Alderney


„Da liegen wir ganz allein vor Anker. Noch …. nach dem Sturm füllt es sich im Handumdrehen wieder.“

„Da liegen wir ganz allein vor Anker. Noch …. nach dem Sturm füllt es sich im Handumdrehen wieder.“

„Nachdem wir bei dem Hafenmeister waren, drehen wir noch eine Runde durch den inneren Hafen. Natürlich mit dem Schlauchboot, denn da ist nicht mehr wirklich viel Wasser drin und weiter unten sieht man, dass noch weniger geht.“

„Nachdem wir bei dem Hafenmeister waren, drehen wir noch eine Runde durch den inneren Hafen. Natürlich mit dem Schlauchboot, denn da ist nicht mehr wirklich viel Wasser drin und weiter unten sieht man, dass noch weniger geht.“

„Der Badestrand in der Bucht von Alderney.“

„Der Badestrand in der Bucht von Alderney.“

Kaum auf Alderney angekommen, lockt uns unsere Neugier und das wunderbare Sommerwetter in unser Gummiboot, um gleich noch einen ersten Landausflug zu machen. Das Sturmtief ist noch weit entfernt, nur ganz im Westen melden am Horizont erste Wolken, dass es mit dem Sommerwetter bald vorbei sein wird. Doch es bleibt noch genügend Zeit für einen kleinen Besuch von St. Anne, der Hauptstadt Alderneys. Hauptstadt hört sich allerdings etwas gewaltiger an, als es tatsächlich ist, denn St. Anne ist ein kleines, schnuckeliges Städtchen auf dem höchsten Punkt der Insel, die immerhin satte 8 qkm misst.

„Auf dem Weg in die Hauptstadt. Selbst eine Eisenbahn gab's hier mal, die fährt heute aber nur noch Sonntags für Touristen.“

„Auf dem Weg in die Hauptstadt. Selbst eine Eisenbahn gab's hier mal, die fährt heute aber nur noch Sonntags für Touristen.“

„In den Strassen von St. Anne.“

„In den Strassen von St. Anne.“

Viel los ist dort nicht. Vielleicht auch deswegen, weil wieder einmal Montag ist, und montags scheint das Stadtleben ja überall nur mit halber Kraft zu pulsieren. Zudem sind im Hafen ja auch nur wenige Gäste, das macht die ganze Sache noch etwas beschaulicher.

Die Einwohner von Alderney scheinen ausgesprochen freundliche und höfliche Naturen zu sein. Jeder grüßt und schon im Büro des Hafenmeisters werden wir außerordentlich nett empfangen. Und zugegeben – es tut auch mal wieder richtig gut, sich wieder einfach unkompliziert und fließend verständigen zu können. Da entwickelt sich ein Gespräch schnell und endet nicht mit drei radebrechenden französisch-englischen Floskeln. Die Menschen hier auf Alderney sind britisch, wahrscheinlich darf man ihnen das so gar nicht sagen, aber sie sind es. Sie sind durch und durch britisch. Die Herren mit britischem Understatement und die Damen mit diesen typisch britischen Singsang-Stimmen und mit genau dem britischen Betonungsrhythmus, der jeden Rosamunde-Pilcher-Film automatisch noch tiefer in die Cornwall-Kitschecke drückt, in der er ohnehin schon knietief steckt. Liebenswert. Eine unübertroffene britische Höflichkeit, die zwar bekanntermaßen enge Vertrautheitsgrenzen kennt. Was aber egal ist, denn ein ungezwungener Smalltalk tut eben auch gut.

