– petit prologue –
Als ich diesen Blog fertig mache, ist es schon Dienstag, der 24.09., der Sommer ist gestern definitiv zusammen mit Lin wieder abgereist, es herrscht ein ausgewachsenes Schweinewetter in Pornic, der Regen geht waagerecht und der Wind hat sich um die 20 Knoten eingependelt, kann aber in Böen auch deutlich mehr. Ein Wetter zum Verkriechen ?! Inzwischen haben uns schon mehrere eMails erreicht, die besorgt fragen, was denn los ist, weil wir nicht mehr bloggen. Aber uns geht es gut, nur zwei Dinge haben uns etwas vom Bloggen abgehalten. Erstens hatten wir von Lin Besuch und zweitens haben Lin und ich eine Abenteuertour ?♀️ hinter uns, die etwas andere Aufgaben als Bloggen zurückgelassen hat. Aber dazu vielleicht schon heute noch mehr in dem nächsten Blog.
…. nun zurück nach Quiberon.
Quiberon (A) -> Vannes Distanz: 48,9 sm Gesamtdistanz: 1.249,6 sm
Am Morgen hat der Wind vor Quiberon genau das gemacht, was für ihn angekündigt war. Er kommt nun aus Nordnordost und lässt uns noch etwas mehr schaukeln, als wir das gestern schon ohnehin getan haben. Es ist Zeit, dass wir uns im nördlicheren Teil der Bucht von Quiberon ein neues Plätzchen suchen. Dieser Teil der Bucht ist allerdings großzügig mit gelben Gefahrentonnen abgeteilt und in der Karte steht als Kommentar “Marine Culture may exist inside”. Doch da der Revierführer auch dort einige Ankermöglichkeiten ausweist, wird das wohl alles nicht so schlimm sein.
Vor vielen, vielen Jahren war ich schon einmal auf der Halbinsel von Quiberon und aus dieser Zeit habe ich noch Erinnerungen, die gar nicht so recht zu dem passen wollen, was wir gerade sehen und gestern schon im Fernglas von Quiberon gesehen haben. In meiner Erinnerung ist Quiberon ein einziger weißer Sandstrand ohne jeden Felsen. Gestern Abend konnte ich die westliche Felsküste von Quiberon noch als fata-morganische Spiegelung erklären, wobei die östliche Seite ja damals ohnehin mehr Sandstrand hatte, als die Westseite. Aus dieser Zeit stammen auch die Erinnerungen an eine Bretagne, über der unter einem wolkenlos blauen Himmel eine hochsommerliche, südliche Hitze flimmert. Nun ja – in den letzten Wochen hatte ich ja schon manchmal den Verdacht, dass mir meine Erinnerung einen Streich spielt. Die erfrischenden, bretonischen Temperaturen waren ja ums Verrecken nicht mit meiner Erinnerung in Einklang zu bringen, aber immerhin konnte es sich ja auch noch um eine plötzliche, bretonische Erdabkühlung handeln, die hier lokal und heimlich zugeschlug, als alle vom Hitzesommer redeten. Doch nun dies!!! Nun auch noch der vollkommen fehlende, endlose, weiße Sandstrand! Das gibt mir den Rest! Und in mir gewinnt der Verdacht Oberhand, dass sich da in meiner Erinnerung wohl doch Einiges klammheimlich »etwas schön optimiert« haben muss.
