftigt und mich an den Rand des Bastelwahnsinns bringt, während Astrid schon mal den Rumpf poliert und verzweifelt überlegt, wie das Codewort war.
Ja, nach dem letzten Bastelfrust beim Einziehen des Kabels in den Mast und mit dem Windsensor haben wir ein Codewort vereinbart. »Bastelbesinnung«. Zugegeben ein Kunstwort, das nicht im normalen Sprachgebrauch vorkommt. Das ist auch gut so, denn es soll mich in eine »sofortige bastelbesinnlichliche Schockstarre« fallen lassen und Schlimmeres verhindern. Sozusagen ein Notaus am bastelwahnsinnigen Martin. Denn zu viel Bastelfrust fasst mich immer sehr persönlich an. Dann kann ich nicht locker lassen und es geht mir zusehends schlechter. Ich bin dann total hartnäckig und verbissen. Ja manchmal auch so verbissen, das auch etwas kaputt gehen könnte. Und das ist der Moment, in dem Astrid dann das Codewort rufen soll, um mich eben in diese »bastelbesinnlichliche Schockstarre« zu versetzen. – Wenn es ihr eben dann noch einfällt. – An diesem Samstagnachmittag bin ich wieder kurz vor diesem Codewort-Zustand. Astrid würde es mir nun eigentlich zurufen, aber es fällt ihr nicht ein. So hofft sie, dass es doch irgendwie so geht, – eben ohne, – denn schließlich ist es ihr auch peinlich, das so wichtige Codewort jetzt schon wieder vergessen zu haben. Aber die Situation ist ernst und so beschließt Astrid in ihrer Not, einfach „Codewort, Codewort“ zu rufen. Dazu kommt es dann aber an diesem Samstag doch nicht mehr, denn Astrid springt mir als Seelenbeistand, Werkzeuganreicher und beruhigende Bastelmuse gerade noch rechtzeitig zur Seite. Außerdem hat wohl schon der Umstand der imaginären Existenz eines Codeworts beruhigend und Abstand bringend auf mich gewirkt, denn ab und zu atme ich durch, obwohl mir so gar nicht nach Durchatmen zu Mute ist.
Am späten Samstagabend sitzt dann der Kolben endlich richtig. Man hat uns bei Weilandt wieder länger basteln lassen, als es eigentlich üblich ist. Aber dieses Mal war es auch wirklich nötig, denn mein Gemüt hätte ernsten Schaden genommen, wenn ich das jetzt nicht fertig bekommen hätte. Nächstes Wochenende muss ich nur noch die Schrauben festziehen, dazu fehlt mir aber jetzt hier ein Distanzplättchen. Und ich verstehe jetzt auch, dass es viel viel einfacher war, die Halterung verträumte 6 cm höher zu montieren. Was ich aber nicht verstehe, ist dieser Pfusch. Es gibt ja wohl kaum einen Eigner, dem man das Problem nicht hätte erklären können und der vielleicht sogar einige Euro Mehrkosten aufgrund der widrigen Montagesituation akzeptiert hätte. Aber das stille Zusammenpfuschen, frei nach dem Motto, merken die Blödmänner ja eh nicht, ärgert mich schon, obwohl es, wie wir ja auch schon gelernt haben, durchaus kein Einzelfall ist. Ärgern tut es mich auch, weil uns dadurch heute wieder einmal die Zeit bis zum Krantermin einfach so zwischen den Fingern zerrinnt.