Warum überhaupt?
Bevor wir die PINCOYA hatten, kannten wir elektrische Ankerwinden nur vom Hörensagen. Weder die Mohrian, noch das Vereinsschiff der SKHA hatten so etwas. Dadurch war das Ankern immer so eine Nummer, wobei der elegante Schleuderwurf des Ankers noch das kleinere Übel war. Richtig blöd wurde es erst, wenn der Anker wieder aufgeholt werden musste. Das erste Probeankern mit der PINCOYA, um auch mal die elektrischen Ankerwinde auszuprobieren, veränderte alles. Durch eine elektrische Winde verliert das Ankern sofort seinen Schrecken als „elender Kraftakt“, der zudem noch unbedingt beim ersten Versuch gelingen muss, da ein zweites Mal einfach zu nervig und anstrengend ist. Mit einer elektrischen Winde ist es kein Problem mehr, den Anker nochmals aufzuholen und erneut zu setzen, wenn es dann doch mal nicht so richtig geklappt hat. Und es ist auch kein Problem mehr, noch einmal umzulegen, wenn der Wind in der Nacht doch nicht so dreht, wie er drehen sollte.
Rückblickend haben die Erleichterungen, die mit einer elektrischen Winde einhergehen, unser Fahrtenseglerleben mehr verändert als irgendetwas anderes vorher. Mal ganz abgesehen davon, dass es schlicht und ergreifend wunderbar ist, vor Anker zu liegen, brachte die neue Leichtigkeit des Ankern für uns auch einen wichtigen Entspannungs- und einen großen Sicherheitsaspekt mit sich.
Mit unserer zunehmenden Ankererfahrung verloren nämlich sehr bald auch die überfüllten Häfen ihren Schrecken, in denen man spät abends kaum noch ein Plätzchen bekommt, weil ab 16:00 eh schon alles gelaufen ist. Der abendliche Hafen war bald keine unausweichliche Notwendigkeit mehr, weil sich fast überall auch ein sicheres und zudem ruhiges Ankerplätzchen finden ließ. Ein Segen für faule Spätaufsteher wie uns.
Da das Wetter aber auch nicht immer nur schmuse-launig ist, hatten wir – anfangs eher ungewollt – beim Ankern auch das ein oder andere Mal schlechtes Wetter. Den Ausschlag gab dann eine schwere Gewitterfront bei Samsø, die mehrere Stunden aus verschiedenen Richtungen kräftig an uns herumzerrte. Die ganze Zeit beobachteten wir recht skeptisch unseren Furuno, der tapfer Ankerwache ging. Aber es passierte einfach nichts und wir überstanden alles völlig problemlos, während einige benachbarte Ankerlieger „auf Reise gingen“. Das schuf in uns einiges Vertrauen und wir probierten nach und nach „immer mehr“ aus. Heute ist uns bei schwerem Wetter ein sicheres Plätzchen vor Anker lieber, als ein aufgeregter Starkwindhafen. Es ist wesentlich einfacher, bei Starkwind an einem geschützten Küstenabschnitt zu ankern, als in einem Hafen festzumachen. Dazu braucht man allerdings auch ein kräftiges Ankergeschirr, und das bewegt man eben nicht mal so einfach ohne elektrische Ankerwinde. Deswegen steht für uns fest: nie wieder ein Schiff ohne elektrische Ankerwinde!
Die Ankerwinde
Bis 2014 tat auf der PINCOYA eine alte Lewmar Concept 1 ihren Dienst. Für die 11,5 m der PINCOYA, ihre rund 10 Tonnen Lebendgewicht und das vorhandene Ankergeschirr war die Concept 1 absolut ausreichend (Motor 800 Watt und max. Pull ca. 350 kg). Die Concept 1 war zudem von nahezu unverwüstlicher Qualität. Als wir die Winde nach fast 20 Jahren ihres Ankerkastenlebens ausbauten, weil sie schlussendlich doch ihren letzten Lebensgeist qualmend ausgehaucht hatte, waren wir total überrascht, dass dieser Schrotthaufen aus korrodiertem Alu und verrostetem Gehäuse unseren Anker in der letzten Saison überhaupt noch hochgezogen hatte.
Also suchten wir zunächst nach einer neuen Lewmar-Winde. Nun gehört Lewmar aber nicht zu den preiswertesten Zubehörlieferanten, deswegen dehnten wir unsere Suche recht schnell auf Lofrans, Quick, Maxwell und Muir aus. Gute Testberichte gab es in 2014 nur wenige. Das englische Segelmagazin Yachting Monthly war da mit seinem Ankerwindentestvideo noch am hilfreichsten. Dabei zogen die Tester einen Landrover mit verschiedenen Ankerwinden immer wieder über eine britischgrüne Wiese. In diesem Test waren eine Lewmar und eine Maxwell die einzigen beiden Winden, die kein blechernes Klappergeräusch von sich gaben, sondern mit einem satten Brummen an dem Landrover zerrten. Zugegeben, kein wirklich solides Testkriterium, aber was wollen wir mit einer Ankerwinde, die schon im Test herumscheppert wie ein Blechspielzeug.