Aber egal, das Wetter ist ganz ok und soll sogar noch etwas aufheitern. Und im Norden blitzen tatsächlich auch einige weiße Strandabschnitte. Die sind jetzt zwar nicht endlos, aber etwas Strand würde uns ja auch reichen, um davor zu ankern und Lebeschön zu machen. Also kreuzen wir uns gegen den nördlichen Wind voran, behalten aber die blitzenden Strandabschnitte immer schön im Auge, nicht dass die uns auch noch abhanden kommen. Doch die Fischer und Marine-Kulturellen haben im nördlichen Teil der Bucht von Quiberon und hinter den gelben Tonnen ganze Arbeit geleistet. Zuerst sehen wir nur die größeren Tonnen der Unterwasserfarmen und glauben noch an ein Durchkommen. Aber je näher wir kommen, desto dichter wird der Tonnen- und Fähnchenwald. Zwischen den ersten Tonnen und Fähnchen manövrieren wir uns noch durch, doch dann bleiben wir förmlich vor einem Bojen- und Fischerfähnchenmeer stecken und …. kapitulieren. Da ist kein Durchkommen und schon gar nicht an ein entspanntes Ankern zu denken. Also Wende, zurück und ab durch die Mitte.
Auf unserem Rückzug suchen wir nach Alternativen und entscheiden uns für die Bucht südlich von Crouesty, dem Plage du Fogeo. Und diese Bucht ist ein Volltreffer, fast ganz allein liegen wir hier bei ablandigem Wind vor einem wunderbaren Sandstrand. Genau das, was wir gesucht haben! Zudem gibt es hier einen Verleih für Strandkatamarane. Das wollten wir schon immer mal ausprobieren und gleich morgen werden wir das auch tun. Aber nun genießen wir erst einmal den restlichen Tag, das süße Nichts des Nichtstuns und eine Curry-Fischpfanne á la PINCOYA.
Leider wird dann am nächsten Tag doch nichts aus unserer Strandkatamaran-Session, denn der Wind dreht so weit auf Südwest, dass unser Sommerurlaubs-Dolce-vita-Gefühl doch etwas in Mitleidenschaft geschaukelt wird. Also Anker auf und los. Etwas weiter im Osten haben wir die nächste Bucht ausgemacht, die auch ausreichend für einen Südwest geschützt sein sollte. So rauschen wir nur vor Genua der Bucht vor dem Château de Suscinio entgegen.
Im 13. Jahrhundert haben sich die Herzöge der Bretagne hier dieses Château errichtet und das wohl auch nicht von ungefähr, denn es liegt direkt an der Bucht ausnehmend schön.
In der Bucht vor Suscinio gibt es nun zwar keinen Katamaranverleih mehr, aber die Bucht erfüllt all unsere Sommerstrandwünsche, die wir so haben. So bleiben wir auch gleich zwei Nächte, lassen das Lebeschön wieder aufleben und machen einen langen Landausflug zum Château.
Anschließend gehen wir hinter dem Château durch viel Natur wieder zurück zu dem Vogelweiher, der ein Eldorado für Ornithologen ist.
Schon in der ersten Nacht dreht der Wind langsam wieder auf nördliche Richtungen und da die kleine westliche Landnase der Bucht recht erfolgreich jeglichen Schwell abhält, liegen wir hier phantastisch ruhig.
Erst am Sonntag dreht ein kleines Lüftchen auf Süd. Doch es ist eh Zeit für einen Aufbruch, denn wir wollen heute noch möglichst weit in den Golf von Morbihan, um dann morgen nur noch ein kurzes Stück bis Vannes zu haben. Mittwoch kommt Lin in Nantes an, um 10 Tage mit uns zu segeln. Und in Vannes haben wir schon einen Mietwagen gebucht, so dass wir Lin vom Flughafen abholen können.
Nach den ersten Seemeilen wird aus dem kleinen Lüftchen ein etwas größeres und wir können segeln. Da wir unter Segeln nicht die Schnellsten sind, hat der Gegenstrom in der Einfahrt schon eingesetzt, als wir dort ankommen. Wir sind gespannt, was das hier nun so gibt, denn der Strom in und aus dem Golf soll ja schon Geschwindigkeiten erreichen, die für einen Segler ein Gegenan unmöglich machen. Doch all die Franzosen, die sich hier am Sonntagnachmittag so tummeln, sehen das offensichtlich ganz locker. Also beschließen auch wir, locker zu bleiben und segeln weiter. An den Engstellen strömt es uns allerdings schon recht kräftig entgegen und bremst uns immer mal wieder auf unter einen Knoten aus. Nur gut, dass der achterliche Wind gerade noch kräftig genug ist, um den Gegenstrom zu toppen. Etwas später wird es hier noch ganz anders zugehen, dann werden aus den drei Knoten Gegenstrom schnell noch mal fünf und mehr. Aber so geht es für uns immer noch vorwärts und nicht rückwärts.