„Rund um die Kirche von St. Anne.“

„Rund um die Kirche von St. Anne.“

Es ist warm und im Supermarkt kaufen wir neben einem Graubrot, das den Anschein erweckt, nicht ausschließlich mit Weißmehl gebacken worden zu sein, eine Flasche Zitronenlimo. Da der Schiffsjunge ordentlich Durst hat, nimmt er auch gleich draußen einige große Schlucke. Die nächste Szene erinnert dann an »Dinner for one« als der Butler ruft: “Wow, that kills a cat!” Blitzartig stellen sich dem Schiffsjungen sämtliche Körperhaare auf, wobei er das Gefühl hat, dass die Haare regelrecht aus den Poren geschossen werden. Zumindest kann man die Haare wie Eiszapfen mit einem leichten »Pling« abbrechen. Bevor der Schiffsjunge noch die Capitana vor diesem Enthaarungsmittel warnen kann, hat sie auch schon die Flasche am Hals. Zu meiner Entschuldigung ist aber auch zu sagen, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wieder richtig sprechen kann und nur Urlaute von mir gebe. Der Capitana entfährt nur ein langgedehntes »Huuuuuiiiii«, dass in eine Art Zischlaut übergeht, der auf »uffff« endet, während sie im selben Moment die gleichen Reaktionen wie der Schiffsjunge zeigt. Und dabei sind auf Alderney alle Läden “off licence”, am Alkoholgehalt kann es also nicht liegen. Ein Blick auf die Flasche gibt ihr Geheimnis preis. Vorne steht »double strength lemon« with 22% Fruit, was sich ja an und für sich noch sehr erfrischend anhört. Aber auf der Seite steht, dass man das Konzentrat mit 10 Teilen Wasser verdünnen soll und das garantiert kein Zucker drin ist. Das zweite können wir beide sofort bestätigen und das mit dem Konzentrat ist echt hinterhältig.

„Das Enthaarungsmittel!!!“

„Das Enthaarungsmittel!!!“

So erfrischt drehen wir noch eine Rückwegrunde durch St. Anne. So richtig weitläufig ist das ja hier auf Alderney alles auch nicht. Eine Gedenktafel vor dem Hafenmeisterbüro erinnert an die vollständige Evakuierung Alderneys durch die britische Krone, kurz vor der Besetzung der Kanalinseln durch die Deutschen. 1940 wurde insgesamt gut ein Viertel der Bevölkerung der Kanalinseln evakuiert, bevor die Inseln als einziges britisches Territorium im zweiten Weltkrieg von den Deutschen besetzt wurden.

„Nach dem Sturm sind immer noch keine neuen Gäste da und wir machen uns auf zu unserer ersten Inselwanderung.“

„Nach dem Sturm sind immer noch keine neuen Gäste da und wir machen uns auf zu unserer ersten Inselwanderung.“

Alderney ist eine schroffe Insel, die nach Süden eine ziemlich unnahbare, felsige Steilküste hat. Nach dem Sturm machen wir zwei lange Inselwanderungen, eine im Nordosten und eine an der Küste im Südwesten entlang. Nicht nur die Deutschen haben im Zweiten Weltkrieg Unmengen von Festungsanlagen auf Alderney gebaut, auch schon vorher wurden an jedem Küstenabschnitt, der nur halbwegs zu einer Landung taugen könnte, unzählige Verteidigungsanlagen und Burgen errichtet.

„Leider sind wir hier während des Sturms nicht hingekommen, weil wir nicht von Bord kamen, aber hier muss es ordentlich gespritzt haben.“

„Leider sind wir hier während des Sturms nicht hingekommen, weil wir nicht von Bord kamen, aber hier muss es ordentlich gespritzt haben.“

„Der Leuchtturm mit seinen Nebelhörnern, oben rechts die klassischen Overfalls im Race von Alderney.“

„Der Leuchtturm mit seinen Nebelhörnern, oben rechts die klassischen Overfalls im Race von Alderney.“

„Die See kann auch ganz ohne Wind ganz schön ruppig werden.“

„Die See kann auch ganz ohne Wind ganz schön ruppig werden.“

„Schwarz-weiße Felsen.“

„Schwarz-weiße Felsen.“

„Abends liegt dieses alte englische Dampfrettungsboot neben uns, wohl ein erster Gast der Alderney-Week.“

„Abends liegt dieses alte englische Dampfrettungsboot neben uns, wohl ein erster Gast der Alderney-Week.“

So führen uns unsere Wanderungen von Burg zu Burg und von Atlantikwallbunker zu Atlantikwallbunker. Nur im Süden, dort wo die Küste steil und noch etwas schroffer ist, als sie ohnehin ist, wird es naturbelassener. Vielleicht brauchte man im Süden von Alderney auch deswegen keine Verteidigungsanlagen, weil dort der Vogelfelsen »Les Etacs« mit seiner Basstölpel-Kolonie liegt. Denn der stinkt so erbärmlich, dass er nicht nur Helgoland um Längen schlägt, sondern garantiert auch jeden Feind in die Flucht.