Auf ausgedehnten Stegspaziergängen nahmen wir dann die verschiedenen Windenmodelle auf anderen Schiffen unter die Lupe und fragten auch einige Eigner nach ihren Erfahrungen. Dabei fanden wir eigentlich nur Lofrans-, Quick- und Lewmar-Winden. Die Lewmars machten den bekannt soliden Eindruck, die Lofrans’ waren eigentlich auch ok, aber die Quicks schieden für uns gleich aus, weil sie einen zu labberigen Eindruck machten. Maxwells und Muirs waren nicht zu finden. Erst auf der Hanseboot konnten wir uns dann eine Maxwell ansehen. Unser erster Eindruck aus dem Testvideo wurde bestätigt. Maxwell baut grundsolide Winden, mindestens auf dem Lewmar-Qualitätsniveau.
Nun mussten wir uns also zwischen Lofrans und Maxwell entscheiden, denn die Lewmars waren uns schlicht zu teuer. Die Herausforderung dabei war, dass die neue Winde irgendwie auf den vorhandenen Ankerwindensockel passen musste. Richtig große Umbauten wollten wir daran nicht auch noch vornehmen. Da etwas mehr Ankerwinden-Power niemals schaden kann, suchten wir einen Kompromiss zwischen „maximaler Power“ und „passt halbwegs auf den vorhandenen Sockel“. Nach langem Hin und Her und einige Einbauschablonen später fiel die Entscheidung für die Maxwell RC10-10. Die Maxwell RC10-10 hat einen 1200W-Motor und einen ordentlichen Pull von ca. 850 kg. Die zweite „10“ steht übrigens für eine 10mm-Kettennuss.
Wie groß oder kräftig sollte eine Ankerwinde sein?
Wir sind der Meinung, dass gerade bei der Ankerwinde und beim Ankergeschirr eine gewisse Überdimensionierung nicht schaden kann. Klar können wir mit der PINCOYA auch vor einem 12kg Anker mit einigen Metern Kettenvorlauf liegen, aber eben nur bei gutem Wetter.
Anfangs fanden wir unser Ankergeschirr mit einem 20kg Bruce-Anker und rund 40m 10er-Kette fast überdimensioniert. Heute wissen wir, dass unsere 10mm-Kette genau richtig ist und wir auf keinen Fall eine dünnere Kette haben wollen. Die schwere Ankerkette und der schon recht schwere Anker sind eine Sicherheitsreserve, die uns bis heute noch nie im Stich gelassen hat, auch wenn um uns herum andere Schiffe auf Wanderschaft gingen. Wenn wir später einmal die Ostsee für „unsere große Fahrt“ verlassen, werden wir uns ganz sicher einen noch schwereren Anker, 25-30 kg, und mindestens 80m 10er-Kette besorgen. Dann wiegt unser Ankergeschirr insgesamt rund 200 kg. Auch deswegen haben wir nach einer möglichst üppig dimensionierten Ankerwinde gesucht. Nach einer Faustformel von Lewmar sollte eine Ankerwinde mindestens einen Pull des dreifachen Ankergeschirrgewichtes haben. Mit ihrem Pull von rund 850 kg ist die Maxwell also gut gerüstet für unsere Pläne.
Also lieber etwas mehr als weniger. Allerdings sollte man die Relationen auch nicht ganz aus dem Auge verlieren, das ganze Ankergeschirr muss weiterhin zum Schiff passen. Die Maxwell RC10-10 und eine 10er Kette sind optimal für die PINCOYA. Eine noch größere Winde hätte uns Platzprobleme gemacht und eine 12 mm Kette wäre dann doch übertrieben gewesen.
Der elektrische Einbau
Ein wichtiger Punkt bei der Maxwell war für uns auch, dass das Up-and-Down-Schaltrelais NICHT in der Winde selbst integriert ist, sondern separat zu installieren ist. Dies hat zwar den Nachteil, dass man 3 dicke Kabel nach vorne zur Winde ziehen muss, aber auch den großen Vorteil, dass die Schaltelektronik schön trocken unter Deck montiert werden kann. Außerdem stehen die Lastkabel bei dieser Installation nur dann unter Spannung, wenn die Winde auch wirklich arbeitet.
Der Umstand, dass wir so das Schaltrelais in der Navigation montieren konnten, erleichterte uns wiederum die Montage eines weiteren Up-and-Down-Tasters am Steuerstand. So können wir nun auch bequem einhand ankern, ohne dass ein Zweiter nach vorne muss.
Da die Maxwell wesentlich stärker ist als die alte Lewmar, mussten wir die vorhandenen 25mm²-Kabel gegen neue 35mm²-Kabel austauschen. Das Verlegen war eine ordentliche Plackerei, aber da wir nun auch verzinnte Kabel verlegt haben, sollte an dieser Stelle ein für alle Mal Ruhe herrschen.