Da Sonntag ist und ab und zu sogar mal die Sonne scheint, ist auf dem Golf die Hölle los. Einige segeln wie wir rein und andere mit hoher Geschwindigkeit raus. Dazwischen Ausflugsboote und unzählige Angelboote, die alle speziell an den engsten Stellen ihr Angelglück suchen. Teilweise müssen wir uns regelrecht durch die vielen Angelboote durchdrängeln, aber es passt. Es passt immer wieder, wenn auch manchmal nur erstaunlicherweise, aber es passt mit allen anderen Seglern, Motorbooten, Angelbooten, Paddlern und Ausflugsbooten. Hier werden alle Lücken genutzt, neue tun sich auf und alte schließen sich unversehens wieder. Das Gedrängel ist schon faszinierend und doch läuft alles erstaunlich unaufgeregt ab. Und wir unter Segeln mittendrin.
Ganz langsam manövrieren wir uns bis hinten in den Golf hinein. Eigentlich haben wir ein Ankermanöver im Kopf, aber in dem Eckchen, dass wir uns ausgesucht haben, ist einfach zu wenig Platz. So nehmen wir uns eine freie Mooring, die »ausreichend verwaist« aussieht. Es gibt hier ja keinen, den man fragen kann, da bleibt uns nur die Hoffnung, dass es keinen Eigner gibt, der zurückkommt.
Etwas spät bemerken wir, dass unser Mooringhaken der monsterdicken Öse der Mooring nicht so recht gewachsen ist. Er ist einfach zu zart und verklemmt sich total an der Monsteröse. Gut dass wir unser Gummiboot immer noch startbereit haben und so können wir aus der provisorischen Mooring-Verstrippung schnell eine solide Festmachung machen und unseren Mooringhaken wieder befreien.
Der Strom läuft nun maximal und der Wind steht genau gegenan. Immer wieder hängen wir mit schlapper Mooringleine irgendwie auf »halb acht« zwischen diesen beiden Kräften. Den anderen im Mooringfeld geht es ganz genauso. Für zwei Stunden liegen alle kreuz und quer, ohne dass ein System zu erkennen wäre. Als der Wind jedoch gegen Abend abnimmt, gewinnt der Strom Oberhand und richtet das Durcheinander erst einmal wieder ordentlich aus. Dieses Kräftespiel ist für uns immer noch ungewohnt, aber es sorgt auch beim Sundowner für eine dauernde Abwechslung. Keiner muss sich den Kopf verdrehen, ganz automatisch bekommt man einen Rundumblick.
Am nächsten Morgen sind wir wieder in Schottland ?. Die Wolken hängen tief, es regnet ab und zu und die Mittagstemperatur robbt sich nur schwerfällig an die 17°C heran. Wieder ein schottischer Hochsommertag. Womit haben wir das verdient? Und das alles soll sich noch steigern! Für den Nachmittag ist ein echter Schüttregen angekündigt. Nicht nur etwas, sondern richtig solide und wie aus Eimern!
Nach Vannes kann man 2 Stunden vor und nach Hochwasser einfahren und pünktlich zur Hochwasserzeit prahlt Wetteronline mit einem Trippletropfen und fast zweistelligen Millimeterangaben für den Platzregen. So klappen wir, bevor wir aufbrechen, vorsichtshalber noch unser Rainimi herunter und da der auffrischende Wind auch uns auffrischt, wählen wir unser Nordkap-Outfit, um nach Vannes einzulaufen.