„Der innere Hafen mal richtig leer und dann wieder voll.“

„Der innere Hafen mal richtig leer und dann wieder voll.“

„Spaziergang auf die Mole. Die ist nach den letzten Stürmen in diesem Frühjahr noch etwas schiefer geworden, als sie bisher ohne schon war. Ein Einheimischer, mit dem wir beim Bier in der Hafenkneipe in Gespräch kamen, hat uns Bilder aus diesem März gezeigt, da sind die Wellen glatt über die Mole gebrochen und die Wellenkronen hat es bis zu 30m in die Höhe katapultiert.“

„Spaziergang auf die Mole. Die ist nach den letzten Stürmen in diesem Frühjahr noch etwas schiefer geworden, als sie bisher ohne schon war. Ein Einheimischer, mit dem wir beim Bier in der Hafenkneipe in Gespräch kamen, hat uns Bilder aus diesem März gezeigt, da sind die Wellen glatt über die Mole gebrochen und die Wellenkronen hat es bis zu 30m in die Höhe katapultiert.“

„Spaziergang 2 nach Südwesten.“

„Spaziergang 2 nach Südwesten.“

„Diese Burg ist nur bei Niedrigwasser erreichbar.“

„Diese Burg ist nur bei Niedrigwasser erreichbar.“


Als wir von Cherbourg nach Alderney fuhren, haben wir sie ja auch schon gesehen. Die Wiederaufbereitungsanlage La Hague. Hoch oben über einer wirklich hübschen Küste prangt dieses Atommonster wie ein Fanal unserer Industriegesellschaft. Aber so unheimlich diese Atomwirtschaft auch bis nach Alderney herübergrüßt, so groß war der Wahnsinn, der sich direkt im Norden vor Alderney, im Hurd’s Deep abspielte. Bis 1974 wurden im Hurd’s Deep fast 20.000 Tonnen niedrig- und mittelstark radioaktive Abfälle versenkt. Und weil das Hurd’s Deep bis 1974 eine »zugelassene Deponie« war, hat man gleich auch noch andere chemische Abfälle, Unmengen von Munition und anderen Militärschrott hinterhergeworfen. Alles ohne jede Sicherung, einfach ab ins Meer und weg damit. So tickt direkt vor Alderney eine radioaktive und chemische Zeitbombe, die ihres gleichen sucht.

Und wenn man dann so über die Klippen von Alderney schaut und denkt, wie toll doch Natur sein kann, dann fragt man sich unwillkürlich, wann diese Zeitbombe hochgeht und was dann aus dieser naturbelassenen Natur so wird. Über Wasser reiht sich ein Kriegsmonument an das nächste und unter Wasser liegen abertausende Tonnen Gift unserer Industriegesellschaft, während La Hague fröhlich zu einem munteren »Nur-weiter-so« herüber winkt. Da kann man unter Umständen Freitags tatsächlich für die Zukunft weiterdenken, denn das ist bitter nötig, wenn es für unsere Kinder nach Friday noch eine Future geben soll.


„Schroff...“

„Schroff…“

„Der Stinkefelsen, da beschlägt sogar die Linse der Kamera.“

„Der Stinkefelsen, da beschlägt sogar die Linse der Kamera.“

„Und weil morgen die Alderney-Week beginnt, kommt am Freitag schon schnell einmal das Versorgungsschiff. Nicht, dass das Bier ausgeht!“

„Und weil morgen die Alderney-Week beginnt, kommt am Freitag schon schnell einmal das Versorgungsschiff. Nicht, dass das Bier ausgeht!“

auf Alderney (Channel Islands, UK)
49° 43′ 31,7″ N, 002° 11′ 40,9″ W