Eine separate Batterie für die Ankerwinde haben wir nicht. Das macht zwar schon durchaus Sinn, insbesondere, wenn man sowieso auch ein Bugstrahlruder hat oder noch eines anschaffen will. Dazu hätten wir allerdings vorne für die Zusatzbatterie „Platz schaffen müssen“, was auch wieder zu größeren Umbauten geführt hätte. Darauf haben wir verzichtet. Wir betreiben die Winde also über unsere normalen Bordbatterien.
Der Einbau
Für uns kam nur eine „vertikale Winde“ in Frage, weil die alte Lewmar eben auch eine vertikale Winde war und wir nur Ersatz gesucht haben. Bei vertikalen Winden sitzen Motor und Getriebe im Ankerkasten und die Winde selbst wird eben über eine vertikale Welle angetrieben, wobei die Kettennuss selbst horizontal zum Deck läuft. Es gibt aber auch horizontale Winden, die Kettennuss läuft dann vertikal. Deren Einbau scheint grundsätzlich einfacher zu sein, damit haben wir uns aber nicht weiter auseinander gesetzt. Da die Kettennuss bei vertikalen Winden parallel zur Deckebene läuft, ist deren Deckaufbau im Vergleich zu den horizontalen Winden klein und platzsparend. Die Maxwell RC10-10 ist eine vertikale Winde.
Ganz viele Pluspunkte sammelte die Maxwell beim Einbau selbst. Wir hatten das zwar auch schon gelesen, aber der ganzen Sache eigentlich keine besondere Beachtung geschenkt. Die Maxwell bildet mit Windenkopf, Welle, Getriebe und Motor eine Einheit, die KEINE parallelen Ober- und Unterdeckflächen benötigt. Dies ist bei allen anderen vertikalen Winden nicht so, was deren Montage aufwendiger macht, wenn die Winde etwas geneigt eingebaut werden muss, damit die Kette ordentlich zum Bugbeschlag läuft. Bei der Maxwell werden das Getriebe und der Motor an einem Wellenrohr montiert, welches fest mit dem Windenkopf, also dem Oberteil mit Kettennuss, verbunden ist. Das Wellenrohr wird durch das Deck geführt und der Windenkopf fest mit dem Deck verschraubt. Getriebe und Motor werden nun am Wellenrohr montiert, was total einfach und flexibel geht. So sitzen Motor, Getriebe, Welle und Kopf als eine Einheit immer korrekt zusammen und können sich gar nicht verkanten. Dies ist bei anderen vertikalen Winden nicht so einfach, hier läuft die Welle nur dann ohne Verkanten, wenn die Deckober- und die Deckunterflächen schön parallel sind. Dies bekommt man natürlich auch hin, aber viel einfacher ist es mit dem Montageprinzip der Maxwell.
Erstes Fazit
Seit Anfang der Saison 2015 schnurrt nun die Maxwell im Ankerkasten der PINCOYA und wir sind bis heute absolut begeistert. Die Kette wird rasant schnell ausgebracht und auch wieder aufgeholt. Alles ist so, wie wir es uns vorgestellt haben. Sicherlich ist dies nach einer Segelsaison mit rund 35 Ankerungen nun noch kein Langzeittest, aber wir berichten, wenn sich doch noch irgendwelche Schwächen zeigen.
Wenn man über eine neue Ankerwinde nachdenkt, sollte man auf diese Punkte achten…
- Passende Ankerwinde aussuchen, dabei darf es lieber etwas „mehr“ sein.
- Die Motorleistung ist ein Indikator, aber nur bedingt aussagefähig, zusammen mit dem Getriebe hat eine Winde einen „max. Pull“, der ist ausschlaggebend.
- Auf die richtige Kettennuss achten, es gibt Ketten nach DIN, ISO und amerikanischen Maßen. Die sind natürlich alle unterschiedlich, aber von allen Herstellern gibt es immer passende Kettennüsse. Man muss nur herausfinden, welche Kette man hat oder wissen, welche man kaufen möchte. Maßtabellen findet man im Internet.
- Überlegen, ob man lieber ein separates Relais haben möchte oder nicht.
- Überlegen, ob man eine separate Batterie haben möchte. Diese muss dann auch in den Ladekreislauf integriert werden.
- Unbedingt auf richtig dimensionierte Kabel achten, sonst ist ein Kabelbrand vorprogrammiert.
- Für den Einbau Schablonen anfertigen und schauen, ob man die gewünschte Ankerwinde überhaupt so unterkriegt, wie man es haben möchte. Bei vertikal angeordneten Winden ist der Motor immer irgendwie drehbar, hier muss man ausprobieren, dass der Motor auch so gedreht werden kann, dass er am Ende nicht den ganzen Ankerkasten blockiert. Manche Winden passen einfach nicht und man muss dann doch eine andere suchen.
- „Hörtest“ machen. Wenn es schon ohne Last scheppert und klappert, wird es unter Last nicht besser.
- Preise vergleichen! Wir haben für ein und dieselbe Winde bei verschiedenen Lieferanten Preisunterschiede von bis zu 100% gesehen. Wie das sein kann, ist uns unbegreiflich, zumal die Winden über denselben, deutschen Vertriebsgroßhandel eingeführt wurden.