Etwa drei Stunden vor Hochwasser brechen wir auf. Zu dieser Zeit hat der Strom noch Hochkonjunktur und nimmt uns flott in Richtung Vannes mit.
Am Eingang des Kanals nach Vannes erwartet uns und alle anderen Neuankömmlinge schon der Hafenmeister in seinem Gummiboot. Schnell wird gecheckt, wie lang, wie breit und wie lange wir bleiben, und schon bekommen wir einen Liegeplatz längsseits vor der Capitainerie zugewiesen. Die Einfahrt durch den Kanal in die »Sackgasse« von Vannes ist zwar eng, aber problemlos. Der Gegenverkehr macht die Sache zwar noch etwas enger, aber alles passt gut. Auch die Wassertiefe fällt nur einmal am Schleusentor kurz auf 2 m, dann herrschen wieder üppige 3 bis 3,5m.
Als wir vor der Capitainerie ankommen, ist dort alles voll und einige Schiffe liegen schon im Päckchen. Im Angesicht der Neuankömmlinge sieht man auf fast allen Schiffen, wie sich die Eigner mit Fendern bewaffnen, aber wir vernehmen auch den Ruf: “Ich funfzän minüt weg!”. Aus der hintersten Ecke vor der Capitainerie winkt ein lustiger Franzose mit individuell gestreifter Mütze und ruft noch einmal “Nur funfzän minüt dann frei!”. Augenscheinlich passt der Platz für uns, doch es wird etwas fummelig werden, uns dort hinten in die Ecke reinzuzwirbeln. So warten wir erst einmal, bis sich der nette Franzose herausgezwirbelt hat und wir ansetzen können. Das Nervenkostüm der Capitana ist ebenso angespannt wie das der übrigen Eigner im Hafen, denn jeder befürchtet immer noch, dass wir nun doch längsseits kommen. Meine Erklärung, dass ich gedenke, uns rückwärts dort hinten ins Eck zu fummeln, macht die Capitana nicht entspannter. Dann ist der Platz frei und wir setzen an. Auf dem Steg stehen schon die britischen Eigner der Yacht vor unserem potentiellen Liegeplatz bereit. Alles klappt prima, bis die hilfsbereite britische Lady unser Heck mit vollem Einsatz und aller Kraft leider in die entgegengesetzte Richtung zieht. Nun ja, die Briten fahren ja auch auf der anderen Straßenseite, wieso dann nicht auch noch schnell eine kleine 180° Drehung gegen die Fahrrichtung auf diesem Liegeplatz. Aber die Sache lässt sich im Handumdrehen klären und schon zieht die britische Lady mit demselben Tatendrang und echter Britenpower in die andere Richtung. Noch etwas vor und zurück und schon liegen wir tippitoppi.
Und das Unglaublichste an der ganzen Geschichte ist, dass der Regen wartet, bis wir wirklich fest sind, Landstrom haben und alles aufgeklart ist. Aber dann schüttet es richtig und der Wetterbericht hat in der Tat nicht zu viel versprochen.
Man muss auch mal Glück haben!
Stationen:
05.09. Quiberon -> südl. Crouesty (A) 16,0 sm: 47° 32′ 01,1″ N, 002° 53′ 19,6″ W
06.09. südl. Crouesty (A) -> Bucht vor Chateau de Suscinio (A) 10,5 sm: 47° 30′ 08,9″ N, 002° 43′ 45,7″ W
08.09. südl. vor Chateau de Suscinio (A) -> vor Gravellic im Golf von Morbihan (M) 16,9 sm: 47° 36′ 55,9″ N, 002° 50′ 50,2″ W
09.09. Gravellic im Golf von Morbihan (M) -> Vannes 5,5 sm: 47° 39′ 06,2″ N, 002° 45′ 28,0″ W