2020 die Erste


Nun hat tatsächlich unser letztes, halbes Arbeitsjahr begonnen. Seit einer Ewigkeit reden wir davon, kalkulieren, ob es finanziell passen könnte, schmieden Pläne zu allem was geht, und träumen davon, wie man nur von seinen Träumen träumen kann. Und trotz all der Gedanken, die wir uns gemacht haben, und trotz all der Ideen, die bei uns im Kopf herumschwirren, und trotz der beiden Teilzeit-Sabbaticals, in denen wir schon die Freiheit geprobt haben, es ist doch ein komisches Gefühl.
Das muss wohl auch so sein, wenn etwas konkret wird, auf das man so lange gehofft und gewartet hat.

Nachdem sich herauskristallisiert hatte, das es bei unseren zwei Teilzeit-Sabbaticals bleibt und wir 2020 Privatiers werden müssen, um unseren Traum zu leben, war klar, dass sich 2020 für uns mehr verändern wird, als 2018. So ein Sabbatical oder eben ein 6-monatiges Teilzeit-Sabbatical ist ja doch schon etwas anders, als der Umstieg in ein Leben als Privatier.
Es liegt wohl in der Natur von Veränderungen, dass sie immer irgendwie aufregend bleiben, egal ob sie erwartet werden oder einen überraschen.

Wir können es nicht leugnen, es prickelt, wir sind angespannt und fiebern dem Moment entgegen, in dem wir endlich wieder die Leinen loswerfen. Und in diesem Jahr werfen wir echt viele Leinen los. Nicht nur im Mai die paar echten Leinen am Steg von Gijón, sondern bis dahin noch viel mehr Leinen im übertragenen Sinne.
Schon seit unserer Rückkehr knüpfen unsere Gedanken direkt in Gijón wieder an. Wir freuen uns auf den Moment, wenn wir wieder um die Mole fahren und die Biskaya vor uns liegt. Sicher etwas ruhiger als im letzten Herbst, das wäre schon echt nett. Und dann geht es wieder raus, endlich wieder allein zu zweit auf dem Wasser, mit neuen Zielen am Horizont. Was will man mehr?

Doch soweit ist es noch nicht, auch wenn unsere Gedanken dahinfliegen, um dahin zu fliegen. Zurzeit hält uns noch das Loswerfen der Leinen im übertragenen Sinne auf Trapp. Und die Zeit, die uns noch bleibt, bis wir die echten Leinen loswerfen, ist fürchterlich knapp. Es dauert lange, die letzten Dinge zu regeln und fast alles zieht sich irgendwie zäh dahin. Arbeitsamt, Krankenkasse, Rente. Es macht bei den großen Dingen eben leider nicht einfach mal »schnipp« und alles ist klar und geregelt. In dem Tripel »legitimer Anspruch«, »persönliche Ausgangssituation« und »Ziel« kann man sich schon eine ganze Weile aufhalten, um eine passende Lösung zu finden und dann auch zu erreichen. Unsere Situation, weder in Vorruhestand zu gehen, noch arbeitslos und arbeitssuchend zu sein, sprengt am Ende wohl doch immer noch den Rahmen des gewohnt Bekannten. Der Schritt zum Privatier ist auch 2020 nur für wenige »denkbar«. Wobei sich dieses »denkbar« nur auf das Verstehen bezieht und ganz und gar nicht darauf abzielt, es für sich selbst auch für möglich zu halten.

Und da weder Astrid noch ich echte »Verwaltungsfüchse« sind, die das Wissen um all die gesetzlichen Regelungen rund um ein Erwerbsleben und eben dessen Ende als persönliches Steckenpferd betrachten, steckte für uns dort erst einmal recht viel Lesearbeit drin. Im Internet gibt es zwar einige Informationen zum Thema »Privatier«, aber es ist auch hier so, dass die Wahrheit irgendwo zwischen den verschiedenen Informationen liegt. Immer wieder stellt man verwundert fest, wie oft Informationen ungenau und unvollständig abgefasst werden. Vollständige und gute geschriebene Informationen sind selten und intuitive Webseiten so selten, dass man sich richtig freut, wenn man eine gefunden hat. Aber so manch privat Geschriebenes entspricht auch schlicht und ergreifend nicht unserem Rechtsverständnis. Speziell wenn es um das Thema Arbeitsamt, Arbeitslosigkeit und Arbeitslosengeld geht, trennt sich das Anspruchsdenken der allermeisten im Handumdrehen und vollkommen problemlos von den einfachsten Grundgedanken einer Solidargemeinschaft. Das ist schon erstaunlich.

Aber egal, wenn man nicht blind in sein Abenteuer stolpern will, muss man sich schlau machen und viel lesen. Das ist zwar nicht immer ganz einfach, denn kaum eine Information passt genau zu dem Ziel »Privatier zu werden«, aber mit etwas Systematik, Akribie und Nachdenken und nach vielen verzweifelten Verständnisseufzern, gelingt einem doch irgendwann ein erster Durchbruch der Erkenntnis. Und dann hat man eine Idee davon, was geht und wie man es haben will und ist so eigentlich schon mal ganz gut gerüstet, um es konkret werden zu lassen.
Irgendwann im April, wenn wir alles soweit geregelt haben, werden wir dazu noch mal einen kleinen zusammenfassenden Blog schreiben. Eine Themen- und Gedankensammlung, die uns bei unserem Schritt begleitet hat.

Gott sei Dank halten uns in diesem Winter »nur« noch die administrativen Dinge auf Trapp und nicht auch noch irgendwelche Bastelaktionen am Schiff. Beides an einem Stück wäre wenigstens für uns nicht machbar und wir sind heilfroh darüber, dass wir uns so viel Zeit genommen haben, um unseren Traum wahr werden zu lassen. Das haben wir im letzten Jahr auch schon so manches Mal gedacht, als wir Langzeitsegler getroffen haben, die für unseren Geschmack doch eher Hals über Kopf aufgebrochen waren. Vorher machen und vorher regeln macht das Umsteigen schon viel entspannter, denn es passiert ja sowieso noch genügend Unvorhergesehenes. Und das ist ja auch gut so, denn nicht zuletzt deswegen bricht man ja auch auf. Gerade das Neue und Unvorhergesehene will man ja erleben, da ist es dann schon blöd, wenn das durch vorhersehbare Probleme an den Rand oder gar ganz in den Hintergrund gedrängt wird.